Die Garten-Blattschneiderbiene ist die Wildbiene des Jahres
Sabine Zoller
Stuttgart (Weltexpresso) - Seit 2013 wählt das Kuratorium „Wildbiene des Jahres" jährlich eine besonders interessante Wildbienenart aus, um einen Einblick in die faszinierende Welt der Wildbienen zu ermöglichen. Wildbienen sind für den Menschen ungeheuer nützliche Tiere, die allerdings in ihrem Bestand bedroht sind. „Die Informationen zur ‚Wildbiene des Jahres‘ sollen dazu ermuntern, in die Natur zu gehen und das Tier in seinem Lebensraum aufzusuchen“, so die Aussage des Kuratoriums, das sich als Arbeitsgruppe innerhalb des Wildbienen-Katasters Baden-Württemberg (WBK) zur Aufgabe gemacht hat, jährlich die Wildbiene des Jahres auszuwählen und damit in der Öffentlichkeit auf diese Arten aufmerksam zu machen.
Wildbienen sind unverzichtbare Bestäuber in der Natur und Landwirtschaft. Sie erbringen je nach Kulturpflanze 50 bis 70 Prozent der Bestäubungsleistung – und damit oft mehr als Honigbienen. Doch ihre Bestände schrumpfen dramatisch, da ihre Lebensräume zunehmend zerstört werden. Gerade im Frühjahr können gezielte Maßnahmen helfen, den bedrohten Insekten bessere Lebensbedingungen zu bieten.
„Honigbienen sind wichtig, doch sie sind Generalisten und nicht immer die effizientesten Bestäuber für alle Pflanzen. Wildbienen hingegen sind oft auf einzelne Blütenpflanzen spezialisierte Bestäuber“, erklärt Manfred Kraft. Der Imker und Bienenfachmann berichtet über einen entscheidenden Unterschied zur Honigbiene: „Wildbienen leben nicht in Staaten, sondern einzeln oder in kleinen Gruppen. Viele Arten schlüpfen im Frühjahr, leben nur vier bis sechs Wochen und müssen in dieser kurzen Zeit ihre Brut versorgen, damit im Folgejahr eine neue Generation schlüpfen kann.“
Rund zwei Drittel der Wildbienenarten nisten im Boden – das sind über 400 Arten. Wird diese Bodenschicht im Jahresverlauf zerstört oder bearbeitet, fehlen ihnen Nistplätze für die kommende Generation. Wildbienen sind nicht nur für Wildpflanzen wichtig, sondern auch für viele landwirtschaftliche Kulturen. Ihr Rückgang führt zu geringeren Erträgen und wirtschaftlichen Schäden. „Vor einigen Jahrzehnten musste man noch regelmäßig die Windschutzscheibe reinigen, weil sie voller Insekten war. Heute ist das kaum noch nötig – ein erschreckendes Zeichen für den dramatischen Rückgang der Insektenbestände“, mahnt Manfred Kraft. Ursachen sind unter anderem Pestizide, Monokulturen und der Verlust von Kleinstrukturen wie Hecken, Blühwiesen oder Totholz.
Um das Überleben dieser wichtigen Bestäuber zu sichern, kann jeder Gartenbesitzer dazu beitragen – mit heimischen Blühpflanzen, offenen Bodenstellen und bewusstem Verzicht auf Pestizide. „Wildbienen danken es mit ihrer unermüdlichen Bestäubungsarbeit, die letztlich auch unserer eigenen Ernährung zugutekommt“, erklärt Kraft.
Die Wildbiene des Jahres braucht ein vielfältiges Ressourcenangebot in ihrem Lebensraum. Dazu gehört ein breites Spektrum an Nahrungspflanzen, insbesondere aus den Pflanzenfamilien der Lippenblütler und Schmetterlingsblütler. Der passende Nistplatz und nicht zuletzt die geeigneten Blätter zum Ausschneiden der Nestauskleidung entscheiden zudem über das Vorkommen der Garten-Blattschneiderbiene (Megachile willughbiella). Die entsprechenden Habitate findet die Biene an Waldrändern, an Feldwegen, auf Brachen oder in Weinbergen. Im Siedlungsraum kommt sie in naturnahen Grünflächen und Gärten vor. Hier bieten sich auch viele Möglichkeiten, die Tiere zu beobachten.
Diese Bienen sind zwischen 9 und 12 mm groß, und in Deutschland sind 23 Arten bekannt.
Das für Blattschneiderbienen typische und namensgebende Verhalten ist die Auskleidung der Brutzellen mit ausgeschnittenen Blattstückchen. Die Garten-Blattschneiderbiene nutzt dafür unterschiedliche Pflanzenarten wie zum Beispiel Wildrosen, Eichen oder Hainbuchen. Dabei schneidet das Weibchen mit seinen Kiefern ovale Stücke aus den Blättern heraus und trägt sie in ihr Nest, das dann in selbst gegrabenen Gängen im Erdreich oder im morschen Holz angelegt ist. Auch Nisthilfen werden angenommen, wenn zum Beispiel Bohrlöcher mit einem Durchmesser von ungefähr 6 Millimetern in Holz gebohrt werden. Blumentöpfe als Bauplatz werden ebenfalls gerne in Anspruch genommen.
Die Biene fliegt als typische Sommerbiene von Ende Juni bis Ende August und sammelt dabei Pollen aus unterschiedlichen Pflanzenfamilien.
Foto:
Garten-Blattschneiderbiene (Megachile willughbiella), Weibchen,
© Ulrich Maier
Info:
Mit einer Online-Veranstaltung sowie einer Führung in Bad Herrenalb möchte das Projekt „Blühender Naturpark“ des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord e.V. Interessierte über naturnahe Gärten und insektenfreundliche Pflanzen informieren.
In dem Online-Vortrag am Mittwoch, 2. April, um 18.30 Uhr werden Tipps und Tricks zu biodiversitätsfördernden Maßnahmen und zur passenden Pflanzenauswahl im eigenen Garten gegeben.
Anmeldung bis 31. März unter www.naturparkschwarzwald.de/service/veranstaltungen