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Kategorie: Film & Fernsehen
ein leben ohne liebe 2025 4Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 11. Dezember 2025, Teil 3

Redaktion

Madrid (Weltexpresso) - Was hat Sie zu diesem Film inspiriert? Gab es eine persönliche Erfahrung oder eine bestimmte Beobachtung, die Ihnen die Idee dazu gegeben hat?

Wie Eva haben sich auch einige Frauen aus meinem Umfeld nach vielen Jahren Beziehung getrennt, weil sie sich neu verlieben wollten. Damals hielt ich sie für leichtsinnig und naiv. Das war der Ausgangspunkt für diesen Film: Ich wollte versuchen, sie zu verstehen.


Könnten Sie bitte kurz erklären, worum es in dem Film geht?

Wie es in dem Song von Leonard Cohen heißt, der den Film beschließt: „Ain’t No Cure for Love“. Wir sind in den Händen der Liebe, verloren und orientierungslos, egal, was wir tun.


Was hat Sie daran gereizt, eine Liebesgeschichte aus der Perspektive einer Frau in den Fünfzigern zu erzählen?

Zum ersten Mal in meiner Karriere eine weibliche Hauptfigur zu schreiben, und zwar an dieser unsichtbaren Grenze der 50, wo eine Frau verletzlicher, zerbrechlicher ist als je zuvor und mehr Lebenskraft besitzt als je zuvor.


Wie würdest du die Hauptfiguren beschreiben?

Eva ist schüchtern, unsicher, gut erzogen und etwas zurückhaltend.
Alex ist chaotisch, unkonventionell und auf eine gewisse Weise attraktiv.
Víctor ist der perfekte Partner. Zuverlässig, engagiert, aber auch ein wenig eitel.


Eva verlässt ein scheinbar perfektes Leben, in dem „nichts passiert“. Was wollten Sie mit dieser Figur und ihrer Entscheidung ausdrücken?

Dass Frauen mehr denn je Herrinnen ihres eigenen Lebens sind und dass Liebe für sie eine Notwendigkeit ist, für die sie bereit sind, alles zu opfern.


Die Geschichte wirft die Frage auf, ob es in Ordnung ist, soziale Konventionen und moralische Erwartungen zu brechen, um seine eigenen Wünsche zu erfüllen. Was denken Sie persönlich darüber?

Natürlich. Konventionen und moralische Erwartungen machen einen nur unglücklich.


Inwieweit wollten Sie auch ein Bild davon zeichnen, wie Liebe und Beziehungen im Zeitalter von Dating-Apps und Algorithmen funktionieren?

Um ehrlich zu sein habe ich darüber nicht nachgedacht. Ich nutze soziale Medien oder solche Apps nicht sehr oft.


Ist Eva Ihrer Meinung nach egoistisch oder mutig?

Weder noch. Eva ist eine großzügige, einfühlsame, freundliche Frau, aber auch ziemlich unterdrückt und feige. Dass alles so endet, wie es endet, ist Zufall und einer Reihe von Missverständnissen und Fügungen zu verdanken. Das ist das andere große Thema des Films: Wir haben keine Kontrolle über das, was in unserem Leben passiert, auch wenn es uns schwerfällt, das zu akzeptieren.


Welche Bedeutung hat die Figur Alex auf dieser Reise – ist er eher ein Katalysator oder vielleicht ein Ziel?

Alex weckt in Eva ein Gefühl und eine Emotion, die sie zweifellos verunsichern und in einen Zustand emotionaler Träumerei versetzen. Das endgültige Wiedersehen ist eine offene Tür zu einer Geschichte, von der wir nicht wissen, wie sie sich entwickeln wird.


Wie sehen Sie die Rolle dieses Films im aktuellen gesellschaftlichen Kontext, in dem Selbstverwirklichung oft mit Egoismus gleichgesetzt wird?

Männer haben Selbstverwirklichung schon immer priorisiert und angestrebt, und wir wurden nie als egoistisch bezeichnet. Es ist unfair, dies nun Frauen vorzuwerfen.


In dem Film sprechen die Figuren überraschend offen über Wechseljahre, Libido und das Verlieben im mittleren Alter. Das sind Themen, die im Kino und in den Medien noch immer selten behandelt werden. Warum war es Ihnen wichtig, diesen Aspekt einzubeziehen?

Genau aus dem Grund, den Sie ansprechen. Im Alltag sind das Themen, die in Gesprächen aufkommen, und zwar nicht nur unter Frauen. Auch Männer sprechen darüber, wenn auch seltener.


In dem Film wird Eva nicht nur von Liebe, sondern auch von körperlichem Verlangen getrieben – und sie ist fast 50. Wollten Sie bewusst mit dem Klischee brechen, dass die Leidenschaft ab einem bestimmten Alter nachlässt?

Auf jeden Fall. Soweit ich weiß, herrscht in Pflegeheimen jede Menge Leidenschaft und Verlangen.


Glauben Sie, dass Geschichten über weibliche Lust und Selbstfindung in den Wechseljahren immer noch tabu sind? Wie sollten Kultur und Medien Ihrer Meinung nach damit umgehen?

Wie mit jedem anderen Thema auch. Ich würde mir wünschen, dass darüber ganz natürlich gesprochen wird, ohne Tabus, Lügen oder Vorurteile.


In den letzten Jahren scheinen Geschichten über Frauen in den Wechseljahren, die Lust, Liebe und Selbstbestimmung wiederentdecken – wie beispielsweise in Miranda Julys Roman „All Fours“ – etwas mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. Sehen Sie darin einen neuen kulturellen Trend oder ist es eher Zufall, dass diese Themen derzeit häufiger behandelt werden?

Ich denke, das liegt daran, dass Frauen nach und nach in allen Bereichen Macht und Einfluss gewonnen haben und ihre Themen und Interessen nun Teil der täglichen gesellschaftlichen Diskussion sind.


Glauben Sie, dass es heute schwieriger oder einfacher ist, die „wahre Liebe“ zu finden, als vor 20 Jahren?

Ich weiß es nicht, aber ich mag den Ausdruck „wahre Liebe“ wirklich nicht. Das würde bedeuten, dass die anderen Lieben, die wir erlebt haben, nicht ebenso intensiv, wichtig oder besonders waren.


Glauben Sie persönlich an die wahre Liebe?


Ja, aber nicht zwischen einem Paar.Wie ein Freund von mir sagt, gibt es diese Art von Liebe nur – und auch das nicht immer – zu deinen Kindern und vor allem zu deinem Hund.

Info:
Ein Film von Cesc Gay 
Romantische Komödie,
Spanien 202,
100 Minuten
Stab
Regie.   Cesc Gay 
Drehbuch     Cesc Gay, Eduard Sola
Besetzung
EVA.    Nora Navas
ÁLEX.    Rodrigo de la Serna
VÍCTOR.    Juan Diego Botto
RAQUEL.   Fernanda Orazi
CRIS.     Àgata Roca
DANI.    Francesco Carril
MARGA.   Marian Álvarez
JULIÁN.   Miki Esparbé
RAÚL.   Lluís Villanueva

Abdruck aus dem Presseheft