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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. September 2025, Teil 4

Margarete Ohly-Wüst

One Battle1Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ghetto Pat (Leonardo DiCaprio) hat zusammen mit Perfidia Beverly Hills (Teyana Taylor) und einigen Anderen vor 16 Jahren in einer revolutionären Gruppe namens ″French 75″ gekämpft. Ihre bekannteste Tat war die Befreiung von 200 Häftlingen aus den Fängen des skrupellosen United States Immigration and Customs Enforcement (ICE). Die Einheit stand unter der Leitung von Colonel Steven J. Lockjaw (Sean Penn). Dabei kreuzten sich die Wege von Perfidia und dem Colonel zum ersten Mal.


Der wird von da an zu einem obsessiven Verfolger der Gruppe, dessen Besessenheit sich sogar in sexuelle Spiele mit der ihre Macht über den Mann genießenden Perfida steigert. Selbst als Perfidia eine Tochter namens Willa bekommt, wird sie nicht ruhiger. Während Pat sich sehr viel mehr für das Baby verantwortlich fühlt, kämpft sie weiter für die Revolution – bis ein Banküberfall aus dem Ruder läuft und Perfidia zur Verräterin wird.

Nach dieser Aktion werden viele Mitglieder der Gruppe verhaftet und Pat muss mit zusammen mit Willa fliehen. Er lebt danach unter dem Namen Bob Ferguson in der kleinen amerikanischen Wüstenstadt Baktan Cross, die auch ein sicherer Hafen für viele illegale Einwanderer ist.

Bobs Tochter Willa (Chase Infiniti) ist jetzt 16 Jahre alt und Schülerin, sie trainiert regelmäßig beim Karate-Lehrer Sensei Sergio St. Carlos (Benicio del Toro), einen alten Weggefährten von Bob. Ferguson ist heute deutlich weniger revolutionär. Völlig paranoid sitzt er in seinem abgeschiedenen Zuhause ohne Handy und Computer und dröhnt sich regelmäßig mit Alkohol und Marihuana zu, denn er fürchtet, dass es der damalige ICE-Colonel Steven J. Lockjaw immer noch auf ihn abgesehen hat und ihm aus Rache nach seinem Leben trachtet.

Lockjaw ist komplett nach rechts abgedriftet und mochte Teil der weißen, rassistischen ″Christian Adventurer Club″-Miliz werden. Dazu muss er sich einigen Fragen unterziehen, die er allerdings nicht ganz wahrheitsgemäß beantwortet. Außerdem ist eine Hintergrundüberprüfung erforderlich. Da er es sich ganz sicher nicht leisten kann, dass irgendwo möglicherweise ein Beweis existiert, dass er mal Sex mit einer Schwarzen hatte, will er Willa unbedingt finden.

One Battle2Bob dagegen legt Wert darauf, dass Willa immer ein Funkgerät mitnimmt, um von ihm geortet zu werden. Als dann aber beim Schulball plötzlich Bobs alte Kampfgefährtin Deandra (Regina Hall) auftaucht und Willa mitnimmt, ist das keine Sekunde zu früh, denn der Colonel überfallt rücksichtslos mit seinen Soldaten die High-School und versucht mit allen Mitteln das Mädchen zu finden.

Doch als Willa nicht nach Hause zurückkehrt, macht sich der sichtlich zugedröhnte Bob auf den Weg, um seine Tochter zu suchen und möglichst vor dem Colonel zu finden. Dummerweise hat er durch seinen Drogenkonsum so ziemlich alle Passwörter vergessen. Dadurch sind seine alten Kameraden der Widerstandsgruppe nicht bereit, ihm über das Telefon wichtigen Informationen zu geben, so dass er nicht auf Hilfe von außen hoffen kann.

Deshalb macht er sich allein zusammen mit seinem alten Freund Sensei Sergio auf die Suche nach Willa, allerdings muss der erst einmal dafür sorgen, dass die vielen illegalen Einwanderer, die er versteckt, durch einen Tunnel in Sicherheit gebracht werden.

Ferguson muss jetzt schnell nüchtern werden und alles daransetzten seine Tochter zu finden und in Sicherheit zu bringen. So startet Bob mit Sergio St. Carlos eine turbulente Rettungsaktion. Doch zum Glück weiß auch die taffe junge Frau seit vielen Jahren, dass ein solcher Tag kommen könnte und sie hat noch ein paar Tricks auf Lager, mit denen sie sich sehr gut selbst verteidigen kann…


″One Battle After Another″ ist eine Actionkomödie von Regisseur Paul Thomas Anderson, der auch selbst das Drehbuch verlasst hat, basierend auf dem Roman ″Vineland″ (1990) von Thomas Pynchon, der allerdings nur als Grundlage dient, denn der Film weicht recht grundlegend von der Buchvorlage ab. Paul Thomas Andersons Vater-Tochter-Geschichte in einer politisch aufgeladenen, gleichzeitig aber ironisch verspielten Botschaft ist dabei aber voller Volten. Der jederzeit passende Score stammt von Jonny Greenwood, der bereits bei ″Licorice Pizza″ (2021) mit Paul Thomas Anderson zusammen gearbeitet hat. Für die Kamera ist Michael Bauman verantwortlich, der u.a. als ″director of photography″ bei Filmen wie ″Iron Man″ (2008) oder ″Le Mans 66 - Gegen jede Chance″ (2019) mitgearbeitet hat.

″One Battle After Another″ ist ein atemlos inszenierter Thriller, der sich nur schwer einem Genre zuordnen lässt, der aber die Balance zwischen anspruchsvoll und unterhaltsam perfekt trifft. Auch wenn die Tragikomödie sich nicht unbedingt zeitlich einordnen lässt, ist hier ganz sicher ein Film über die USA entstanden, in der vieles von Angst, Paranoia und Machthunger angetrieben wird und in dem unglaubliche Dinge ohne Widerspruch zu sehen sind. Denn wirklich normal verhalten sich hier die wenigsten, ganz sicher nicht Colonel Steven Lockjaw oder die weiße rassistische Verbindung, in denen er Mitglied werden will, aber auch nicht die Revolutionäre vor 16 Jahren, die zwar hehre Absichten hatten, aber dann letztendlich doch über das Ziel hinausgeschossen sind. Allerdings kann man den Film, da keine konkrete Zeitangabe macht, als einen Thriller interpretieren, der heute oder in der unmittelbar bevorstehenden Zukunft spielt.

One Battle3Dies klingt sehr politisch und bedrückend, besonders wenn man Szenen sieht, in denen Lockjaw mit einer Armee an schwer bewaffneten Polizisten und Soldaten unter dem Vorwand einer Drogen- und Immigrantenrazzia ohne große Diskussion eine amerikanische Kleinstadt übernimmt. Wenn die Soldaten die Angestellten einer Hähnchen-Nuggets-Fabrik festsetzen oder mit Sturmgewehren sogar den Schulball stürmen und anschließend Minderjährige ohne Erwachsene befragen, erinnert das doch sehr deutlich an neue Aufnahmen der Einsätze der Einwanderungbehörde und man fühlt sich an die augenblickliche Realität in den USA erinnert.

Besonders eine Szene, in der vermummte Provokateure aus den Reihen der Polizei mit dem Wurf von Molotov-Cocktails für eine Eskalation sorgen und damit die friedlich verlaufenden Proteste der Bevölkerung mit Knüppeln und Tränengas niederzuschlagen, ist das ein außerordentlich deutliches politisches Statement.

Trotz dieses erschreckend realistischen Szenen schafft der Regisseur eine perfekte Balance zwischen anspruchsvoll und unterhaltsam. Denn der Film ist nicht nur in seinen Visionen erschreckend, sondern er ist gleichzeitig auch umwerfend komisch, da Anderson einige Szenen herrlich satirisch überspitzt – und das gilt nicht nur für den selten dämlichen Namen ″Christian Adventurer Club″ der rassistischen Untergrundorganisation und deren Statements, bei dem Lockjaw unbedingt Mitglied werden will.

Zu den Highlights gehören sicher auch die Szenen in denen kurz vor Schluss drei Autos mit lautem Motor hintereinander eine ewig lange Wüstenstraße entlang fahren, die aus hohen Anhöhen und tiefen Senken besteht, so dass man als Mitfahrer immer nur bis zur nächsten Bodenwelle sehen kann, bis es dann zu einer Situation kommt, mit der man als Zuschauer so nicht gerechnet hat.

Neben dem Drehbuch und den Actionszenen sind auch die Hauptdarsteller ein wichtiger Grund, weshalb der Film so hervorragend funktioniert. Leonardo DiCaprio spielt der ehemaligen bombenlegenden Revolutionär und verpeilten Kiffer Bob Ferguson einfach hervorragend. Dabei sind immer wieder kleine Szenen, in denen man als Zuschauer nur lächelnd den Kopf schütteln muss, wenn er z.B. versucht seine ehemaligen Mitverschworenen zu erreichen, er aber regelmäßig am vergessenen Passwort scheitert. Daneben ist auch Benicio Del Toro als Karate-Lehrer und heimlicher Schleuser von Migranten in seiner Nebenrolle immer wieder ein Szenedieb.

Bobs Gegenspieler Colonel Steven J. Lockjaw wird in einer seiner besten Rollen seit Jahren vom zweifachen Oscarpreisträger Sean Penn gespielt. In seiner Darstellung ist der Colonel sowohl lächerlich als auch brand gefährlich. Er mag i´mit seinem steifen Gang lächerlich wirken und auch sprechen, doch seine Handlungen sind keineswegs lächerlich, sondern er bleibt jederzeit ein furchterregender Bösewicht, der erschreckend viel Macht hat und die auch ohne Bedenken ausnutzt, um sein Ziel zu erreichen.

One Battle4Von den weiteren Darstellern sticht vor allem noch Chase Infiniti als Willa Ferguson in ihrer ersten Kinorolle heraus. Sie spielt Willa als eine junge Frau, die nicht nur aus eine Familie mit einer langer Tradition als Revolutionäre stammt, sondern auch letztendlich in der Lage ist, sich selbst zu helfen.

Insgesamt greift ″One Battle After Another″ nicht nur viele aktuelle Themen auf, sie werden auch spannend, witzig, brillant gespielt und hervorragend musikalisch untermalt dargeboten. Der Thriller zeigt neben dem absurden Humor, den politischen Aussagen und der fantastischen Action auch eine besonders emotionale Vater-Tochter-Beziehung. Auch wenn der Film 162 Minuten lang ist, ist er in keiner Minute langweilig. Es lohnt deshalb unbedingt, sich den Film im Kino anzusehen.

Foto 1: Leonardo DiCaprio als Bob Ferguson © Warner Bros. Pictures
Foto 2: Teyana Taylor als Perfidia and Sean Penn als Col. Steven J. Lockjaw © Warner Bros. Pictures
Foto 3: Chase Infiniti als Willa Ferguson and Regina Hall als Deandra © Warner Bros. Pictures
Foto 4: Benicio del Toro als Sensei Sergio St. Carlos © Warner Bros. Pictures

Info:
One Battle After Another (USA 2025)
Originaltitel: One Battle After Another
Genre: Tragikomödie, Action
Filmlänge: ca. 162 Min.
Regie: Paul Thomas Anderson
Drehbuch: Paul Thomas Anderson
Basiert auf dem Roman ″Vineland″ (1990) von Thomas Pynchon
Darsteller: Leonardo DiCaprio, Sean Penn, Wood Harris, Regina Hall, Teyana Taylor, Alana Haim, D. W. Moffett, Chase Infiniti, Shayna McHayle, Brenda Lorena Garcia, Benicio del Toro u.a.
Verleih: Warner Bros. Pictures Germany
FSK: ab 16 Jahren
Kinostart: 25.09.2025