Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 30. Oktober 2025, Teil 13Mila Teshaieva und Marcus Lenz 
Berlin (Weltexpresso) - Im März 2022 kamen wir in jenem Moment nach Butscha, als die russische Armee aus der Stadt zurückgedrängt wurde. Es war der Tag, an dem die Überlebenden vorsichtig ihre Verstecke verließen und die begangenen Kriegsverbrechen in ihrem ganzen Ausmaß sichtbar wurden. Unsere Kamera hat diesen “Nullpunkt” festgehalten, einen Moment der Geschichte, der uns alle in einer anderen Welt aufwachen ließ. Eine Welt, in der sich jeder die existenzielle Frage stellen muss, was es bedeutet, Mensch zu sein.
Seither begleiten wir die Menschen von Butscha, deren Leben durch den Krieg radikal verändert wurde. Unser erster Film „When Spring Came To Bucha” wurde zu einer emotionalen Aufzeichnung des Lebens unmittelbar nach der Kriegskatastrophe. Im Dezember ‘22 kehrten wir in die Region Butscha zurück, um die erneut radikal veränderten Lebensumstände jener Menschen, die inzwischen zu Freunden geworden waren, zu dokumentieren. 2 ½ Jahre haben wir sie in ihrem nicht alltäglichen Alltag begleitet.
Als wir in Butscha zu drehen begannen, fürchteten wir, dass das Ausmaß der humanitären Tragödie unseren Glauben an die Menschlichkeit erschüttern könnte. Taras, Olga, Maxim und Anya haben das Gegenteil bewiesen. Bis heute zeigen sie Stärke und Unverwüstlichkeit und sind in der Lage, in den unerträglichsten Momenten Licht zu finden.
Als die täglichen Raketenangriffe und die endlose Reihe zurückkehrender Särge zur neuen Normalität wurden, begann die anfängliche Solidarität innerhalb der Gesellschaft zu bröckeln und Spaltungen breiteten sich aus. Das Gefühl einer riesigen Ungerechtigkeit auf verschiedenen Ebenen schien unerträglich und führte zu Konflikten auch innerhalb der ukrainischen Gesellschaft. Nachbarn wurden der Kollaboration mit den Russen beschuldigt, denn die Unmöglichkeit der wirklich Schuldigen habhaft zu werden war schwer zu ertragen. Und diejenigen, die sich als erste freiwillig zum Fronteinsatz gemeldet haben, fragten sich desillusioniert, warum sie ihr Leben riskierten, während andere zu Hause blieben.
Beginnend mit der Stunde Null und endend mit den radikalen Veränderungen einer Gesellschaft, die durch den Krieg geprägt wird – zum Guten oder zum Schlechten - wurde SPLITTER AUS LICHT – Уламки Світла zu einer zärtlichen Langzeitbeobachtung im Mehrklang von Konflikten, Hoffnungen und kleinen Erfolgen auf einem schwierigen Weg. Über die persönlichen Geschichten von unseren Protagonisten erleben wir die oft übersehenen Auseinandersetzungen, die entstehen, wenn die aktive Kampfphase zu Ende geht. Sie lassen uns die Herausforderungen einer vom Krieg geprägten Gesellschaft erleben – eine universelle Geschichte, die jede europäische Gesellschaft im letzten Jahrhundert durchlebt hat und mit der jede und jeder von uns durch die eigene Historie verbunden ist.
Foto:
© Verleih
Info:
SPLITTER AUS LICHT
(Уламки Світла)
Ein Film von Mila Teshaieva und Marcus Lenz
Deutschland - Ukraine - 2025 - 93 min, OmU
Kinostart: 30. Oktober 2025
Buch und Regie Mila Teshaieva and Marcus Lenz
Protagonisten
Olga Malakh
Taras Vyazovchenko
Liudmyla Kizilova
Anna Tarasiuk
Maxim Lisnytskyi
Olena Tymkova
Yuri Bilous
Alla and Valeriy Nechyporenko
Kamera Marcus Lenz
Abdruck aus dem Presseheft