
Redaktion
Berlin (Weltexpresso) - Wie sind Sie zu GANZER HALBER BRUDER gekommen? Was hat Ihnen an dem Stoff gefallen?
Christoph Maria Herbst: Meine Agentur erhielt die Anfrage, und das Buch begeisterte mich. Einen Saulus zu spielen, der zum Paulus wird, war für mich zwar nicht ganz neues Terrain. In dieser figürlichen und situativen Konstellation war es aber besonders reizvoll.
Wie würden Sie die Figur beschreiben, die Sie in GANZER HALBER BRUDER spielen? Was war daran einladend für Sie und vor allem: Was war neu, was war die Herausforderung?
Christoph Maria Herbst: Ich spiele den ganzen halben Bruder. Allein das klingt schon so widersprüchlich und unmöglich, dass es mein Interesse weckte. Die Aussicht, mit einem Kollegen zu spielen, der ganz besondere Fähigkeiten und eine Beeinträchtigung hat, war zusätzliche Stimulanz.
Über die größte Strecke des Films spielen Sie an der Seite von Nico Randel, einem jungen Mann mit Trisomie 21. Was wussten Sie über diese Beeinträchtigung, inwiefern dachten Sie, würde das Spiel mit einem Spielpartner mit Trisomie 21 anders werden? Was waren Ihre Erwartungen?
Christoph Maria Herbst: Ich kannte bereits Menschen mit dem sogenannten Down-Syndrom. Insofern bin ich weniger mit Erwartungen als mit Vorfreude in die Dreharbeiten gegangen. Ich weiß, dass das für Nicht-Behinderte schon sehr fordernd sein kann. Ich habe es als Herausforderung empfunden. Spätestens in einer solchen Arbeit lernst du zu improvisieren und zu extemporieren.
Wie war das Kennenlernen mit Nico? Wie haben Sie ihn erlebt?
Christoph Maria Herbst: Wir gingen Eis essen. Als Schiedsrichter war unser Regisseur dabei. Der Ort war gut gewählt, da Nico und ich beide für unser Leben gern Eis essen. Bei Schoko, Vanille und Erdbeere flutschte unser erstes Treffen wie von selbst und war regelrecht süß.
Und jetzt natürlich: Wie war der Dreh mit ihm? Haben sich Ihre Erwartungen erfüllt? Was können Sie erzählen?
Christoph Maria Herbst: Wir hatten eine großartige Zeit zusammen und am Ende flossen viele Tränen. Nicos ungefiltert-unverstellte Art war eine wunderbare Erfahrung für mich in einer Branche, die sich allzu gerne und oft selbst inszeniert und sich um sich selbst dreht.
Wie haben Sie den Dreh insgesamt erlebt? Was war am schwierigsten? Und was ist Ihre bleibende Erinnerung?
Christoph Maria Herbst: Film ist auch Verabredung, weil alle Gewerke wissen müssen, was passieren wird. Ich würde lügen, würde ich behaupteten, Nico hätte sich immer an jede noch so kleine Verabredung gehalten. Das Ergebnis war aber oft neue Ideen und neue Ansätze, die sein bauchgesteuertes Spiel hervorbrachten. Ich kann jedem Verkopften nur wünschen, diese Erfahrung mal zu machen.
Ein weiterer wichtiger Mitstreiter: Hanno Olderdissen, mit dem Sie zum ersten Mal zusammengearbeitet haben. Wie haben Sie ihn als Regisseur erlebt? Wie war die Arbeit mit ihm?
Christoph Maria Herbst: Es war unglaublich, wie Hanno sich reingehängt hat. Er war der wahre Ganze halbe Bruder. Sein Verhältnis zu Nico war von besonders viel Empathie und Zuneigung geprägt.
In Ihren Worten: Worum geht es in GANZER HALBER BRUDER? Was sind die Themen? Warum liegen sie Ihnen am Herzen?
Christoph Maria Herbst: „Don’t judge a book by its cover“ fällt mir als Erstes ein. Ein Materialist wird zum Idealisten. Es ist eine herrliche Buddy-Tragikomödie, die uns höchst unterhaltsam und gefühlvoll vor Augen führt, was eigentlich im Leben wichtig ist.
Abschließend die offensichtlichste aller Fragen: Was ist Ihre Lieblingsversion von „Sunny“ (und warum)?
Christoph Maria Herbst: Das Original. Ohne das wären alle anderen Versionen nicht denkbar oder lediglich Hülsen.
Foto:
©Verleih
Info:
GANZER HALBER BRUDER
Deutschland 2025, 102 Minuten
Regie Hanno Olderdissen
Drehbuch. Clemente Ferndandez-Gil
Mit
Christoph Maria Herbst, Nico Randel, Sesede Terziyan, Tristan Seith, Martin Brambach, Michael Ostrowski, Tanja Schleiff, Rudolf Kowalski u.a.
Abdruck aus dem Presseheft