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Kategorie: Film & Fernsehen

SSpringsteen Nowhere1erie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 23. Oktober 2025, Teil 1

Margarete Ohly-Wüst

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Anfang der 1980er Jahre ist der Rockmusiker Bruce Springsteen (Jeremy Allen White) 32 Jahre alt und nach fünf veröffentlichten Alben inzwischen vor allem in Amerika schon ein ziemlich bekannter Musiker. Allerdings ist er am Ende der zwölfmonatigen Tour zusammen mit seiner Begleitband E Street zum Album ″The River″ ausgepumpt. Jetzt hat er über einen Freund ein Haus in Colts Neck in New Jersey gemietet, denn er braucht Ruhe und möchte auch neue Songs schreiben.


Natürlich gefällt das seinem Plattenboss Al Teller (David Krumholtz) überhaupt nicht, denn der möchte am liebsten noch ganz schnell weitere ähnliche Lieder wie die alten haben. Doch Springsteens Manager Jon Landau (Jeremy Strong) steht fest hinter dem Musiker.

In der Einsamkeit des Hauses fängt Bruce an, seine Gedanken in Worte zu fassen. Inspiriert wird er dabei vom von Terrence Malick’s Filmklassiker Badlands – Zerschossene Träume″ (1973) – über den 1950er Jahre Killer Charles Starkweather (mit Martin Sheen) -, den Stories der amerikanischen Schriftstellerin Flannery O’Connor und den Erinnerungen an die eigene Kindheit, fängt er an, persönliche und düstere Songs zu schreiben. Die eigenen Erinnerungen werden auch dann wieder verstärkt, wenn er am leerstehenden Haus seiner Kindheit in Freehold, New Jersey in einer Arbeiter-Gegend vorbeifährt, denn seine Eltern leben jetzt in Kalifornien.

Während des Komponieren und Schreibens denkt er immer wieder an seine eigene Kindheit (als Kind: Matthew Anthony Pellicano) und sein angespanntes Verhältnis zu seinem alkoholkranken Vater Douglas 'Doug' (Stephen Graham) und seiner liebevollen Mutter Adele Springsteen (Gaby Hoffmann) zurück.

Springsteen Nowhere2Während er in der örtlichen Bar mit Freunden Gigs spielt oder sich mit der jungen Faye (Odessa Young), die die jüngere Schwester eines Klassenkameraden ist, und deren Tochter Hayley trifft, arbeitet er weiter an seinen Songs.

Er bittet seinen Gitarren-Techniker Mike Batlan (Paul Walter Hauser) zu ihm nach Hause zu kommen und als Toningenieur die Lieder mit minimalem Equipment im eigenen Schlafzimmer aufnehmen. Er hat nur eine Vierspur-Recorder und seine Akustik-Gitarre und eine Mundharmonika.

Neben der Arbeit an den neuen Songs versucht er auch mit sich selbst ins Reine zu kommen. Als er die Lieder zusammen mit seiner E Street Band in einem großen Aufnahmestudio aufnehmen will, merkt er, dass das nicht der Sound ist, den er haben will. Er treibt sein Studioteam inklusive Produzent Chuck Plotkin (Marc Maron) und Gitarren-Techniker und Toningenieur Mike Batlan (Paul Walter Hauser) sowie Jon Landau beinahe zur Verzweiflung.

Jon Landau wird es dann aber schaffen, Al Teller zu überzeugen, dass das Album, das ″Nebraska″ getauft wird, dann doch so erscheinen wird, wie es Bruce Springsteen verlangt hat: Es wird weder eine Promotion noch eine Tour oder sein Bild auf dem Cover geben.

Was zuerst wie eine Bankrotterklärung aussieht, wird für Bruce Springsteen zum ersten Schritt aus seiner Depression und hin zur Weltkarriere, denn ″Nebraska″ wird eines seiner erfolgreichsten Alben werden. Allerdings wird der Song ″Born in the USA″ ausgekoppelt werden und auf einem späteren Album in der bekannten Formation erscheinen…


Springsteen Nowhere3″Springsteen: Deliver Me from Nowhere″ ist eine Musikbiografie von Regisseur und Drehbuchautor Scott Cooper. Der Film basiert auf dem Sachbuch Deliver Me From Nowhere: The Making Of Bruce Springsteen’s Nebraska (2023). Für das Sachbuch hat der Musikjournalist Warren Zane, der seit längerer Zeit mit Springsteen befreundet ist, lange Gespräche mit den Sänger geführt. Springsteen selbst hat ist seiner eigenen Biografie diese Zeit als er die Songs zu ″Nebraska″ geschrieben und eingespielt hat, nur kurz gestreift.

Der Regisseur kommt mit seinem Drehbuch vermutlich recht nahe an die Wahrheit, denn Bruce Springsteen und auch Jon Landau haben eng mit Cooper zusammen gearbeitet. Sie sollen auch häufig während des Drehs persönlich mit am Filmset gewesen sein. Die Filmmusik komponierte Jeremiah Fraite von der Folk-Band The Lumineers. Kameramann war Masanobu Takayanagi.

Scott Cooper hat dabei den Film nur auf eine kurze Zeit in Bruce Springsteens Leben beschränkt, nämlich auf die Zeit von Ende 1981 bis zur Fertigstellung des ″Nebraska″-Albums. Das sechste Studioalbum mit insgesamt 10 Songs war größtenteils am 3. Januar 1982 von Springsteen alleine in seinem Schlafzimmer in Colts Neck (zusammen mit dem Toningenieur Mike Batlan) mit dem Vierspurtonbandgerät Tascam Portastudio nur mit Gesang, meistens Akustik-Gitarre und Mundharmonika aufgenommen worden. Das Album wurde dann im September 1982 veröffentlicht.

Die Lieder des Albums werden im Laufe des Films immer persönlicher und zeichnen sich dabei durch eine depressive Grundstimmung aus, die man auch in den Texten erkennen kann. Neben persönlichen Erinnerungen – vor allem von der komplexen Beziehung zu seinem Vater - berichten die Songs vor allem über Schicksalsschläge und Verzweiflungshandlungen von den Menschen seiner Umgebung.

Springsteen Nowhere4Der Dreh- und Angelpunkt des Films ist Jeremy Allen White in der Titelrolle. Es ist völlig uninteressant, ob White seiner Figur ähnlich sieht. Er ist in der Lage, sehenswert die depressiven Probleme des Musikers darzustellen. Er spielt Springsteen als einen rauen Charakter - regelmäßig gekleidet in kariertem Flanellhemd, Jeans und Lederjacke - als einen Mann, der körperlich von seinen Dämonen belastet wird (woher die kommen, wird auch immer wieder in den in schwarz-weiß gehaltenen Rückblicken angedeutet).

Jeremy Strong spielt Springsteens Manager Jon Landau, der zwar immer wieder zwischen den Interessen des Musikers und den Plattenbossen und den Mitarbeitern des Aufnahmestudios vermitteln muss, der aber aber auch immer 100%ig hinter dem Musiker und den in Düsternis versinkenden Freund steht, um den er sich immer mehr sorgt.

Eine dritte wichtige Rolle spielt Odessa Young als Kellnerin und alleinerziehende Mutter Faye Romano, mit der Springsteen parallel eine Beziehung beginnt. Die er aber dann aber auch wieder beendet, weil er denkt, dass er Faye und ihre Tochter nur weiter in den Abgrund zieht. Faye Romano ist übrigens keine reale, sondern eine erfundene Person.

Paul Walter Hauser spielt in einer kleinen Rolle den Gitarren-Techniker und Springsteens guten Freund Mike Batlan, der dem Musiker bei seinen Aufnahmen zu ″Nebraska″ in dessen Haus geholfen hat.

Springsteen Nowhere5Insgesamt ist ″Springsteen: Deliver Me from Nowhere″ ein Musiker-Biografie, die sich nur auf einen kurze Zeitraum des Darzustellenden bezieht, ähnlich wie es auch James Mangold in dem Biopic über Bob Dylan ″Like a Complete Unknown″ (2024) gemacht hat, die sich ja auch nur auf die Zeit zwischen 1961 und 1965 beschränkt. Auch wenn der Film wegen des anspruchsvollen Themas Depression in der zweiten Filmhälfte leider etwas abfällt, haben es Regisseur und Hauptdarsteller geschafft, ″Springsteen: Deliver Me from Nowhere″ zu einem sehenswerten Film über den Menschen hinter der Rocklegende zu machen. Es lohnt, trotz der leisen Kritik, sich den Film – egal ob man ein Bruce Springsteen Fan ist oder auch nicht – im Kino anzusehen.

Foto 1: Jeremy Allen White als Bruce Springsteen © 2025 20th Century Studios
Foto 2: Jeremy Allen White als Bruce Springsteen und Odessa Young als Faye Romano © 2025 20th Century Studios
Foto 3: Jeremy Allen White als Bruce Springsteen © 2025 20th Century Studios
Foto 4: Jeremy Allen White als Bruce Springsteen und Jeremy Strong als Jon Landau © 2025 20th Century Studios
Foto 5: Jeremy Allen White als Bruce Springsteen © 2025 20th Century Studios

Info:
Springsteen: Deliver Me from Nowhere (USA 2025)
Originaltitel: Springsteen: Deliver Me from Nowhere
Genre: Biopic, Musik
Filmlänge: ca. 115 Min.
Regie: Scott Cooper
Drehbuch: Scott Cooper
basierend auf dem Sachbuch Deliver Me From Nowhere: The Making Of Bruce Springsteen’s Nebraska (2023) des Musikjournalisten Warren Zane
Darsteller: Jeremy Allen White, Jeremy Strong, Paul Walter Hauser, Stephen Graham, Odessa Young, Gaby Hoffman, Marc Maron, David Krumholtz, Harrison Sloan, Lynn Adrianna Freedman, Grace Gummer, Matthew Anthony Pellicano Jr. u.a.
Verleih: Walt Disney Pictures Germany / 20th Century Studios
FSK: ab 12 Jahren
Kinostart: 23.10.2025