Drucken
Kategorie: Film & Fernsehen

Kolumne: Berlinale, die Zweite

Jackie Schwarz

Berlin (Weltexpresso) - Seit vergangenem Jahr laufen im Wettbewerb nicht nur Spiel-, sondern auch Dokumentarfilme. Ich finde das nicht ideal, weil sich die beiden unterschiedlichen Formate schwer miteinander vergleichen lassen. Aber sei’s drum.


Der Dokumentarfilm, der in diesem Jahr gegen 17 Spiel- und einen Animationsfilm um die Bären konkurriert, ist ein Porträt über den Künstler Joseph Beuys.


In jungen Jahren stand ich Beuys sehr ambivalent gegenüber. Ich habe zwar häufig über seine Installationen geschmunzelt, sei es ein veränderbarer Müllhaufen in der Akademie der Künste oder ein Telefon mit einem Hummer oben drauf, aber als Kunst erschien sie mir das alles nicht. Und seine Meinung, jeder sei ein Künstler, fand ich total absurd. Irgendein Gekrakel auf einem Blatt Papier als Kunst zu bezeichnen, erschien mir abwegig.


Inzwischen bin Andres Veiel ganz dankbar, dass er einen Film über diesen Mann gemacht hat, in dem es viel Archivmaterial zu sehen gibt, habe ich doch auf diese Weise Details über den Avantgardisten erfahren, die mir noch nicht so gegenwärtig waren. Insbesondere, dass er sich stolz als einen Radikalen sah und meinte, jeder Radikale hätte es verdient, berühmt zu werden.


Das gefällt mir. Unweigerlich denke ich an die tolle Protagonistin in Agnieszka Hollands Wettbewerbsfilm „Pokot“. Sie ist in ihrem Einsatz für Tiere auch eine Radikale, entfernt die Fallen, die Wilderer im Wald aufstellen, legt sich mit den Jägern, der Polizei und dem Pastor an, die sich alle in ihrem menschlichen Hochmut barbarisch an den prächtigen Geschöpfen des  Waldes vergehen, sie jagen, foltern, fangen, häuten, töten. Weil das Reden und alle legalen Versuche des Protests nichts nützen, wird die  Tierschützerin irgendwann militant und nimmt Jagd auf die Jäger. 

Ich finde, dafür sollte sie auch berühmt werden, oder zumindest dieser Film, der sich emphatisch in den Dienst der geschundenen Mitgeschöpfe stellt, den Goldenen Bären gewinnen. Und auch für eine Tierschutzorganisation wie Peta, die mit radikalen Aktionen auf die Straße geht, um gegen das Leid von Kühen, Hühnern und Schweinen zu rebellieren, würde ich mir eine hohe Auszeichnung wie das Bundesverdienstkreuz wünschen. Aber irgendwie klappt das nicht. Schade, dass es Beuys nicht mehr gibt. Er hätte dem Anliegen vielleicht noch mehr Aufmerksamkeit verschaffen können. Schließlich war er ja mal, wie ich jetzt weiß, ein Grüner.


Foto: (c) berlinale.de