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Kategorie: Lust und Leben

Julian Nida-Rümelin und Hans Peter Klein erneuern im aktuellen UniReport ihre Kritik an der Generierung höherer Akademikerzahlen

 

Susanne Sonntag

 

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Das machen wir immer wieder, von dem neuesten UniReport zu berichten, in dem man sich tatsächlich festlesen kann. Genuin auf die eigene Hochschulsituation ist: Benötigt Deutschland mehr Hochschulabsolventen, um zukunftsfähig zu bleiben? Oder sorgt der steigende Anteil derjenigen, die nach der Schule ein Studium aufnehmen, nicht nur für eine zunehmende Arbeitslosigkeit von Akademikern, sondern auch für eine Schwächung der beruflichen Bildung?

 

Und in den beiden letzten Ausgaben des UniReport wurde bereits leidenschaftlich über diese Fragen gestritten. Nun mischt sich der Münchener Philosoph und frühere Kulturstaatsminister Prof. Julian Nida-Rümelin in die Debatte ein und hoffentlich ist hier nicht aller guten Dinge drei, sondern es folgen weitere Stellungnahmen. Die Frage ist, ob Deutschland mit anderen Ländern vergleichbar ist und dabei vor allem, ob es eine ähnlich gute Duale Ausbildung in anderen Ländern gibt.

 

Zusammen mit dem Biologiedidaktiker Hans Peter Klein, der die Diskussion im UniReport initiiert hatte, kritisiert er in der aktuellen Ausgabe die zentrale These der Psychologen Rolf van Dick und Holger Horz, dass Deutschland dringend höher Qualifizierte benötige: „Es gibt keine Bedarfsprognose in Deutschland, die auch nur annähernd einen Bedarf an Absolventen von Hochschulstudiengängen für die nächsten Jahrzehnte prognostiziert, die in der Größenordnung etwa Großbritanniens oder gar Südkoreas liegen“, sagt Nida-Rümelin.

 

Bestritten wird von Nida-Rümelin und Klein, dass Methodenwissen und die Fähigkeit, lebenslang zu lernen, nur im Rahmen eines wissenschaftlichen Studiums zu erwerben seien. Dies zeige lediglich einen „Akademikerdünkel“: „Sie kennen vermutlich die beruflichen Herausforderungen in nicht-akademischen Berufen nur unzureichend und kommen daher zu der merkwürdigen Vorstellung, dass nicht-akademische Berufe repetitiv und akademische Berufstätigkeiten dagegen in hohem Maße kreativ und flexibel seien.“

 

Jeder gute Techniker oder Handwerker, aber auch Beschäftigte in den betreuenden und pflegenden Berufen würden dem widersprechen, so Nida-Rümelin. Hans Peter Klein weist auf den „Verdrängungswettbewerb der Bildungsabschlüsse“ hin, der kontraproduktiv sei: „Er setzt Eltern, Lehrer, Schüler und Studenten unter einen immer größeren Leistungsdruck, der oft schon im Kindergarten beginnt.“ Andererseits hat der Drang zum Abitur eben auch damit zu tun, daß insgeheim oder auch ganz offen, eben doch Akademiker gesellschaftlich als die 'besseren' Menschen gelten. Eine politische Strategie, dies auszuhebeln, in dem man alle zu Akademikern macht, ist durchaus sinnvoll. Warten wir auf differenzierte und differenzierende Meinungen.

 

 

Weitere Themen in der aktuellen Ausgabe des UniReport:

 

- Liebe in den Zeiten des Online Dating: Die Frankfurter Sozialwissenschaftler Kai Dröge und Oliver Voirol erforschen die Partnersuche im Internet.

- „Dittsche“ im Interview: Olli Dittrich, mit seiner Band Texas Lightning das Highlight des Uni-Sommerfestes 2015, spricht mit Sängerin Jane Comerford über die Begeisterung für Country und die Bedeutung von popmusikalischer Bildung.

- Imitation und Indoktrination: Eine neue Publikation der Forschungsstelle NS-Pädagogik zeigt Mechanismen der Propaganda gegen die Arbeiterbewegung auf.

- Wie sauber ist die Nidda? Das BMBF fördert das Verbundprojekt „NiddaMan“ zur nachhaltigen Nutzung des Flusses.

- Deutsch-französische Kooperation: Das Institut franco-allemand des sciences historiques et sociales fungiert als Mittler zwischen deutscher und französischer Wissenschaft und Kultur.

- Iring Fetscher – ein öffentlicher Intellektueller: Der Berliner Politologe Herfried Münkler erinnert an seinen Frankfurter Lehrer, der vor einem Jahr verstorben ist.

 

 

Die aktuelle Ausgabe des UniReport steht zum kostenlosen Download bereit unter www.uni-frankfurt.de/57329000.