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Kategorie: Film & Fernsehen
emilSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 19. Juni 2025, Teil 4

Phil Meyer

Zürich (Weltexpresso) - In der intensiven und detaillierten Vorbereitungszeit von mehr als einem Jahr tauchte ich tief in das Leben und Schaffen Emil Steinbergers und seiner Frau Niccel ein. Mein Ziel war es, einen Dokumentarfilm zu realisieren, der nicht nur die beeindruckenden Errungenschaften von Emil zeigt, sondern auch die Persönlichkeit hinter dem öffentlichen Bild beleuchtet, und ihm und seiner Lebensgefährtin gerecht wird.


Die Initialzündung für dieses Projekt war ein eher spontanes Unterfangen. Gemeinsam mit meinem engen Freund und Kameramann, Elmar Bossard, sass ich im Zug nach Basel, getrieben von der Vorfreude und dem leichten Nervenkitzel hinsichtlich unseres kurzfristigen Treffens mit Emil und Niccel Steinberger. Durch eine Reihe glücklicher Zufälle und unvorhergesehener Wege gelang es uns, Kontakt zu dem Paar aufzunehmen, was von einem spürbaren, gemeinsamen Interesse an einer filmischen Aufarbeitung ihres Lebenswerks begleitet wurde.

Die Fahrt im Zug war geprägt von einer Mischung aus Erwartung und Unsicherheit. Welche Art von Menschen würden wir treffen? Obwohl mir Emils Werk bekannt war und ich wusste, dass meine Eltern zu seinen großen Bewunderern zählten, hatte ich nur eine vage Vorstellung von dem Menschen hinter der bekannten Bühnenfigur. Im Basler Café wurde wir von Emil und Niccel herzlich und entspannt begrüsst. Sofort spürten wir eine wohlwollende Chemie und eine tiefe Verbundenheit im Geiste der Unterhaltung und des Geschichtenerzählens.

Als Filmemacher sehe ich mich in der Rolle, Menschen mit Erzählungen zu fesseln und ihnen Geschichten näher zu bringen. Die ersten Anekdoten aus Emils Leben faszinierten mich vollends und öffneten die Tür zu einem Universum, das es zu erkunden galt.

Warum ich einen Film über Emil machen wollte? Eine Frage, die ich nach einem Jahr Recherche schnell beantworten konnte. Ich erkannte in Emil eine Wundertüte aus unterschiedlichen Talenten. Einen Menschen, der sich für alle grossen Themen im Leben interessiert, sei es in der Wirtschaft, Kultur oder Politik. Einen Menschen, dessen Mut ansteckend ist. Auch wenn es mir gegenüber hiess: „Spinnst du? Das kann nicht funktionieren,“ (ein Satz, den ich in meiner Vergangenheit selbst schon oft hören musste), Emil hat mir von Anfang an das Gefühl gegeben, dass ich es wagen kann. Ich kann mit meinen Ideen und meiner Herangehensweise seine Geschichte erzählen.

Emil steht für den Mut, Dinge anzupacken und umzusetzen. Dieser Mut inspirierte mich und beeinflusste meine Herangehensweise stark. Ich schöpfte neue Energie und entwickelte innovative, unkonventionelle Methoden, um diesen Film sowohl inhaltlich als auch produktionstechnisch zu gestalten. Es war der Beginn einer unglaublichen Reise, die von kreativem Mut und Neugier geprägt war.

Die größte Herausforderung während des Produktionsprozesses war, einen sensiblen und unabhängigen Film über eine Person zu drehen, die eigene Erwartungen und Perspektiven hat. Um das notwendige Vertrauen aufzubauen und zu erhalten, waren fast tägliche Abstimmungen und eine Vielzahl an Umsetzungsstrategien erforderlich. Emil, der seit seinem Karrierestart im Showgeschäft als One-Man-Show fungiert, brachte nicht nur eine Fülle an positiven Erfahrungen, sondern auch negative Erfahrungen mit. Die Angst zu scheitern oder die Kontrolle zu verlieren, stellte eine zusätzliche emotionale Herausforderung dar, ganz zu schweigen vom Druck, einen Film über eine Person zu machen, der potenziell das Wesen dieser Person für immer definieren könnte.

Zu Beginn unserer Dreharbeiten haben mein Kameramann und ich uns darauf konzentriert, Emil und Niccel Steinberger in ihrem Alltag zu beobachten, ohne direkt einzugreifen. Diese Methode erlaubte es uns, authentische Momente einzufangen, die oft in den scheinbar banalen Alltagssituationen verborgen liegen. Meine Strategie, Emil vor der Kamera sein zu lassen, ohne explizite Regieanweisungen zu geben, war entscheidend. Dadurch konnte Emil sich allmählich von der Rolle lösen, die er über sechs Jahrzehnte in den Medien gespielt hat, und einfach er selbst sein. Diese Herangehensweise hat es uns ermöglicht, den "echten" Emil Steinberger zu zeigen – fernab von den Erwartungen und Rollen, die die Öffentlichkeit möglicherweise von ihm hat.

Durch zahlreiches Filmmaterial (46 Drehtage) und das Eintauchen in Emil und Niccels Archive konnten wir eine narrative Tiefe erreichen, die ohne das gegenseitige Vertrauen und die Offenheit unserer Protagonisten nicht möglich gewesen wäre. Die daraus resultierenden Aufnahmen sind nicht nur detailliert, sondern auch tief menschlich und vereinen Humor, Inspiration und eine berührende Melancholie.

Emils Humor ist subtil, intelligent und spiegelt oft die Ironie des Alltags wider. Um diesen speziellen Humor authentisch einzufangen, haben wir besonderen Wert daraufgelegt, Situationen zu filmen, in denen sein natürliches Talent für Komik und sein scharfsinniger Blick auf die Welt zum Vorschein kommen. Wir wollten sicherstellen, dass das Publikum im Kino nicht nur Emils Lebensgeschichte sieht, sondern auch seinen einzigartigen Humor erlebt, der so viele Menschen begeistert und berührt. Es soll gelacht werden!

Szenen aus über 100 Stunden unveröffentlichten privaten Filmaufnahmen (entstanden zwischen 1994 und 2014), die einen noch nie da gewesen Einblick in Emils persönliches Leben bieten, durften wir für den Film verwenden. Diese Aufnahmen ermöglichen es dem Publikum, tiefer in Emils Welt einzutauchen und Momente zu erleben, die bisher unbekannt waren. Sie schaffen eine intime Atmosphäre und bringen das Publikum direkt ins Herz von Emils Lebensgeschichte.

Phil Meyer