Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 1. Mai 2025, Teil 4
Margarete Ohly-Wüst
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das etwas eigensinnige Mädchen Yuri (Helena Zengel) lebt mit ihrem Vater Maxim (Willem Dafoe) auf einer abgelegenen Insel namens Carpathia im Schwarzen Meer, auf der es neben Bären und Wölfen auch die geheimnisvollen Ochis gibt. Die Ochis sind bläuliche affenähnliche Kreaturen. Sie werden von den Inselbewohnern gefürchtet und gemieden.
Von klein auf schärft ihr Vater Yuri ein, sich vor diesen seltsamen Kreaturen zu fürchten, denn es sind angeblich unheimliche Tiere, die die Menschen angreifen und vernichten wollen. Deshalb darf Yuri aus Angst vor den mysteriösen Waldkreaturen nach Einbruch der Dunkelheit nicht mehr nach draußen gehen.
Maxim hat eine Truppe bewaffneter Jugendlichen rekrutiert, denen neben seinem Ziehsohn dem Waisenjungen Petro (Finn Wolfhard), die Jungen Ivan (Răzvan Stoica), Oleg (Carol Borș), Vlad (Andrei Antoniu Anghel), Gleb (David Andrei Bălțatu), Pavel (Eduard Oancea), Tudor (Tomas Otto Ghela) und Edi (Eduard Ionut Cucu) angehören, die mit Waffen die Ochis jagen, denn nach Aussage von Maxim sind sie für die Krankheiten und das Verschwinden von Nutztiere verantwortlich.
Bei einer dieser nächtlichen Jagden ist Yuri zusammen Petro und den anderen Jungen zum ersten Mal dabei. Sie ist aber von der Notwendigkeit solch gewalttätiger Methoden nicht überzeugt. Die Aktion führt letztendlich dazu, dass zwar auf die Ochis geschossen wird, sie aber nicht getroffen werden, dafür aber ein Teil des Waldes angezündet wird.
Als Yuri am nächsten Tag von ihrem Vater losgeschickt wird, die Fallen im Wald zu kontrollieren, mit denen die Ochis gefangen werden sollen, findet sie in einer der Fallen ein einsames verletztes Ochi-Jungtier. Sie erkennt, dass das Baby nur aus Angst seine Zähne zeigt und faucht. Als sie mit künstlichen Vampirzähnen zurück faucht, wird das Kleine ganz friedlich. Yuri nimmt es mit nach Hause und versorgt seine Wunde. Dabei kommen dem Mädchen Zweifel an er Gefährlichkeit der Wesen und sie beschließt gegen den Willen ihres strengen Vaters, das Baby heimlich zu ihrer Familie zurück zu bringen.
Während die anderen Inseleinwohner vermuten, dass Yuri von den Ochi entführt wurde und Maxim und seine Kindersoldaten, die Suche nach ihr aufnehmen, reitet Petro zu der Schäferin Dasha (Emily Watson) und das junge Mädchen erlebt das größte Abenteuer ihres Lebens. Denn unterwegs begreift sie, dass die Ochis eine melodische Sprache haben, die sie langsam erlernt. Außerdem trifft Yuri auch auf die einsam im Wald lebende Dasha, die nebenbei als Naturkundlerin versucht, etwas mehr über die geheimnisvollen Waldbewohner und ihre Verständigung heraus zu bekommen und die dem Mädchen ziemlich bekannt vorkommt…
″Die Legende von Ochi″ ist das Spielfilmdebüt von Drehbuchautor und Regisseur Isaiah Saxon. Die Dreharbeiten fanden bereits vom 1. November bis zum 15. Dezember 2021 in Rumänien statt. Gedreht wurde in Siebenbürgen im Apuseni-Gebirge, am Bâlea-See und an der Transfogaraschen Hochstraße. Kameramann war Evan Prosofsky, die Musik stammt von David Longstreth.
Die Hauptrollen werden von Helena Zengel als Yuri, Willem Dafoe als Dorfvorsteher Maxim, Emily Watson als Yuris Mutter Dasha und in einer kleineren Rolle Finn Wolfhard als Pflegesohn Petro gespielt.
Helena Zengels Yuri ist der aufmüpfige Teenager, der die rückständige Welt ihres Vaters und dessen Hass auf die Ochis nicht versteht und deren Verschlossenheit auf einen kindlichen Verlustschmerz zurückgeht. Gleichzeitig erkennt sie als sie das Ochi-Baby findet, dass die Geschichten ihres Vaters über die Ochis nicht der Wahrheit entsprechen und sie deshalb beginnt, mit dem jungen Ochi nicht nur ihre eigenen Wege zu gehen, sondern sich auch gedanklich von ihrem Vater abzunabeln. Sie begreift aber erst recht spät, weshalb sie das Tierchen bald verstehen kann und dessen Sprache auch sprechen kann.
Willem Dafoes Dorfvorsteher Maxim ist ein Mann, der nicht erkennt, dass sein fortschrittsfeindliches Verhalten nur seinem Zorn und der Angst vorm Verlassen werden und der eigenen Überflüssigkeit entspringt. Unglücklicherweise folgen ihm die jugendlichen Dorfbewohner blind, auch Petro begreift erst ganz langsam, dass hinter Maxims Hass auf die Ochis eine ganz andere Geschichte steht. Das macht Maxim trotz klarer Tendenzen zu einem durchaus ambivalenten Charakter. Das gilt genauso für die von Emily Watson gespielte Schäferin und Naturforscherin Dasha, bei der nicht ganz deutlich wird, ob ihre Art zu leben nur eine Flucht aus der häuslichen Enge oder ein wirkliches Interesse an den Ochis war. Der aus den Filmen ″Ghostbusters: Legacy″ (2021) und ″Ghostbusters: Frozen Empire″ (2024) bekannte Finn Wolfhard hat als Petro recht wenig zu tun.
Der Fantasy- und Abenteuerfilm erzählt eine Story, die mit recht bekannten Versatzstücken arbeitet, denn er vermengt Figuren und Inhalte aus anderen Fantasyfilmen. So sehen die pelzigen Ochis (vor allem das Baby) mit ihren spitzen Segelohren und Kulleraugen wie einer Mischung aus dem Mogwai Gizmo, Baby Yoda und Bonobos aus. Außerdem werden auch Erinnerungen an E.T. wach. Dabei erinnert besonders die Verständigung der Ochis auf jeden Fall an den unverwandelten Gizmo aus den Gremlins.
Auch wenn die Story eigentlich aus bekannten Versatzstücken zusammen gebastelt wurde, ist die interessante Geschichte über Liebe, Sehnsucht und Akzeptanz doch recht originell geworden, denn die Effekte sind Old School, also weitestgehend ohne CGI. Die vage slawisch angehauchten Sagenlandschaft, die vom Regisseur durch altmodische Leinwandhintergründe und durch die mystischen Naturaufnahmen von Kameramann Evan Prosofsky erstellt wurden, wirken zugleich märchenhaft und plastisch. Besonders hervor heben sollte man, dass die Ochis nicht digital in den Film hineinkopiert wurden, sondern die drolligen Waldwesen wurden als Puppen von Puppenspielern bewegt.
Insgesamt entführt ″Die Legende von Ochi″ in eine fantastische Welt voller Abenteuer und geheimnisvoller Wesen, in dessen Mittelpunkt ein junges Mädchen steht, das sich mit einem jugendlichen, geheimnisvollen und gefürchteten Waldwesen anfreundet. Er zeigt eine magische Geschichte über die zerbrechliche Beziehung der Menschen zur Natur und die aus Angst und Unverständnis geborene Gewalt gegen alles Unbekannte. Auch wenn der Fantasyfilm überwiegend sehr düster ist und damit jüngere Zuschauer ängstigen könnte, ist ein liebenswerter Spielfilm entstanden, den man sich sehr gut im Kino ansehen kann.Foto 1: Magische Freundschaft: Zwischen Yuri (Helena Zengel) und dem Ochi-Baby besteht eine außergewöhnliche Verbindung. © Plaion Pictures
Foto 2: Petro (Finn Wolfhard) sucht nach seiner Ziehschwester Yuri und bekommt erste Zweifel an der Gefährlichkeit der gefürchteten Waldgeschöpfe. © Plaion Pictures
Foto 3: Yuris Vater Maxim (Willem Dafoe) sagt den Ochi den Kampf an. © Plaion Pictures
Foto 4: Die Schäferin Dasha (Emily Watson) verfolgt den widerhallenden Singsang der Ochi. © Plaion Pictures
Foto 5: Behind the Scenes: Die Kunst des Puppenspielens: Das kleine Ochi auf dem Rücken von Helena Zengel wird von drei Personen gesteuert. © Plaion Pictures
Info:
Die Legende von Ochi (USA 2025)
Originaltitel: The Legend of Ochi
Genre: Fantasy, Abenteuer
Filmlänge: ca. 96 Min.
Regie: Isaiah Saxon
Drehbuch: Isaiah Saxon
Darsteller: Helena Zengel, Finn Wolfhard, Emily Watson, Willem Dafoe, Răzvan Stoica, Carol Borș, Andrei Antoniu Anghel, David Andrei Bălțatu, Eduard Oancea, Tomas Otto Ghela, Eduard Ionut Cucu, Paul Manalatos (Stimme Ochi) u.a.
Verleih: Plaion Pictures
Vertrieb: Studiocanal
FSK: ab 6 Jahren