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Kategorie: Film & Fernsehen
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Martin Lehwald

Berlin (Weltexpresso) -  Mux ist tot – Es lebe Mux...


Im Sommer des Jahres 2001, 12 Jahre nach Mauerfall, traf ich zum ersten Mal mit Jan Henrik Stahlberg zusammen. Er pitchte mir mit flammender Zunge die Idee zu MUXMÄUSCHENSTILL. Damals waren weder Twintowers, noch die Finanzsysteme der Welt schon gecrasht. Das Vertrauen in das wiedervereinigte Deutschland hatte allenfalls blasse Risse erhalten. Erste Zweifel an der Allheilsamkeit der alles obsiegenden kapitalistischen Weltordnung gärten in den gierigen Bäuchen der Menschen dieses Landes. Von Ost nach West entvölkerte sich die Republik, auf der Suche nach den höheren Löhnen, von West nach Ost pilgerten die Geier, die Wirtschaftspioniere und die abgehalfterten Westpolitiker auf der Suche nach ihrer letzten Chance. Alles schien im alternativlosen Taumel einer unwiderstehlichen Dynamik in Richtung Zukunft unterwegs zu sein...

Mux war damals ein scheinbar irrer Visionär; einer, der schon die Zeichen einer heraufziehenden Zeit erkannt hatte, der einen Weg aufzeigen wollte, als die Masse noch keine Notwendigkeit sah, die Ursache
ihres dümpelnden, heraufziehenden Unwohlseins zu hinterfragen. Wir drehten den Film gegen alle faktischen Widerstände und Fragen nach der Notwendigkeit eines solchen Werks und - trafen damit offenbar
zielsicher einen Nerv. Mux, der faschistoide Irre, sprach den Menschen aus der Seele. Der Film wurde so etwas wie ein Überraschungserfolg, der uns Machern so sehr aus der Seele sprach, wie vielleicht kein Film mehr danach...

Es folgten weitere Zusammenarbeiten mit Jan Henrik Stahlberg, die sich verschiedenen gesellschaftlichen, oder politischen Phänomenen widmeten, die weniger kollektive als speziellere Felder erschlossen haben. Was, bei aller Kritik, die man an den Filmen, oder auch deren Auswertung vielleicht üben kann, geblieben ist, ist eine Überzeugung: Stahlberg ist für mich der einzige derart konsequente politische Visionär unter den Filmemachern, die wir in unserem Land haben. Deshalb ist es auch nur konsequent, dass wir wieder zusammenarbeiten, wenn der Zustand der Welt eine Wiederbelebung unseres MUX verlangt.

Und heute, 20 Jahre nach der Herausbringung von MUXMÄUSCHENSTILL, ist die Welt in der Tat eine andere geworden. Die düstersten und abwegigsten Phantasien eines Massenexodus aus der dritten Welt, der Allgegenwart von Terrorismus mitten in Europa, der globalen Wiedererstarkung nationalstaatlicher Begehrlichkeiten, der völligen Entfremdung des Volkes von den Institutionen seiner demokratisch gewählten Vertreter, oder, oder, oder - sind längst Bestandteile einer bizarr überhöht wirkenden Realität geworden. Einer Realität, deren einziger gemeinsamer Nenner, der Neoliberalismus, ein weltumspannendes und alternativlos scheinendes Bekenntnis zum MARKT ertrotzt hat. Kriege, Katastrophen, private und politisch motivierte Fanale durchströmen schlaglichtartig die Liveticker einander zitierender, aushebelnder und relativierender Medien in unfassbarer Geschwindigkeit... Nichts scheint mehr unmöglich, die Realität scheint jegliche Utopie unweigerlich zu toppen...In dieser Gemengelage einen Visionär wieder neu zu erfinden, dessen Utopie für ein altes Europa unsere Kultur retten und die Bedürfnisse Aller in ganz Europa erfassen kann, erschien uns absolut folgerichtig. Wir freuen uns darauf, mit ihm in den Kampf für dieses Europa zu ziehen, das es auch aus unserer Sicht zu erhalten gilt...

Wir freuen uns sehr auf dieses Abenteuer!  

Foto:
©Verleih

Info:

Besetzung
Mux: Jan Henrik Stahlberg
Vera: Bettina Hoppe
Rike: Sophie Roeder
Karsten: Tilman Vellguth
Mechthild: Henriette Simon

Stab
Regie: Jan Henrik Stahlberg
Drehbuch: Jan Henrik Stahlberg

Deutschland 2024
Länge: 99 Min.
Sprachfassung: deutsch
Format: 1,85:1 Flat, 4k
FSK: 12
Ton: 5.1