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Kategorie: Film & Fernsehen
hwk totehosen1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 28. März 2019,  Teil 4

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Auch wenn man kein Fan der „Toten Hosen“ ist, fasziniert der über die Band gedrehte Dokumentarfilm „Weil Du nur einmal lebst!“ Er präsentiert nicht nur gute Mitschnitte ihrer letzten Konzertreise, sondern begleitet auch hautnah die alt gewordenen Punker backstage und im Tour-Alltag.

Nachdem Dieter Kosslick, der scheidende Festivaldirektor der Berlinale, im letzten Jahr Ed Sheeran zu den Festspielen eingeladen hatte, kamen diesmal „Die Toten Hosen“ zur Welt-Premiere ihres Streifens. Die Jungs spielen seit fast vierzig Jahren zusammen, sind mittlerweile Mitte fünfzig und haben ihre Vorbilder „The Clash“ und die „Ramones“ überlebt. Sie tun nicht mehr so, als wären sie noch die wilden Punks - doch nach wie vor engagieren sie sich politisch ohne eine dröge Politcombo geworden zu sein. Sie mischen sich ein, haben ihre eigene unabhängige Plattenfirma, verteilen die Gewinne gleichberechtigt untereinander und suchen die Nähe zu ihren Fans: Immer wieder spielen sie auch in kleineren Clubs wie dem legendären SO36 in Berlin.

Filmemacherin Cordula Kablitz-Post, die jahrelang mit Christoph Schlingensief zusammenarbeitete, drehte hinter der Bühne, im Tour-Bus und in der Freizeit den Alltag der Band. Paul Dugdale übernahm die Regie für die Konzertaufnahmen. Aus dem Material von 180 Stunden schuf die Regisseurin diese mitreißende Dokumentation, die einen weder einlullt noch lautstark musikalisch überwältigt. Sie bringt nicht nur die Euphorie, Leidenschaft und Spiellust der Musiker auf die Leinwand, sondern auch ihre Krisen, Durchhänger und Streitereien. Auf der Berlinale-Pressekonferenz sagte Campino (natürlich augenzwinkernd) unserer Zeitung, „na ja, ich wäre im Kino manchmal schon gerne netter und als immer gut drauf rübergekommen.“ Jedoch Kablitz-Post wurde nur äußerst selten gebeten, „mach mal die Kamera aus“ und hatte beim Schnitt völlig freie Hand.

„Weil Du nur einmal lebst!“

DTHhwk totehosenIn der Zeit ihrer Tour „Weil Du nur einmal lebst“, wurde einige Male die aktuelle Bedeutung dieses Titels schmerzhaft klar: Frontmann Campino erlitt einen Hörsturz, der die Tournee für Wochen unterbrach. Auf dem Konzert in Chemnitz gegen rechte Pogrome, „Wir sind mehr“, waren einige ihrer alten Punkstücke - etwa „Willkommen in Deutschland“ - von erschreckender Aktualität.

Der Film wirkt sehr authentisch und man erlebt „Die Toten Hosen“ als immer noch aufrechte aber nachdenklich und diszipliniert gewordene Rebellen. „Wir sind nicht die letzten Mohikaner des rebellischen Widerstands, sondern vertrauen den Jüngeren“, meinte Campino auf der Berlinale und erzählte: „Am Anfang unserer Tage sind wir aus dem normalen Leben ausgebrochen und schweren Herzens wieder in den Alltag zurückgekehrt. Heute ist es genau umgekehrt. Wir können feiern, wenn wir zuhause sind.“

Spätestens nach dieser Dokumentation muss man die Jungs einfach gern haben, sich vielleicht ein Album downloaden und reflektieren: „Wo stehe ich denn heute? Was ist aus meinen Idealen geworden? Was will ich noch machen, wenn ich doch nur einmal lebe...?“ Campino sagt dazu gleich am Anfang des Films, „es wird noch viele Abenteuer geben, die ich mir nicht entgehen lassen will.“

Fotos:
© Berlinale: Hanswerner Kruse
© NFP Filmverleih 

Info: 
„Weil Du nur einmal lebst!“ D, 2018-2019, 107 Min.
Drehbuch/Regie Cordula Kablitz-Post, Konzertregie Paul Dugdale, mit „Die Toten Hosen“
Filmstart 28. März 2019