18. LICHTER FILMFEST FRANKFURT INTERNATIONAL vom 22. – 27. April 2024, Teil 6
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das LICHTER FILMFEST sei mit 18 Jahren nun volljährig geworden, befand die Moderatorin, die kenntnisreich und stringent durch das Programm führte, was die Diskussion nach dem Eröffnungsfilm einschloß (19-22.30 h.) Was es aber, erwachsen geworden, auf sich habe mit dem diesjährigen Thema des Festivals: ANGST, wurden sogleich die beiden Filmfestleiter befragt. Als sie das Thema festlegten, hätten sie noch gar nicht gewußt, wie goldrichtig sie lagen, erklärte Gregor Maria Schubert, denn Angst sei das hervorstechende Gefühl unserer Zeit, das Thema unserer Gesellschaft, was ein Amerika unter Trump noch verstärkt habe. Aber erst einmal wolle er auf dies tolle Haus aufmerksam machen, in dem wir sitzen, denn die E-Kinos, direkt an der Hauptwache im Zentrum der Stadt, zentraler geht es gar nicht, die leider vor Jahren geschlossen wurden, wurden durch die Übernahme durch Massif F nun zum Hotspot Massif E. Es funkitioniere!
Für die Nichtfrankfurter muß man hinzufügen, dass LICHTER wirklich eine Graswurzelbewegung ist. Gregor Maria Schubert hatte die Idee; als bald darauf Johanna Süß dazustieß, wurde es Ernst mit dem Filmprogramm und da LICHTER einmal im Jahr stattfinden sollte, gab es außer einem kleinen Büro etwas später, überhaupt keine Räume für die Festspiele selbst. Daß die Filme in Kinos laufen sollten, war klar, aber LICHTER ist eben noch viel mehr. Neben Kunst mit dem LICHTER ART AWARD und VR STORYTELLING geht es vor allem um den persönlichen Austausch, das Miteinander diskutieren und feiern eben auch!
So wurde das den Ort wechselnde Festival geboren. Im Nachhinein ein hinreißender Ritt durch Frankfurt. In der Erinnerung noch beeindruckend das Gastspiel im in diesen Jahren leer stehenden Bürokomplex an der Mainzer Landstraße oder dem letztjährigen Zentrum im Hinterhof am Anfang der Eschersheimer Landstraße. Sie hatten alle etwas für sich, diese Orte, aber die E-Kinos sind einfach das Non plus Ultra, weil zum ersten Mal das Festivalzentrum mit den Kinosälen in einem Haus vereint ist.
Das wissen und genießen alle Anwesenden, also geht es mit dem Thema Angst weiter. Schubert räsonierte, es sei schon gewagt, denn wer wolle schon Filme anschauen, in denen es ununterbrochen um Angst gehe. Kommen da überhaupt Zuschauer, sei so eine Frage. Das sei bei dem vorherigen Thema LIEBE ganz anders gewesen. Keine Frage. Aber er sei der Meinung, Filme könnten die Menschen auch an die Hand nehmen und durch sie die Angst nehmen. Ein Trailer, der zwischendurch gezeigt wurde und einen Schnelldurchlauf von über 100 Filmen bot, bleibt zwar erst einmal im Gemüt als Horror stecken, aber Schubert versicherte, diese Filme würden therapeutisch wirken. Na denn!
Das Gespräch ging über zum diesjährigen, dem 5. Kongreß ZUKUNFT DEUTSCHER FILM mit dem Thema ANGST ESSEN FILM AUF, natürlich in Anlehnung an Fassbinders ANGST ESSEN SEELE AUF. Eine Festivalschrift hatte schon im Vorhinein Texte zur Angst im Kino und Zum Kino der Angst gebündelt, die es in sich haben. Zum am Mittwoch beginnenden Kongreß war Ulrich Seidel, berühmt-berüchtigter Filmregisseur aus Österreich schon angereist, der – völlig verdient – einen Riesenbeifall erhielt. Ulrich Seidel hatte schon hintersinnig, ja hinterfotzig das Durchschnittsgemüt der zufriedenen Sesselhocker in seinen Filmen karikiert, als diese ihre Existenz noch als die allgemein seligmachende wähnten. Ulrich Seidel ist einer von den ganz mutigen, der den Kampf um die Wahrheit im Film nicht scheut. Die weiteren 60, teils sehr bekannten Kongreßteilnehmer führen wir nicht auf. Sie sind aber Garant, dass was los sein wird auf diesen Kongreß.
Eine Eröffnung ohne diejenige, die die Institutionen vertreten, die bezahlen, geht einfach nicht und so wurden die folgenden drei Vertreter ihrer Institutionen warmherzig begrüßt und bekamen Beifall für ihre aufmunternden Reden. Das war einmal Ina Hauck (SPD) (rechts oben), ehrenamtliche Stadträtin, die kenntnisreich die positive Entwicklung der Kinokultur der letzten Jahre kommentierte, das war der Staatssekretär Christoph Degen (SPD) (links oben) aus dem zuständigen Ministerium aus Wiesbaden und für den KulturfondsFrankfurt RheinMain die neue Geschäftsführerin Susanne Völker (rechts), die den interessanten Aspekt einwarf, dass das Kino heute auch die sinnvollste Art des Reisens in und um die Welt sei.
Als Letzter, aber nicht Unwichtigster kam als Vertreter von HESSEN FILM & MEDIEN Patrick Schaaf (links) zu Wort, der auch auf die Schrift FILMKULTUR IN FRANKFURT & RHEIN-MAIN verwies, die alle filmischen Aktivitäten der Stadt auflistet mit einer Vielzahl an je nationalen Filmfestivals etc. Wirklich beeindruckend und überall zu erwerben. Er sprach auch von der neueren Bedeutung Frankfurts als Filmstadt, die ein Zentrum europäischer Kinokultur geworden sei, was stimmt, wenn man die Filmfeste der einzelnen Länder betrachtet. Das ganze Jahr über gibt es jeden Monat mindestens ein Filmfestival!
Dennoch bleibt die Aussage eines der Redner im Gedächtnis: dass die Stadt Kassel im Verhältnis zur Einwohnerzahl doppelt so viele Kinos aufweise wie die Metropole Frankfurt! Und in eigener Sache: die Vorführungen von Filmen für Journalisten, die erst Wochen später im Kino laufen, die aber für die Zunft der Filmkritiker wichtig sind, weil ja die Leser und potentiellen Kinobesucher die Kritiken der anlaufenden Filme lesen wollen, sind in Frankfurt merklich ausgedünnt. Eine Entwicklung, um die sich HESSEN FILM und auch die Stadt Frankfurt dringend kümmern muß.
Abschließend wurden noch Regisseur, Stab und Schauspieler des Eröffnungsfilms HYSTERIA begrüßt (rechts), die launig ihren auf der Berlinale aufgeführten Film kommentierten und Lust auf die folgende Vorstellung machten.
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Info:
www.lichter-filmfest.de