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Kategorie: Film & Fernsehen

beuleSerie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. September 2025, Teil 4

Christel Schmidt

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Dieser Film ist sowas wie ein Systemsprenger. Auf mehreren Ebenen. Zum einen ist ‚Beule - Zerlegt die Welt‘ nicht im Filmfördersystem, also ohne Fördermittel entstanden. Das allein ist schon absolut ungewöhnlich und höchst respektabel! Frei und unabhängig ist er auch in seiner Erzählform. Beule lässt sich nicht in der Systematik der Genrefilme verorten. Er ist freche Komödie, Trash mit Horror-Elementen (eine Axt spielt eine große Rolle), zartes Liebesdrama und überdreht-absurdes Theater in einem.


Manchmal leichtfüßig, manchmal mit schwerem Gerät, überspringt er die Grenzen der glattgebügelten Dramaturgie. Das holpert und rumpelt natürlich auch ganz ordentlich, und oft ist es einfach too much. Aber hey, langweilig ist es jedenfalls nicht.

Und bei allem Klamauk geht es auch um die großen, existenziellen Gefühle. Um Liebe und Verzeihen. Um Verletzungen und Vertrauen, Um Männerfreundschaft und Schwangerschaftshormone. So was halt.

Der Anfang ist detailverliebt im Stil von ‚Die wunderbare Welt der Amelie‘ gestaltet. Im Off-Kommentar erklärt uns der Titelheld Beule, dass er eigentlich ein friedliebender Mensch ist; nur manchmal eben, manchmal, wenn er richtig wütend ist, da muss er etwas mit der Axt zerlegen. Am liebsten Zigarettenautomaten, weil die ja eh keinen positiven Beitrag für die Menschheit leisten. So einer ist Beule. Auch in seiner verzweifelten Zerstörungswut will er ja eigentlich keinen Schaden anrichten. Er weiß sich halt nicht anders zu helfen.

Beule heißt eigentlich Olli, und er lebt mit Anja zusammen. Glücklich und zufrieden, wie er denkt. Aber Anja möchte ein Kind, und das passt nicht in Ollis Leben, der Boote repariert, und bei prekärer Auftragslage (und die gibt es öfter) mit seinen beiden Freunden oft monatelang auf den Weltmeeren rum schippert. Gefällt ihm eigentlich alles ganz gut so. Soll bitte so bleiben. Aber dann wird Anja tatsächlich schwanger, und die Hormone verwandeln die sanfte Schöne in ein erbarmungsloses Biest, das ausrastet, wenn es nicht sofort sein Erdbeereis bekommt. Das macht Beule ziemlich fertig. Bei einem seiner vielen Erdbeereis Beschaffungsgänge tröstet er sich mit der jungen, hübschen Tankstellenverkäuferin Mia.

Aber zwei Frauen, die nichts voneinander wissen, zwei cholerische Freunde, die nicht unbedingt deeskalierend wirken, Anjas Ex und Ollis Bruder ergeben eine dermaßen explosive Mischung, die noch nicht mal die sensationelle Therapeutin Frau Milewski mit ihren magischen Kräften unter Kontrolle bringen kann. Ab jetzt ist die Story eh völlig abgedreht, und irgendwie auch egal, und man kann sich völlig dem überbordend spielfreudigen, und im wahrsten Sinne des Wortes spielwütigen, Ensemble überlassen: Max Giermann, Julia Hartmann, Nilam Faroq - und allen voran natürlich Janek Rieke, der nicht nur die Hauptrolle spielt, sondern auch das Drehbuch geschrieben, und Regie geführt hat. Herausgekommen ist eine anarchisch bunte, sehr ungewöhnliche Mischung, die vieles zu bieten hat, Fein- und Hintersinn aber großräumig umfährt. Wer sich auf die Jahrmarkt ‚Hau-den-Lukas‘ Atmosphäre einlässt, wird sich in den prall gefüllten 79 Minuten jedenfalls nicht einen Moment langweilen.


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Info:
Besetzung
Olli „Beule“ Schröder     JANEK RIEKE
Anja      JULIA HARTMANN
Maike Milewski      FREYA TRAMPERT
Richard Schröder / Martin Jansen      MAX GIERMANN
Mia Petersen.     NILAM FAROOQ
Kalle Maschine Memering GERDY ZINT
Henning Henno Stein DAVID BREDIN
Sören von Heesen DANIEL MICHEL
Naila Petersen SIIR ELOGLU
Lorenz Hieronymus HANS LÖW
Rebecca Rolff THELMA BUABENG

Stab
Regie, Drehbuch JANEK RIEKE

Länge: 109 Minuten