Redaktion
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – 1937 hatte Agatha Christie TOD AUF DEM NIL geschrieben. Sie war zu dieser Zeit schon eine berühmte Krimi-Autorin und auch dieser Roman wurde ein Welterfolg. Seit jeher sind ihre Krimis besonders gerne verfilmt worden, das nicht nur ihrer Popularität wegen, sondern gezielt daraufhin, weil sie einfach gute Geschichten erzählen.
Daß die Christie einen ihrer bevorzugten Ermittler, den belgischen Meisterdetektiv, den aus guten Gründen in England lebenden Hercule Poirot nach dem Orientexpreß (1934) nun auch auf dem Nil schippern läßt, die berühmten ägyptischen Denkmäler zu studieren, hat einen starken biographischen Hintergrund. Ihren zweiten Mann, einen Archäologen, von dem sie längst wieder geschieden 1928) war, hatte sie viele Jahre bei seinen monatelangen Ausgrabungen im Vorderen Orient begleitet und sich Fachwissen angeeignet, das sie auf einer eigenen Reise mit dem Orientexpress in den Nahen Osten vertiefte. Ägypten kannte sie schon zuvor seit den Reisen mit ihrer Mutter.
Man muß heute, wo diese Gebiete vor dem Hintergrund von Krieg in Syrien, vor dem militanten Islam, dem IS u.a. als Reiseziele derzeit ausgesetzt sind, doch deutliche daran erinnern, daß sie die Wiege unserer Kultur und die Reiseziele der europäischen gebildeten Schichten seit dem 18. Jahrhundert waren, die aber – und diesen Unterschied zur heutigen Auffassung muß man thematisieren – noch für eine Agatha Christie ganz normal auf dem Hintergrund des Kolonialismus stattfanden, den die europäische bessere Gesellschaft für völlig in Ordnung hielt. Ja, diese Kultur- und Erholungsreisen in den Orient läuteten das Ende des Kolonialismus ein, mit seiner spezifischen Atmosphäre der damaligen ‚europäischen besseren, kulturinteressierten Gesellschaft‘ mit Sekt und Hummer und einem noch selbstverständlichen guten Gewissen und den einheimischen, an den eigenen Denkmälern uninteressierten‚Sklaven‘, die diese Reisen den zahlenden Gästen zum Ereignis werden ließen.
TOD AUF DEM NIL ist mindestens drei Mal verfilmt worden. Den größten Bekanntheitsgrad erreichte der Film von 1978 , in dem Peter Ustinov den Poirot gab, der in der englischen 70teiligen Fernsehserie 2004 von David Suchet verkörpert wurde. Natürlich vergleichen diejenigen, die diese Filme kennen, bewußt oder unbewußt die alten Fassungen mit dieser Neuverfilmung und es ist schwierig, so zu tun, als ob man sie nicht kenne und unbeeinflußt diese Branaghverfilmung zu beurteilen. Aber man kann, umgekehrt, natürlich einen Vorteil daraus ziehen, vergleichen zu können. Und deshalb ist für mich die Verfilmung von 1978 ein elegantes, geschlossenes Kammerspiel, das perfekt mit der damaligen Starbesetzung abläuft, die jetzige Verfilmung dagegen sowohl protziger als auch psychologisch tiefergehender, also im Detail viel emotionaler als die alte Verfilmung, weil die tiefen Emotionen der Beteiligten, die brennenden Gefühle von Liebe, Haß, Rache...nicht nur vorgespielt werden, sondern in den biographischen Hintergründen, die auf der Leinwand erscheinen, sichtbar werden.
Das gilt zuvörderst für den Beginn mit den schwarz-weiß Bildern aus dem Ersten Weltkrieg, die allen denen nichts sagen, die nicht wissen, daß in der Biographie des erfundenen Hercule Poirot dieser als Belgier im Ersten Weltkrieg gegen die Deutschen kämpfen wollte, und als diese Belgien überfielen und einnahmen, floh er vor den Deutschen nach England ins Exil, das ihm gewährt wurde und wo er blieb.
Und auch das Drama, das sich entwickelt, als die verliebte Jacqueline de Bellefort (Emma Mackey) beim Tanz mit ihrem Liebsten, Simon Doyle (Armie Hammer), im Londoner Nachtclub auf einmal ihre Schulfreundin, die reiche und glamouröse Erbin Linnet Ridgeway (Gal Gadot) erblickt, sich darüber freut, beide miteinander bekannt macht, dann aber fassungslos hinterherschaut, als dieser mit der Freundin in ihrer traumhaft grauen Robe eine heiße Nummer schiebt. Branagh läßt uns immer wieder an genau den Momenten teilhaben, wo Emotionen entstehen, die in extreme Richtung gehen können.
Die Geschichte ist bekannt. Die Hochzeitsreise der beiden Neuvermählten Linnet und Simon geht nach Ägypten, wozu die Luxusfahrt auf dem Nil mit Besichtigung gehört. Versammelt auf dem wirklich schönen Schaufelraddampfer, der übrigens im Studio in England auf's Wasser gesetzt wurde, sind mehrere von denen versammelt, die aus guten Gründen auf die reiche Erbin einen Bras haben, die auf einmal erschossen in ihrem Bett liegt. Es gibt Verdächtige, doch einige von denen werden auch Opfer eines Täters, den Poirot , den wir hier viel zu wenig gewürdigt haben und auch seinen Schauspieler und Regisseur des Films, Zug für Zug überführen wird.
Ach, es geht einfach um einen gut gemachten Film, an den man keine höheren Ansprüche als gute Unterhaltung richten sollte, die dann auch erfüllt werden. Interessant, was der Regisseur selber dazu sagt: „Nach den Schwierigkeiten, die jeder in den vergangenen zwei Jahres erlebt hat, kann eine Reise auf dem Nil durch die majestätische Pracht des alten Ägyptens für viele eine dringend benötigte Auszeit sei. Gute Geschichten sind unsere stärkste Verteidigung gegen Verzweiflung, und es macht immer mehr Spaß mit einer Geschichte, die spannend ist, die einen rätseln lässt und die Weisheit, Mitgefühl und ein Gefühl von Lebensfreude vermittelt, mit dem sich jeder identifizieren kann.“
Foto:
©Verleih
Info:
Regie: Kenneth Branagh
Produzenten: Kenneth Branagh, p.g.a., Judy Hofflund, p.g.a., Ridley Scott, Mark Gordon, Simon Kinberg, Kevin J, Walsh
Deutscher Kinostart: 10. Februar 2022
im Verleih von Walt Disney Studios Motion Pictures Germany
TOD AUF DEM NIL ist mindestens drei Mal verfilmt worden. Den größten Bekanntheitsgrad erreichte der Film von 1978 , in dem Peter Ustinov den Poirot gab, der in der englischen 70teiligen Fernsehserie 2004 von David Suchet verkörpert wurde. Natürlich vergleichen diejenigen, die diese Filme kennen, bewußt oder unbewußt die alten Fassungen mit dieser Neuverfilmung und es ist schwierig, so zu tun, als ob man sie nicht kenne und unbeeinflußt diese Branaghverfilmung zu beurteilen. Aber man kann, umgekehrt, natürlich einen Vorteil daraus ziehen, vergleichen zu können. Und deshalb ist für mich die Verfilmung von 1978 ein elegantes, geschlossenes Kammerspiel, das perfekt mit der damaligen Starbesetzung abläuft, die jetzige Verfilmung dagegen sowohl protziger als auch psychologisch tiefergehender, also im Detail viel emotionaler als die alte Verfilmung, weil die tiefen Emotionen der Beteiligten, die brennenden Gefühle von Liebe, Haß, Rache...nicht nur vorgespielt werden, sondern in den biographischen Hintergründen, die auf der Leinwand erscheinen, sichtbar werden.
Das gilt zuvörderst für den Beginn mit den schwarz-weiß Bildern aus dem Ersten Weltkrieg, die allen denen nichts sagen, die nicht wissen, daß in der Biographie des erfundenen Hercule Poirot dieser als Belgier im Ersten Weltkrieg gegen die Deutschen kämpfen wollte, und als diese Belgien überfielen und einnahmen, floh er vor den Deutschen nach England ins Exil, das ihm gewährt wurde und wo er blieb.
Und auch das Drama, das sich entwickelt, als die verliebte Jacqueline de Bellefort (Emma Mackey) beim Tanz mit ihrem Liebsten, Simon Doyle (Armie Hammer), im Londoner Nachtclub auf einmal ihre Schulfreundin, die reiche und glamouröse Erbin Linnet Ridgeway (Gal Gadot) erblickt, sich darüber freut, beide miteinander bekannt macht, dann aber fassungslos hinterherschaut, als dieser mit der Freundin in ihrer traumhaft grauen Robe eine heiße Nummer schiebt. Branagh läßt uns immer wieder an genau den Momenten teilhaben, wo Emotionen entstehen, die in extreme Richtung gehen können.
Die Geschichte ist bekannt. Die Hochzeitsreise der beiden Neuvermählten Linnet und Simon geht nach Ägypten, wozu die Luxusfahrt auf dem Nil mit Besichtigung gehört. Versammelt auf dem wirklich schönen Schaufelraddampfer, der übrigens im Studio in England auf's Wasser gesetzt wurde, sind mehrere von denen versammelt, die aus guten Gründen auf die reiche Erbin einen Bras haben, die auf einmal erschossen in ihrem Bett liegt. Es gibt Verdächtige, doch einige von denen werden auch Opfer eines Täters, den Poirot , den wir hier viel zu wenig gewürdigt haben und auch seinen Schauspieler und Regisseur des Films, Zug für Zug überführen wird.
Ach, es geht einfach um einen gut gemachten Film, an den man keine höheren Ansprüche als gute Unterhaltung richten sollte, die dann auch erfüllt werden. Interessant, was der Regisseur selber dazu sagt: „Nach den Schwierigkeiten, die jeder in den vergangenen zwei Jahres erlebt hat, kann eine Reise auf dem Nil durch die majestätische Pracht des alten Ägyptens für viele eine dringend benötigte Auszeit sei. Gute Geschichten sind unsere stärkste Verteidigung gegen Verzweiflung, und es macht immer mehr Spaß mit einer Geschichte, die spannend ist, die einen rätseln lässt und die Weisheit, Mitgefühl und ein Gefühl von Lebensfreude vermittelt, mit dem sich jeder identifizieren kann.“
Foto:
©Verleih
Info:
Regie: Kenneth Branagh
Produzenten: Kenneth Branagh, p.g.a., Judy Hofflund, p.g.a., Ridley Scott, Mark Gordon, Simon Kinberg, Kevin J, Walsh
Deutscher Kinostart: 10. Februar 2022
im Verleih von Walt Disney Studios Motion Pictures Germany