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Kategorie: Film & Fernsehen
f bomb1Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 13. Februar 2020, Teil 7

Redaktion

Los Angeles (Weltexpresso) - Kaum hatte Charlize Theron das Drehbuch von Charles Randolph gelesen, wollte sie BOMBSHELL unbedingt produzieren. Nach THE BIG SHORT („The Big Short“, 2015), in dem Randolph die Finanzkrise 2008 aufs Korn nahm, seziert er auch in BOMBSHELL ein einschneidendes Ereignis, das weite Kreise ziehen sollte.

„Dass ich den Film produzieren wollte, war überhaupt keine Frage“, sagt Theron. „Charles’ Drehbuch ist einfach spektakulär, phänomenal recherchiert – und es bietet eine umfassende Sicht darauf, wie Veränderungen in Gang gesetzt werden. Wir hatten ein großartiges Skript erwartet, und BOMBSHELL übertraf unsere Erwartungen noch. Außerdem hat es mich sehr berührt, dass ein Mann dieses Buch geschrieben hat. Das beweist, dass dieses Thema nicht nur Frauen betrifft.“

Obwohl die Handlung bei einem politisch rechtsaußen angesiedelten Fernsehsender spielt, geht es eben nicht um Politik. Sondern darum, wie sich ganz unterschiedliche Menschen gegen eine vermeintliche „Übermacht“ zur Wehr setzen. Charlize Theron fühlte sich schon immer zu Filmen mit komplexen Charakteren in schwierigen Situationen hingezogen. 2005 spielte sie in KALTES LAND („North Country“) eine Minenarbeiterin, die sich gegen sexuelle Belästigung wehrt. Auch dieser Fall schrieb in den USA Geschichte. BOMBSHELL geht noch einen Schritt weiter und zeigt, wie sich drei ehrgeizige Frauen – eigentlich Konkurrentinnen – verbünden, anstatt sich gegeneinander ausspielen zu lassen.

Beeindruckend war für Theron auch Randolphs authentische Darstellung dessen, was die Frauen bei Fox durchmachen: ihr zermürbender Alltag, der darin besteht, von sich abzulenken oder persönliche Strategien zu entwickeln, um mit den ständigen Übergriffen umzugehen. Sicher, die Handlung spielt in einer Fernsehredaktion und reflektiert somit öffentliches Image und Medienmacht. Zugleich zielt sie jedoch auf ein größeres Phänomen ab. Im Kern, findet Theron, geht es um eine Gruppe von Frauen, die nicht mehr mitspielen – obwohl sie damit alles aufs Spiel setzen.

„Mir war es wichtig, die persönlichen Geschichten dieser Frauen zu zeigen, die der Auslöser für eine stetig wachsende Bewegung waren“, sagt Charlize Theron. „Dies war eine der ersten Klagen wegen Belästigung am Arbeitsplatz. Es dauerte noch über ein Jahr, bis der Fall Harvey Weinstein bekannt wurde, insofern war der Fall Roger Ailes tatsächlich der Wegbereiter. Und Charles Randolph hat das alles zu einem Film verarbeitet, der wütend macht, ans Eingemachte geht, uns aber auch über die Absurdität des Ganzen lachen lässt. Ich sehe in BOMBSHELL eine sehr menschliche Geschichte, die äußerst komplex und ausgewogen ist.“

So sehr sie daran interessiert war, das Projekt auf die Beine zu stellen, war Theron doch hin und her gerissen, ob sie Megyn Kelly spielen sollte. Also schickte sie das Drehbuch an ihren guten Freund Jay Roach. Der Regisseur war begeistert und sah den Film sofort vor sich – mit Theron als Kelly. Roach war klar, dass Therons Weltanschauung nicht mit der von Kelly übereinstimmt. Umso spannender könnte es jedoch für die Schauspielerin werden, sich in sie hineinzuversetzen. „Ich sagte zu Charlize: Ich weiß, dass du Megyn Kelly spielst, drängt sich nicht gerade auf. Und du bist wahrscheinlich nicht ganz einverstanden mit ihr. Aber das ist eine starke Geschichte, mit der du ein breites Publikum erreichen kannst“, erinnert sich Roach. „Ich wusste, dass sie in der Rolle großartig wäre, denn Charlize stellt sich jeder Herausforderung.“ Prompt drehte Theron den Spieß um. „Sie konterte: ‚Ich mache es – aber nur, wenn du Regie führst!‘“

Für Theron war Roachs Unterstützung der Schlüssel zu dem Projekt. „Es kann beängstigend sein, jemanden zu spielen, der dir so fremd ist“, gibt sie zu. „Aber bei Jay fühle ich mich absolut sicher. Ich wusste: Wenn er die Sache in die Hand nimmt, bin ich bereit, mich zu fordern und das Risiko einzugehen.“

Mit Charlize Theron als Produzentin und Hauptdarstellerin nahm BOMBSHELL schnell Fahrt auf. „Charlize war bei diesem Projekt die treibende kreative Kraft“, sagt Charles Randolph. „Sie hat dafür gesorgt, dass dieser Film auf die Leinwand kommt. Und während sie vor der Kamera eine brillante Leistung bot, war sie zugleich eine sehr engagierte Produzentin, die zu jeder Szene Anmerkungen hatte.“

Als Randolph mit dem ersten Entwurf des Drehbuchs begann, konnte er nicht ahnen, was bevorstand. Aber er spürte, dass es unter der Oberfläche brodelte. Immer wieder hörte er von Freundinnen, welchem Druck und sogar Übergriffen sie bei der Arbeit ausgesetzt waren – auch im Nachrichtengeschäft. Dann, im Jahr 2016, kam Roger Ailes’ tiefer Fall: Der Medienmogul musste als Chef des Kabelsenders, den er selbst mit aufgebaut hatte, abdanken. Wenn so etwas bei Fox News möglich war, dachte sich Randolph, dann möglicherweise auch woanders. Der Autor sah den Fall als Meilenstein, als Vorbote.

Also stieg er tiefer in die Thematik ein und überlegte, wie man diese Geschichte erzählen könnte – nicht nur für Frauen, sondern auch für Männer. „Ich dachte, wenn ich männlichen Zuschauern die subjektive Erfahrung der Belästigung vermitteln kann, was das für die Frauen bedeutet und wie sie sich dabei fühlen, dann möchte ich das in einem Film tun. Frauen wird vieles bekannt vorkommen, aber Männer könnten auf etwas stoßen, das ihnen gar nicht bewusst war.“

Randolph setzte sich mit einer ganzen Reihe von Frauen zusammen und ließ sie von ihren Erfahrungen mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz erzählen. Diese sehr persönlichen Berichte haben sein Drehbuch maßgeblich geprägt. „Ich wollte etwas erzählen, das moralisch komplexer ist als das, was Sie in den Nachrichten sehen, das manchmal lustiger und manchmal auch trauriger ist. Ich suchte nach den tieferen Wahrheiten“, so der Autor.

Um diese „tieferen Wahrheiten“ – das große Ganze – ging es auch Jay Roach. Der Regisseur ist bekannt für Tatsachendramen wie den Emmy-gekrönten HBO-Film „Game Change – Der SarahPalin-Effekt“ (2012) über die McCain/Palin-Kampagne 2008. Dennoch fand Roach, dass BOMBSHELL nach einem anderen Ansatz verlangte. Das Publikum sollte direkt in die Welt von Fox News katapultiert werden, unabhängig davon, was es von dem Sender hält.

Zudem überlegte Roach, wie er als Mann eine Geschichte über drei Frauen angehen sollte. „Ich habe ein echtes Interesse an Gleichstellung. Aber ich kann mir nicht mal ansatzweise vorstellen, was Frauen am Arbeitsplatz durchmachen“, räumt der Filmemacher ein. „Überzeugt hat mich schließlich nicht nur, dass Charlize Theron mir diesen Film zugetraut und anvertraut hat. Entscheidend war auch die Erkenntnis: Wenn es darum geht, Dinge zu verändern, müssen Männer mehr miteinander reden. Denn es gibt noch lange nicht genug Männer, die sich all die unbequemen Fragen zu diesem Thema stellen.“

Wie Charles Randolph stellte auch Roach intensive Recherchen an. „Ich habe mir stundenlang Filmmaterial angesehen und viele Bücher gelesen. Aber vor allem habe ich eigene, sehr persönliche Interviews geführt“, berichtet der Filmemacher. „Nichts bringt mich weiter, als mit echten Menschen zu reden.“