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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 4. Februar 2016, Robinson Crusoe, Teil 7

 

 

Claudia Schulmerich

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Glauben Sie nicht, weil in der Produktionsnotiz, die auf der Rückseite vom innenliegenden Cover zu finden ist, weil dort das Jahr 2004 steht, glauben Sie nicht, das sei veraltet. Nein, dieses Hörspiel über Robinson Crusoe gehört zu den unterhaltsamsten und ist für jeden geeignet. Zielgruppe sind wohl Jugendliche, aber auch Erwachsene haben ihren Spaß daran und Kinder sowieso.

 

Da ist schon mal ein toller Einstieg und weil es 2 CDs sind mit einer Gesamtlaufzeit von 135 Minuten, kann sich die Erzählung auch Zeit lassen und beginnt wie der Roman von Daniel Defoe mit der deutschen Herkunft des Vaters Kreutzer und seiner englischen Mutter namens Robinson. Daß ist so überzeugend, wenn der Vater dem dummen Jungen seine Weltreisevorhaben ausredet und der auch verspricht, sie aufzugeben und ein redliches Handwerk zu lernen. Aber gleich kommt es anders, das wird nicht lange erklärt, sondern im nächsten Moment ein Jahr darauf hört man die brausenden Wellen, der Sturm naht und schon sind wir mitten drinnen im Strudel der Ereignisse, die dem dummen Robinson klarmachen, daß er immer das Falsche wählt. Wäre er doch zu Hause geblieben. Nie wieder hinaus, schwört er sich, falls er überlebt.

 

Aber kaum ist das überstanden, da erleben wir ein Jahr später erneut, wie sich Robinson aufmacht, obwohl ihn der alte Kapitän nach Hause zu den Eltern schickte, wo sein Platz sei. Aber nein, er geht nach London. Und ist schnell wieder unterwegs, nach Guinea und diesmal wird das die einzige Reise seines Lebens sein, wo er heil und gesund nach Hause zurück kommt. Ach wäre er nur geblieben. Aber ihm wird dieselbe Reise mit dem selben Schiff angeboten – und er sagt wider bessres Wissen zu!

 

Und jetzt nimmt die Geschichte ihren bekannten Gang. Denn da tauchen türkische Seeräuber auf, und die Erkenntnis des guten Kapitäns: „Sie werden uns entern!“ erfüllt sich im Nu. Die Besatzung wird umgebracht oder verkauft und der junge Robinson wird so etwas wie der persönliche Haussklave des Piratenkapitäns, wo er sich um den Garten kümmert „und solche üblichen Sklavendienste“. Aber wie er sich daraus befreit, ist nicht so nett, denn als er eines Tages auf dem Meer fischt, wirft er den einzigen Begleiter, einen 'Moorburschen' über die Reling und segelt davon: „Ich will nur meine Freiheit!“ Aber dem guten Robinson unsere Rosa-Luxemburg-Erkenntnis vorzuwerfen, daß Freiheit immer die Freiheit der Andersdenkenden ist, nein soweit kann's nicht gehen. Aber immerhin, beschreibt es der Autor Defoe und auch der Hörspielbearbeiter Sven Stricker folgt dem: der schwarze Knabe kann so gut schwimmen, daß er sich problemlos an Land retten kann.

 

Diesen Spagat, die Zeit vor 1700 so zu schildern, daß sie für Heutige sowohl vertraut wie auch fremd ist, gelingt dieser Hörspielversion gut. Denn, ohne daß darauf rumgeritten wird, zeigt diese interpretierende Fassung die damaligen gesellschaftlichen Tendenzen, die zur Aufklärung führten, der Mensch als rationales und bildbares Wesen, das der Erziehung fähig ist, auch der Selbsterziehung. Denn immer wieder passiert diesem Robinson dasselbe. Wider bessres Wissen läßt er sich auf etwas ein, wo die Vorahnungen sich bewahrheiten, daß es übel ausgeht. Aber immer wieder lernt er so dazu, daß er sein Leben auf der Insel meistern kann.

 

Das sind dann so Selbstbeschreibungen vom Einfaltspinsel, wo alles schlecht ausgeht, ein Boot kippt um, das kann nur ihm passieren – und solche Scherze, die uns verführen sollen, ihn zu bedauern, wo er doch selber weiß, was das Richtige gewesen wäre. Ach, i wo, wir wollen jetzt die Geschichte, die auf zwei CDs auch Feinheiten der Strapazen zulassen, nicht weiter erzählen, sondern uns über die Art der Aufnahme weiterfreuen, die wir beim Hören erlebten.

 

Das ist eine starke Idee, die dann fast ein wenig überstrapaziert wurde – nicht für uns, wir finden das toll – , wenn immer wieder die Erzählerstimme (Felix von Manteuffel) den Text liest und im Hintergrund Robinson (Konstantin Graudus) seine Gedanken oder Worte in direkter Rede äußert. Manchmal wechselt das auch und man hört dessen Worte laut im Vordergrund und die Erzählerstimme dahinterliegend leise. Das bringt für die Dynamik des Hörens viel.

 

Überhaupt sind alle Stimmen passend und gut zu verstehen. Wir müssen aber dennoch noch mal zum Inhalt zurück, weil wir etwas vergaßen. Was auch sehr gut eingearbeitet in dieses Hörspiel ist und mit den Fragen von Bildung und Erziehung zusammenhängt, das sind zentrale Fragen, die sich Robinson in dieser Hörfassung stellt, an die ich mich gar nicht im Original erinnere, Fragen bei dem Schiffbruch wie: Warum sind die elf tot und ich lebe? Was ist besser: hier oder dort (Himmel/Hölle?) zu sein. Was uns auch so gefällt, ist, wie methodisch Robinson Bilanz zieht, nämlich das Üble und das Gute seiner Situation zu quantifizieren und qualifizieren.

 

Wir können aber nicht aufhören, ohne über den Papagei Poll noch ein Wort zu verlieren. Dem leiht der Bearbeiter des Hörspiels, der auch Regie führt: Sven Stricker seine Stimme. Nun ist diese naseweise Geselle – wir meinen den Papagei – immer eine Paraderolle und entschädigt, daß hier der Hund sowie die Katzen nicht vorkommen. Nur wie das dann ausgeht, ob Papagei Poll nicht mit nach England kommt und nur Freitag (Moise Matura), den wir hier so vernachlässigt haben, mit Robinson heimkehrt, das haben wir nicht richtig mitbekommen. Aber wir wollten ja sowieso noch mal alle Schlüsse anhören und in den Büchern nachlesen. Denn da gibt es die größten Überraschungen und Unterschiede der Versionen. Fortsetzung folgt also.

 

P.S.

Dieser Robinson gehört in eine Reihe des Hörverlag, die sich Abenteuerklassiker nennt. Das ist vergleichbar den Klassikerreihen von Erwachsenenliteratur und Kinderliteratur. Da uns dieses Hörspiel so gut gefallen hat, wollen wir bei nächster Gelegenheit auf diese Abenteuerklassiker zurückkommen, dann aber als eine Serie in Weltexpresso, die sich mit weiteren Klassikeraufnahmen wie Oliver Twist, Tom Sawyer etc. beschäftigt.

 

 

Info:

 

Robinson Crusoe nach Daniel Defoe

Hörspielbearbeitung und Regie: Sven Stricker, 2 CD, Laufzeit 135 Minuten

mit Felix von Manteuffel, Konstantin Graudus, Moise Matura u.a.

aus dem Hörverlag

 

Altersempfehlung: 12-15, aber auch Kinder und Erwachsene