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Kategorie: Film & Fernsehen
f kangrSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 5. März 2020, Teil 6

Marc-Uwe Kling

Berlin (Weltexpresso) - Schon seit meiner frühesten Kindheit wollte ich einen Film über das Japan der Edo-Ära schreiben, ein großes Epos über Aufstieg und Fall des Shogunats der Tokugawa-Familie. Stattdessen ist es ein Film über ein kommunistisches Känguru geworden. Da sieht man mal wieder, wir sind alle nur abgerissene Blätter im Sturm des Lebens.

Für den wahren Kenner sind die Parallelen aber unübersehbar. So dauerte das Shogunat der Tokugawa-Familie mehr als 250 Jahre und es ist auch schon mehr als 15 Jahre her, dass das Känguru bei mir eingezogen ist. Das ist nur die auffälligste Parallele, aber natürlich gibt es noch unzählige mehr. Zum Beispiel zeigt das Wappen der Tokugawa-Familie bekanntermaßen drei HaselwurzBlätter und im Kängurufilm spielt eine Hasenpfote eine wichtige Rolle. Rückblickend gebe ich gerne zu, dass die Symbolik hier vielleicht ein bisschen dick aufgetragen ist, aber es war keine leichte Aufgabe das Drehbuch zu verfassen, galt es doch einerseits aus den episodischen Kurzgeschichten der Buchvorlage (Who the fuck schreibt denn so was?) eine Filmdramaturgie zu zaubern, die andererseits als Analogie auf das Shogunat der Tokugawa-Familie funktioniert.

Zum Glück habe ich in Dani Levy einen ebenso japanophilen Mitstreiter gefunden (oder MitSamurai, wenn Sie mir dieses kleine Wortspiel gestatten), der eine Prügelei mit Nazis in einer Eckkneipe inszenieren kann wie die Schlacht von Sekigahara, in der Ieyasu Tokugawa seinen Todfeind Ishida endgültige besiegte. Natürlich kommt es bei einem Projekt solchen Ausmaßes zu kreativen Meinungsverschiedenheiten (Was war die Motivation Akechi Mitsuhides, seinen Feldherren Oda Nobunaga anzugreifen? War es wirklich nur eine Frauengeschichte, wie Dani Levy behauptet? Ich glaube kaum!) aber ich denke doch, dass sich das Ergebnis sehen lassen kann und keiner von uns beiden Seppuku begehen muss!

Dimitrij Schaad glänzt in seiner Doppelrolle als mein Alter Ego und in der Verkörperung der 15 Tokugawa-Shogune. Ich hätte es nicht besser machen können, deshalb habe ich es nicht gemacht.

Für viele Fans der Känguru-Chroniken ist die Edo-Parabel sicherlich überraschend, handelt es sich doch um eine Leidenschaft, die ich lange Zeit nur im Geheimen nährte, aber den Allermeisten werden die vielen Anspielungen wahrscheinlich gar nicht auffallen, weil sowieso immer nur alle auf‘s Känguru gucken und im Übrigen ist dieser ganze Text natürlich totaler Blödsinn. Ich hatte nur keine Lust, ein normales Autoren-Statement zu schreiben, weil es mich und Sie gelangweilt hätte und anscheinend war es keine Option, diese Seite einfach weiß zu lassen, obwohl man sie dann hervorragend für Notizen hätte benutzen können, wie zum Beispiel als Einkaufszettel mit allen Zutaten für vegetarisches Sushi. 

Foto:
© X-Verleih

Info:
„Die Känguru-Chroniken“, D 2020, 93 Minuten, FSK ab 0 freigegeben
Regie Dani Levy mit Henry Hübchen, Bettina Lamprecht, Dimitrij Schaad und anderen.