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Kategorie: Film & Fernsehen

Zwei mal zwei: FRITZ BAUER im Dokumentarfilm TOD AUF RATEN von Ilona Ziok und im Spielfilm IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS

 

Klaus Hagert

 

Berlin (Weltexpresso) – „Urania Berlin zeigt preisgekröntes Filmportrait über den Großen Aufklärer der Nazi-Verbrechen“, heißt es in der Ankündigung aus Berlin, die die Redaktion des Weltexpresso in Frankfurt leicht neidisch macht, denn hier, der Arbeits- und Lebensstätte von Fritz Bauer, verhindert das nach ihm benannte Institut immer noch die große Frankfurter Aufführung dieses Films von 2010, mit dem die bundesdeutsche Bauer-Renaissance ihren Anfang nahm.

 

Nein, nein, das ist nicht wörtlich zu verstehen. Natürlich verhindert es das Fritz Bauer Institut nicht, wenn ein Kino oder eine Gesellschaft den Film aufführen will, es behindert nicht einmal nachhaltig die angekündigten Aufführungen, wenn dann von einem Mitarbeiter des Instituts die einladenden Institutionen Papiere erhalten, die den Film negativ einschätzen, einfach, weil die Argumente so dünn sind, angesichts des Preisregens, den dieser Dokumentarfilm erhielt und erhält. Das Institut hat nur erfolgreich Fritz Bauer seinen filmischen Ruhm genommen, wenn es beispielsweise zur ersten Ausstellung über Fritz Bauer nach 20 Jahren der Institutsgründung die wichtigste nationale und internationale Erinnerung an ihn, den Film FRITZ BAUER – TOD AUF RATEN nicht einmal in sein Begleitprogramm aufnahm, geschweige denn in der Ausstellung zeigte.

 

Das muß man immer wieder von vorne sagen, damit sich das herumspricht, eben auch, daß sich der Regisseur vom LABYRINTH, Giulio Ricciarelli, natürlich auf den Ziokfilm bezieht, auch wenn er es im Nachspann unterläßt, darauf hinzuweisen. Auch das, vermuten wir mal, hat mit diesem Herrn aus dem Fritz Bauer Institut zu tun, dem der Regisseur dagegen sehr ausführlich dankt, denn das Institut hat IM LABYRINTH ausführlich mit Materialien und anderem beraten. Und wäre nicht die Darstellung des Fritz Bauer durch Gert Voss derart eindrucksvoll und einzigartig, hätten wir damals bei der Filmkritik sehr viel stärker betont, daß die filmische Darstellung nichts mit dem lebenden Fritz Bauer zu tun hatte.

 

Das kann man nun sehr gut vergleichen, wenn heute – und am 2. noch einmal, darum zwei mal zwei Fritz Bauer - die beiden Filme hintereinander gezeigt werden, denn wir sind um den Ziokfilm TOD AUF RATEN froh, freuen uns aber auch, daß dies nun zu einer Vielzahl von Spielfilmen über Fritz Bauer führt, von denen IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS nur der erste ist. Er zeigt sehr deutlich das Klima von fortgesetzter Nazisympathie weiter Teile der Bevölkerung in der Nachkriegszeit, einen mörderischen Antikommunismus und überhaupt diese diffuse Stimmung zwischen Wirtschaftswunder und dem geheimen Wissen der guten Bürger um die deutschen Schandtaten in und durch die Konzentrationslager. Auschwitz? Das war damals noch kein Synonym für die Verbrechen der Nationalsozialisten in deutschem Namen, was Fritz Bauer mit dem von ihm initiierten Auschwitz-Prozeß begann.

 

Heute also am 29. Januar können Sie beide Filme sehen und mit den Regisseuren über Filme, Zeit und Fritz Bauer diskutieren.

 

 

Aus der Filmankündigung

 

Er sorgte dafür, dass die Attentäter des 20. Juli als "Kämpfer gegen ein Unrechtsregime" rehabilitiert wurden, gab Israel den entscheidenden Hinweis, um Adolf Eichmann zu fassen, und kämpfte gegen erbitterten Widerstand für die Durchführung der Frankfurter Auschwitz-Prozesse: Fritz Bauer (1903-1968), einer der bedeutendsten Juristen, Freidenker und Humanisten der Nachkriegszeit.

Durch seine konsequente Verfolgung von NS-Verbrechern wurde Bauer im restaurativen Klima der Adenauer-Ära zur "Provokation für den Zeitgeist". Aufsätze und Reden mit Titeln wie "Mörder unter uns" und "Am Ende waren die Gaskammern" stießen nicht nur bei Alt-Nazis und Repräsentanten der Politik und Justiz auf erheblichen Widerstand, sondern erregten auch beim bürgerlichen Publikum der 50er und 60er Jahre Anstoß.

Intrige, Sabotage und Rufmord begleiteten die Arbeit von Fritz Bauer, der neben seiner Tätigkeit als Staatsanwalt wichtige theoretische Beiträge für eine humanere Rechtsordnung verfasste und Mitbegründer der von Gerhard Szczesny 1961 initiierten Humanistischen Union war. Er starb am 30. Juni 1968 unter rätselhaften Umständen in Frankfurt.

Die Regisseurin Ilona Ziok, die im Anschluss der Vorführung zum Filmgespräch zur Verfügung stehen wird, würdigt in ihrer Dokumentation „Fritz Bauer – Tod auf Raten“ (D 2010 / 97 Min.) Leben und Werk des wichtigen Demokraten und Juristen im Nachkriegsdeutschland. Die Filmbewertungsstelle Wiesbaden FBW verlieh der Dokumentation, die inzwischen auch international mit Erfolg gezeigt wurde, das Prädikat "besonders wertvoll".


Stimmen zum Film (Auswahl):

"Ein fantastischer Film. Eine fantastische Regiearbeit!"
(Klaus Maria Brandauer, Schauspieler und Regisseur)

"(…) ein zentrales Dokument der juristischen Zeitgeschichte (...)."
(Dr. Frank Bräutigam, Chef Redaktion Fernsehen SWR)

"Meines Erachtens ist "Tod auf Raten“ ein epochales Werk des internationalen Dokumentarfilms, welches nicht nur eine Hommage an die Grundfesten der Demokratie, sondern auch ein Aufruf an die Zivilcourage darstellt."
(Udo Langner, Wirtschaftswissenschaftler)
 

Nach der Aufführung am 29.1.15, die um 17.00 im Berliner Kino URANIA beginnt gibt es anschließend um 19.00 ein Filmgespräch. Angefragt wurden außer der Regisseurin auch die Ex-Justizministerin Herta Däubler-Gmelin, die eine Kennerin der Arbeit Fritz Bauers ist, sowie E.C. Rautenberg, der Generalstaatsanwalt des Landes Brandenburg, der der dienstältesten Staatsanwalts Deutschlands ist und einiges zu der "Deutungshoheit" um Fritz Bauer, wie das Institut seines Namens sie beansprucht, veröffentlicht hat.

 

Über IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS hatte Weltexpresso eine Reihe von Artikeln zur Premiere und weiteren Aufführungen gebracht, was Sie bitte den Links entnehmen.

 

INFO:

 

Donnerstag, 29.01.2015

17:00 Uhr

Fritz Bauer – Tod auf Raten

Dokumentarfilm

 

D 2010 / R: Ilona Ziok. / Mitw: Fritz Bauer und Zeitgenossen und Zeitzeugen / 91 Min. Fritz Bauer war der wohl profilierteste Staatsanwalt, den die Bundesrepublik je hatte. Er war engagierter Geburtshelfer der Demokratie, als sie sich aus den Abgründen der Diktatur erhob: In dem von ihm 1952 geführten Remer-Prozess erklärt ein ... mehr / Tickets

Film

 

Do29.01.20:00

Im Labyrinth des Schweigens

Spielfilm

 

 

D 2014 / R: Guido Ricciarelli / D: Alexander Fehling, Gert Voss, Friederike Becht u.A. / 107 Min. / DF / ab 12 Deutschland, Ende der 50er Jahre: Die Wirtschaft brummt, den Menschen geht es wieder gut und die Geschehnisse, die keine zwanzig Jahre zurückliegen, geraten langsam aber sicher in willkommene Vergessenheit. Eines Tages ... mehr / Tickets

 

www.fritz-bauer-film.de

 

 

Artikel zum im Oktober/November 2014 angelaufenen Film IM LABYRINTH DES SCHWEIGENS

 

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/3704-im-zentrum-steht-auch-das-nachkriegsfrankfurt

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/lust-und-leben/3780-der-prozess-seines-lebens

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/3818-im-labyrinth-des-schweigens-die-premiere

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/3819-im-labyrinth-des-schweigens-der-film

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/3820-im-labyrinth-des-schweigens

http://weltexpresso.tj87.de/index.php/kino/3820-im-labyrinth-des-schweigens

 

AUFFÜHRUNGSKINO

Urania Berlin e.V.

An der Urania 17

10787 Berlin-Schöneberg

Telefonische Karten-Bestellungen sind unter Tel. (030) 218 90 91 möglich.