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Kategorie: Film & Fernsehen
la chimeraSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. April 2024, Teil 18

Romana Reich

Berlin (Weltexpresso) – Schräg dieser Film, einfach ans Herz gehend mit seiner ungewöhnlichen Geschichte und den skurrilen Begebenheiten, die dem Helden widerfahren, wenn er sich immer wieder in die von ihm selbst ausgebreiteten Netze verheddert, die Alice Rohrwacher kunstvoll poetisch spinnt.

Der Held ist natürlich ironisch zu verstehen, in der Doppelbedeutung, daß er die Hauptfigur der Geschichte ist, aber gerade aus dem Gefängnis kommt, in dem er mit Recht saß, denn er ist von Beruf und Berufung Grabräuber. Muß man noch hinzufügen, daß wir uns in Etrurien aufhalten, wo bis heute die Etrusker und ihre Gräber den Ton vorgeben. Arthur kam aus England und man merkt ihm die verblichene Eleganz seines Lebens so wie die verblichene Größe seines einst imperialen Vaterlandes an. Gewandet ist er in einen hellen, natürlich bei Grabräubern erst recht, verschmutzen Anzug und der britische Schauspieler Josh O’Connor schlafwandelt gewissermaßen durch den Film, was gut zum Filmtitel paßt, denn die Chimäre ist in der griechischen Mythologie die Tochter von Ungeheuern, die Geschwister heißen Hydra, Kerberos und Sphinx. Grob gesprochen sind Chimären Mensch-Tier-Mischwesen. Aber Chimären sind auch das, was wir zu sehen glaubten, auch wenn es nicht existiert. Wir befinden uns also in einer Zwischenwelt, wo vieles möglich ist.

Aber ganz real ist, daß Arthur eine spezielle Begabung hat, warum ihm wie einem Leittier ein Rudel folgt. Er kann mit seiner Wünschelrute, die er gekonnt über die Erde gleiten läßt, Grabfunde lokalisieren. Doch er will eigentlich etwas ganz anderes finden und auch hier denken wir sofort an die griechische Mythologie. Denn Arthur ohne Tafelrunde ist auf der Suche nach Beniamina, seiner großen Liebe, so wie einst Orpheus seine Eurydike fand, will er das unterirdische Tor finden, durch das er zu ihr gelangen kann. Seine große Liebe war die Tochter der herrschaftlichen Gräfin Flora (Isabella Rossellini), die in ihrem so prächtigen wie verfallenen Palast lebt. Spätestens dann fällt einem auf, daß Verfall auch Thema des Films ist. Nicht nur der der Figuren, sie alle heruntergekommen gekleidet, einem degoutant vorkommen. Es ist fast vorbei, aber der Rest wird feiernd zu Ende gebracht!

Sicher können wir nicht alle Andeutungen dieses daran so reichen Filmes auf Anhieb erkennen. Aber ein Blick in diese Welt rührt. Im übrigen muß die Leichtigkeit der Kamera betont werden, es sind poetische Bilder, die Menschen wirken oft schwerelos, bunt sind sie sowieso und von menschlichen Begierden getrieben, die nichts mit den in teuere Anzüge gekleideten Bankern in den zahlreichen TV-Serien zu tun haben, dafür aber viel mit dem Leben. Eben. 

Foto:
©Verleih


Info:
Besetzung

Josh O‘Connor ... Arthur
Carol Duarte ... Italia
Vincenzo Nemolato ... Pirro
Isabella Rossellini ... Flora
Alba Rohrwacher ... Spartaco
Yile Yara Vianello ... Beniamina
Lou Roy-Lecollinet ... Melodie
Giuliano Mantovani ... Jerry
Gian Piero Capretto ... Mario
Melchiorre Pala ... Melchiore
Ramona Fiorini ... Fabiana
Luciano Vergaro ... Katir
Luca Garciullo ... Il Portuale
Carlo Tarmati ... Carabiniere
Valentino Santagati ... Cantastorie
Piero Crucitti ... Cantastorie

Stab
Buch und Regie ... Alice Rohrwacher