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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die heute anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 21.November 2013, Teil 1

 

Romana Reich

 

Berlin (Weltexpresso) – Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Filme als Großereignis anzukündigen. Die eine ist, über viele Wochen, ja Monate vorher darüber zu schreiben, Interviews zu geben und einen Film zum Thema zu machen, der andere, wie gerade bei den TRIBUTEN geschehen, den Film erst zwei Tage vor dem Anlaufen durch Pressevorführungen öffentlich zu machen, damit dann mit dem Anlaufen des Films das geballte Interesse folgt.

 

DIE TRIBUTE VON CANEM - CATCHING FIRE

 

Die Vorgeschichte, also den ersten Film, braucht man als Voraussetzung nicht unbedingt, denn am Anfang von CATCHING FIRE wird auf den ersten Teil der Trilogie THE HUNGER GAMES durch Andeutungen geschickt verwiesen. So wollen auch wir es halten. Katniss (Jennifer Lawrence) und Peeta (Josh Hutcherson) haben die ersten Hungerspiele überlebt. Man sieht sie in häuslicher Umgebung. Der Präsident genannte Diktator Snow (Donald Sutherland), Personalisierung des Herrschersitzes KAPITOL, hat mitbekommen, daß das unerschrockene Eintreten vor allem von Katniss das latente Bedürfnis der unterdrückten Bevölkerung nach Rebellion. Für jeden der Distrikte gibt es derartige Überlebende, die Sieger von gestern.

 

Deshalb entsteht der teuflische Plan, entgegen der zuvorigen Versicherung, wer die ersten Hungerspiele überlebt, dessen Leben sei geschützt, gerade das Gegenteil zu inszenieren: die Sieger alle Distrikte müssen gegeneinander antreten. „Am 75. Jahrestag der Hungerspiele werden die Tribute aus dem bestehenden Kreis der Sieger ausgelost“, spricht Präsident Snow von PANEM, denn wie in der Antike im Mythos vom Minotaurus, dem jährlich sieben Jünglinge und Jungfrauen geopfert werden mußten, müssen hier jährlich ein Junge und ein Mädchen aus jedem der zwölf Distrikte gegeneinander antreten, um zu überleben. Und nun erstmals die Sieger gegeneinander. Also muß auch die vom Volk geliebte Katniss mitsamt dem ihr in Liebe verbundenen Peeta wieder ran. Damit will der Diktator die aufrührerischen Anfänge im Volk ersticken. Gleichzeitig fühlt er sich strategisch-taktisch von der Siegerin Katniss hinters Licht geführt. Er glaubt nicht an die große Liebe zu Peeta, die sie bewies, in dem sie lieber vergiftete Beeren esse, statt Peeta zu töten, sondern hält diese allein für taktisch.

 

Das Interessante an diesem Film ist nun auch, daß sich die Gefühle der Protagonisten je nach Situation ändern und diese Katniss, die ihren Freund in Gale Hawthorne (Liam Hemsworth) hat, doch auch im gemeinsamen Kampf Gefühle für Peeta entwickelt. Da die Geschichte eigentlich eine für Jugendliche ist, kann man das Zulassen von emotionalem Chaos hier richtig gut verfolgen. Die Hauptdarstellerin wirkt dabei wie eine Folie der ganzen Geschichte. In dem eher herben, auf jeden Fall nicht süßlichem Gesicht der Jennifer Lawrence, die in größter Beherrschung alle emotionalen und wirklichen Gefahren beim Überlebenskampf erträgt und nur durch ein Augenzucken ihre tatsächlichen Gefühle verrät, können die Zuschauer alle eigenen Ängste und Hoffnungen unterbringen. Ihr Partner Peeta dagegen entwickelt sich in diesem Kampf von einem eher unterwürfigen Hündchen, den entsprechenden Blick hat er auf jeden Fall gut drauf, zu einem, der auch Paroli bieten kann und von ihr auf jeden Fall keine Gefühle geschenkt bekommen möchte: die echten schon.

 

Die andere, noch wichtigere Herausforderung für Katniss ist die Hoffnung der sich auflehnenden Bevölkerung, daß sie die Mächtigen im Kapitol durch ihre Überleben schwächt. Dabei hat sie auch dort Bewunderer; eine der eher diffizilen Andeutungen zeigt eine Szene des Diktators mit seiner Enkelin beim Frühstückstisch. Nicht nur, daß jegliche formale Autorität dabei dahin ist, er muß auch sehen, daß seine kleine Enkelin den Zopf so gebunden trägt wie diese Katniss. Solche Kleinigkeiten sind es, die diesen Film nicht nur zu einem überwältigenden Leinwandspektakel machen, sondern auch zu einem intelligent gemachten Drama.

 

Aber natürlich sind bombastischen Aufnahmen im Überlebenskampf die filmischen Höhepunkte. Auch ohne 3D, das man wirklich nicht vermißt, sind die Aufnahmen über die Erde, die im Nu das kleine Sandkorn oder die Gischt im Wasser herangezoomt haben, überwältigend. Erst recht, wenn im Urwalddschungel sich die Affen und anderes Getier austoben. Es sind ja die Kämpfe der Menschen gegeneinander, der die Natur hier die Kulisse gibt. Und solche geschaffenen Heldenfiguren wie Katniss verführen dann die Zuschauer dazu, sie siegen lassen zu wollen, auch wenn andere Menschen von ihr dann getötet werden, obwohl diese ja nicht wie im Krimi die genuin Bösen sind, nur zu Gegnern gemacht wurden. Hier gibt es noch viele Überlegungen, auf die wir noch eingehen wollen.

 

Zum Film ist zu sagen, daß er durch die hinterfotzigen Rollen des Präsidenten und dessen, der über alle visuellen Medien die Show der Hungerspiele zusammenhält (richtig schön fies als Caesar Flickerman - was für ein Name! - Stanley Tucci) komödiantischen Pfeffer enthält, wobei die neu eingeführte Rolle des Plutarch Heavensbee, des Spielemachers dieser 75. Hungerspiele für Seymour Hoffman eine Steilvorlage ist, das eigentlich Salz in der Suppe ist. Das ist einfach hervorragend gemachtes Kino, das mit den richtigen Werten dennoch im Kern Schwachsinn ist.

 

 

 

INFO:

Weltexpresso wird in Folge alle vorhandenen Fassungen der PANEM-Trilogie vorstellen und kommentieren. Auch den ersten Film auf DVD und Blue-Ray (Studiocanal), für den es spezielle Editionen gibt, aber auch die Bücher und dabei auch die Extrausgabe zum Film (alle Verlag Oetinger) wie die Hörbücher, die ebenfalls bei Oetinger erschienen sind, die auch ein Abenteuerspiel zum zweiten Film herausbringen. Mehr demnächst.