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Kategorie: Film & Fernsehen

Serie: Die anlaufenden Filme in deutschen Kinos vom 25. August 2016, Teil 6

Margarete Frühling

München (Weltexpresso) - Alma (Anna Castillo) ist Anfang 20 und arbeitet in einer Hühnerfarm, in der sie regelmäßig die toten Tiere entfernen und den Dreck aus dem überfüllten Stall kehren muss. Sie ist ziemlich rebellisch und sofort bereit, sich mit ihrem Vater zu streiten.


Ihr Großvater Ramón (Manuel Cucala), an dem sie seit ihrer Kindheit sehr hängt, redet nicht mehr, seit sein Sohn Luis (Miguel Angel Aladren) den 2000 Jahre alten Olivenbaum für 30 000 Euro verkauft hat. Mit dem Geld wurde die Zustimmung des Bürgermeisters erkauft, am Strand eine Bar aufzumachen, die allerdings inzwischen längst pleite ist und Luis nur Schulden hinterlassen hat. Er versucht mit dem Olivenanbau mehr schlecht als recht über die Runden zu kommen, während Almas Onkel Alcachofas (Javier Gutiérrez), dessen Spedition daran pleite ging, dass seine Kunden einfach ihre Schulden nicht bezahlt haben, heute als schlecht bezahlt LKW-Fahrer arbeitet.

Alma versucht herauszubekommen, was mit dem Baum geschehen ist, der damals zurückgeschnitten, ausgegraben und auf einen Tieflader gepackt wurde. Von der Schwester des Bürgermeisters erfährt sie, dass die Bäume in die ganze Welt verkauft worden sind und etwa 50% der ausgegrabenen Olivenbäume den Umzug nicht überstanden haben und eingegangen sind. Der Olivenbaum ihrer Familie hat den Umzug aber überlebt und steht jetzt in Düsseldorf bei einem Energiekonzern, eingetopft im Atrium als Symbol der Nachhaltigkeit und ziert sogar das Firmenlogo.

Da es ihrem Großvater immer schlechter geht, will Alma den Olivenbaum zurückholen, da sie meint, dass das dem Opa helfen würde. Sie schwindelt den Dörflern vor, dass die Gemeinde den Baum zurückhaben kann und macht sich mit ihrem Onkel und ihrem in sie verliebten Kollegen Rafa (Pep Ambròs), der sich in seiner Firme ohne zu fragen einen Tieflader ausleiht, auf den Weg ins ferne Deutschland.

In Düsseldorf angekommen merken die drei aber rasch, dass es doch nicht so einfach ist - trotz großer Internet-Unterstützung und einer "Free-The-Tree"-Demonstration - den Baum wieder zurückzubekommen....


Regisseurin von "El Olivo - Der Olivenbaum" ist die Spanierin Icíar Bollaín, die das Drehbuch von Paul Laverty verfilmt hat. Laverty wurde vor allem als Drehbuchautor der Filme von Ken Loach bekannt. Genau wie bei Loachs Filmen wird auch hier Sozialkritik und eine dramatische menschliche Geschichte mit starken Charakteren verbunden.

Dabei zeigen besonders die immer wieder eingestreuten Rückblenden mit der jungen Alma (Ines Ruiz), welche Bedeutung der Baum für das Verhältnis von Alma zu ihrem Großvater hat, und warum sie ihm unter allen Umständen helfen will, auch wenn die ganze Aktion doch etwas kopflos und undurchdacht ist. Regie und Drehbuch machen sich aber niemals über Alma und ihre Aktionen lustig, sondern nehmen sie immer ernst, obwohl sie auch zeigen, dass die übrigen Bewohner des Dorfes Ramóns Verhalten nicht ganz nachvollziehen können.

Die junge Anna Castillo ist als Alma überzeugend während Javier Gutiérrez als Almas Onkel Alvachofas als kluger Gegenpart für den ironischen Humors des Films zuständig ist. Mit ihm wird aber auch deutlich, welche Auswirkungen die Wirtschaftskrise in Spanien hatte, wenn er z.B. versucht, bei einem Schuldner, der ein hochherrschaftliches Haus bewohnt, seine Schulden einzutreiben. Pep Ambròs bleibt als verliebter Rafa blass, aber das ist sicher auch der zurückhaltenden Rolle geschuldet.

Als Großvater Ramón wurde ganz bewusst ein nicht-professionellen Schauspieler ausgewählt. Manuel Cucala hat das verwitterte Gesicht und die von der Arbeit gezeichneten Hände, die seine Rolle als alter Olivenbauer absolut glaubhaft macht.

Insgesamt ist "El Olivo - Der Olivenbaum" ein modernes Märchen, in dem der Olivenbaum als Metapher für den Wirtschaftsboom und die darauffolgende -krise Spaniens dient. Allerdings hätte die Regisseurin die Verursacher an der einen oder anderen Stelle doch etwas deutlicher aufzeigen können. Trotz dieser leisen Kritik überzeugt der Film als ein Roadmovie der besonderen Art mit seinen schönen Bildern und guten Darstellern und ist deshalb absolut sehenswert.

Foto: Alma (Anna Castillo) und ihre Großvater (Manuel Cucala)  © Piffl Medien

Info:
El Olivo - Der Olivenbaum (Spanien, Deutschland 2016)
Originaltitel: El olivo
Genre: Tragikomödie
Filmlänge: 98 Minuten
Regie: Icíar Bollaín
Drehbuch: Paul Laverty
Darsteller:. Anna Castillo, Javier Gutiérrez, Pep Ambròs u.a.
Verleih: Piffl Medien
FSK: ab 6 Jahren
Kinostart: 25.08.2016