Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen

Die Wettbewerbsfilme der 64. Berlinale vom 6. bis 16. Februar 2014, Film 18

 

Claudia Schulmerich

 

Berlin (Weltexpresso) – Wirklich auffällig, wie sich die Krimis, besser Thriller, bei den Wettbewerbsfilmen häufen. Seien es Auftragskiller oder persönliche Morde. Natürlich lassen sich in ihnen die der Gesellschaft zugrundeliegenden Strukturen und Beweggründe besonders gut analysieren und spannend darstellen. Das gelingt diesem, erneut nur als Film noir zu bezeichnenden chinesischen Film exzellent.

 

1999 kommt es in einer Kleinstadt im Norden Chinas zu schrecklichen Leichenfunden. Wir erleben das hautnah mit, als Kohlenzüge in alle Richtungen des Landes Beine, Arme, Hände und andere Körperteile transportieren. Schnell ist der mutmaßlichen Mörder gefaßt, denkt man, doch es ereignet sich ein blutiger Zwischenfall, bei dem zwei Polizisten sterben und einer schwer verletzt wird. Der überlebende Polizist, Zhang Zili (Liao Fan), wird vom Dienst suspendiert und arbeitet fortan als Wachmann in einer Fabrik.

 

Fünf Jahre später geschehen wieder mysteriöse Morde, bei denen es erneut um Leichenteile geht. Mit Hilfe eines ehemaligen Kollegen nimmt Zhang auf eigene Faust Ermittlungen auf. Er entdeckt, daß alle Opfer in Beziehung zu einer jungen Frau standen und stehen, die in einer Reinigung arbeitet. Zhang gibt sich als Kunde aus, nimmt ihre Verfolgung auf und verliebt sich in die schweigsame Wu Zhizhen (Gwei Lun Mei). An einem kalten Wintertag macht er eine furchtbare Entdeckung. Er gerät in Lebensgefahr und muß erfahren, dass Schuld und Unschuld nicht immer zu trennen sind. Und daß die Toten nicht unbedingt tot und die Lebenden nicht immer lebendig sind.

 

Mit den Figuren des einsamen Ex-Polizisten und der Femme fatale zitiert Regisseur Diao Yinan den klassischen Detektivfilm. Sein dritter Spielfilm ist ein Film noir in düsteren Farben in einer Schneelandschaft, der mit diesem Genre spielt und gleichzeitig in das Leben ganz gewöhnlicher Menschen führt. Die Musik in diesem Film irritiert zumindest den westlichen Zuschauer, einfach, weil sie so westlich ist. Ob es typisch chinesisch ist, als Volksvergnügen am Abend in verschneiter Landschaft auf Schlittschuhen unter Walzerklängen dahinzugleiten, wissen wir nicht, auch nicht, ob die Tanzvergnügen mit ebensolcher Musik für Singles eine Anknüpfungsebene darstellen. Beides wirkt im Film besonders intensiv als Gegensatz zu den dunklen Straßen, den halbkaputten Verkehrsmitteln und dem düsteren Drumherum.

 

Aus der Pressekonferenz

 

Diao Yinan, Regisseur und Drehbuchautor

Yu Ailei, Kapitän Wang

Wang Xuebing, Liang Zhijun

Gwei Lun Mei, junge Frau aus der Reinigung, deren Mann offiziell vom Mörder umgebracht wurde, aber...

Liao Fan, Kommissar Zhang Zili

Wang Jingchun, Rong Rong

Ni Jingyang, Su Lijuan

 

 

Keine ländliche Gegend, sondern eine bestimmte Stadt. „Ich wollte ein gewisses Element von Horror und Gruseln und dieses Setting gab mir dazu Gelegenheit“, begründet der Regisseur.

 

Das Feuerwerk am Schluß ist Ausdruck des persönlichen Befindens der Menschen und hat keine politische Bedeutung. Die Auswahl der Musik ist sehr interessant Für das moderne China ist das eine seltsame Wahl. „Als wir das Drehbuch schrieben, das war schon 2005. Ganz zu Beginn haben wir an dem Drehbuch gearbeitet, da gab es ähnliche Kriminalfälle, einer war lange verschwunden, dann ist er wieder aufgetaucht. Die Musik ist ganz normale populäre Musik, ich wollte im Nordosten Chinas keine nordöstliche Musik spielen lassen.“

 

Was hat die Schauspieler an ihren Rollen interessiert? „Sie ist eine junge normale Frau, die etwa verheimlichen muß. Diese Frau hat eine starke Kraft. Der Detektiv will da Geheimnis aus ihr herausholen.Das hat mir gefallen“. Hauptdarsteller Liao Fan antwortet damit, daß er großes Vertrauen zum Regisseur hat, für die Rolle sehr viel zugenommen hatte, die Rolle ist absurd, aber hat Spaß gemacht.

 

In dieser Pressekonferenz sind besonders viele Chinesen, die viel nachfragen wie auch die anderen. „Die Settings für ihre Filme, da ist es immer kalt.“ Daraufhin Yinan: „Stimmt. Deine Filme sind zu kalt, das verkauft sich nicht, höre ich oft. Wenn die Personen kalte Gefühle haben, kann man ein wärmeres Setting haben, wenn die Leute aber tiefe versteckte Gefühle haben, muß man es kalt haben.“

 

Es gibt in der chinesischen Literatur eine Rolle der Füchsin, trifft dies auf Gwei zu und wie hat sie sich auf die Rolle vorbereitet? Der Regisseur hörte der Frage nicht zu, das sah man, er hatte bisher den Übersetzungsknopf nicht im Ohr. „Da habe ich nicht so darüber nachgedacht, es war eher der westliche Film noir, dem die Rolle nachempfunden ist, als chinesische Schauspielerin hat sie die Westrolle nachgespielt, der Ehemann im Hintergrund. Das Dunkle war alles im Drehbuch. Unsere Schauspieler sind ein Team, alle unsere Schauspieler haben gemeinsam daran teilgehabt.“, faßt Yinan zusammen.

 

Wang Xuebing, ist der Unhold, dem man auf die Schliche kommt. „Was war das für ein Gefühl, fühlen sie sich ihm ähnlich?“Er antwortet: „Ich bin froh gewesen, daß ich mal einen Kriminellen spielen durfte, zuvor hatte ich nur gute Menschen zu verkörpern. Jeder hat Gründe, wie und warum er zum Bösewicht wird.“

 

Das Drehbuch spricht für sich, es gib keine Erklärungen für das Verhalten der Leute, und auch keine Einteilung von guten und bösen Menschen. Im Krieg ist es erlaubt, die Gegenseite zu töten, in der Liebe müßte das doch auch gelten, wird da glattwegs behauptet. Die vielen Szenen auf der Eisbahn, waren sehr anstrengend zu drehen, weil es nachts und bitterkalt war.

 

INFO:

 

Volksrepublik China / Hongkong / China 2014, 106 Min

Mandarin

REGIE

Diao Yinan

DARSTELLER

Liao Fan
Gwei Lun Mei
Wang Xuebing