Unterwegs in Thailand (1)
Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Ich wollte nie nach Thailand und bin nur meiner Partnerin zuliebe mitgeflogen, ihretwegen bin ich auch mit in Bodo Försters Elefantencamp gewesen. Gemeinsam hatten wir von seinem respektvollen Umgang mit den Dickhäutern im Radio gehört.
„Du musst Dich hinter ihre Ohren einklemmen“, ruft mir Nathali, die Trainerin zu, aber ich hocke nur verkrampft auf dem breiten, stacheligen Nacken der älteren Elefantendame Mae Gaeo. Ich kann meine Knie nicht beugen und bin in mehr als zwei Meter Höhe überhaupt nicht im Gleichgewicht. Die anderen unserer fünfköpfigen Gruppe kommen besser klar, ihre Rüsseltiere gehorchen sogar den Kommandos. „Húh, Du musst so lange Húh rufen, bis sie losgeht“, verlangt Nathali von Hannah, die sich sofort mit ihrer zehnjährigen Salia angefreundet hat. Oft auch widerwillig verstehen die intelligenten Tiere bis zu vierzig Worte und achtzig Wortkombinationen.
Ich fühle mich steinalt und hilflos - tröstend erzählt mir Nathali von einer jungen Tänzerin, die vor einiger Zeit im Camp war, der es ähnlich wie mir ergangen ist. Nachmittags baden wir die Tiere im nahen Fluss, eingetaucht im Wasser wirken sie wie Wale. Danach bekomme ich eine Sitzbank auf dem Rücken meines Ungetüms, aber wie ein Kolonialherr wirke ich darauf nicht. Immer noch bin ich furchtsam und kann Mae Gaeo nicht selbst lenken. Doh, der kindliche Mahoud (Elefantenführer), macht das für mich und tanzt ihr buchstäblich auf der Nase herum. Unsere Mahouds sind dunkelhäutige, von den Thais missachtete, Menschen des Bergvolks Karen.
Nachts kann ich vor Schmerzen in den Knien kaum schlafen, morgens ist ein TV-Team im Camp. Ich nehme eine Auszeit vom Training und begleite Bodo Förster, den Boss des Camps, zu den Dreharbeiten. Hier komme ich mir sehr erfahren vor, denn immerhin habe ich seine Tiere selbst erlebt und einiges von der Idee des Projektes begriffen. Die anderen baden ihre Dickhäuter, die sich anschließend mit dem Rüssel selbst mit Sand - als Schutz vor der Hitze und Insekten - abblasen. Dann macht die Gruppe einen langen Ausritt am Fluss und besucht einen Kindergarten für Karenkinder, der vom Camp finanziert wird.
Nachmittags unternehmen wir eine Flussfahrt auf Bambusflößen, denn die Tiere benötigen Erholung von ihrer Tätigkeit mit uns Touristen. Dadurch werden die drei Tage im Camp recht abwechslungsreich, wir besuchen Bergbauern, sehen Elefanten-Filme und lassen uns massieren. Am dritten Tag schlagen wir mit Macheten Elefantengras, jedoch die Grasbündel oder zwischendurch gereichte Bananen sind nur kleine „Leckerlis“ für unsere Vielfraße. Sie brauchen bis zu 200 kg Grünzeugs am Tag und fressen 18 Stunden lang fast ununterbrochen. Die Nächte verbringen sie, festgehalten mit sehr langen Ketten, im Wald. Wären sie frei, würden sie sich über die Reisfelder der Bauern hermachen.
Wir holen unsere Dickhäuter im Hochwald ab, sie sind so gut getarnt, dass sie zwischen den Bäumen kaum zu erkennen sind. Erneut hocke ich in meinem Korb, ganz langsam entspanne ich mich und kann auf graden Wegen auch mal die Griffe loslassen. Ich genieße sogar das gemächliche Schwanken und spüre plötzlich das Auf und Ab der riesigen Rückenmuskeln meiner Mae Gaeo. Immer wieder müssen wir anhalten, weil die Tiere etwas fressen wollen. Mit den Rüsseln knicken sie Zweige ab, wickeln diese mehrfach um ihre verlängerte Nase und reißen sie los. Am Rüsselende haben sie einen Finger, mit dem sie kleine Kräuter abzupfen. Ganz geschickt können sie steile, schmale Bergwege herab- oder hinaufklettern, weil sie in ihren dicken Füßen quasi auf Zehenspitzen in einer gallertartigen Masse gehen. Unangenehm wird es für die Reiter, wenn sich die Riesenviecher an Felsen schubbeln oder ihre Köpfe zum Fressen in die Bäume recken.
Nach einem kurzen Aufenthalt in einem 3.-Welt-Spital oder dem Essen gegrillter Kakerlaken habe ich ebenfalls diese Herausforderung durch die, mir fremd gebliebenen Tiere gemeistert: Das Camp war kein Streichelzoo! Aber auch wenn ich kaum mit den Tieren klar kam, war es trotzdem eine lohnenswerte, intensive (Selbst-) Erfahrung.
Im nächsten Teil werde ich vertiefende Infos zum Camp veröffentlichen.
www.elefantencamp.de
Foto: Hanswerner Kruse auf seinem Elefanten © Hannah Wölfel