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Kategorie: Zeitgeschehen
hz Matthias Wissmann wikipedia.de1Cheflobbyist Matthias Wissmann: er ist der Dauerausfall einer selbstkritischen Aufarbeitung der Versäumnisse der Autoindustrie

Heinz Markert

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - In der FR-Schlagzeile ‚Grösser, fetter, SUV‘, die auf die böse Banalität einer Gesinnung, aber auch ihrer Käuferschaft, abstellt, begab sich mit dem dritten Wort ein ‚default‘, der auf das Evozieren des Wörtchens ‚dumm bzw. beschränkt‘ insinuiert. Matthias Wissmann, Cheflobbyist der Autoindustrie, tritt im Mobilitätsdiskurs stets als Anwalt einer Branche auf, die sich strategisch mit der Logik der Steinzeit einig weiß. Entschuldige Steinzeit, wenn ich Dir Unrecht tue!

hz politik kommunikation.de1Im Gefolge des FR-Aufmachers erregte der Artikel von Klaus Phillip Mertens unter dem Titel ‚Die perverse Republik‘ mein Gefallen. Der Provokateur war wieder einmal Matthias Wissmann, Cheflobbyist der Autoindustrie, der einst ungeniert mit dem Übertritt aus dem politischen Amt in die Welt des Lobbyismus und der persönlichen Vorteilsannahme Aufsehen erregte. Im Zusammenhang mit dem Diesel-Skandal sprach er verharmlosend nur von ‚Fehlern‘.

Er rechtfertigt im FR-Interview (sein Counterpart ist Cem Özdemir) banal wie eh und je und im verquasten Lobbyisten-Deutsch das verhängnisvolle Fehlwirken einer Branche, die mit mächtigen Bataillonen aus Protz und Geltungssucht verbrüdert und verschwistert ist. An der Bleidenstraße und auf der Neuen Mainzer in Frankfurt wird alltäglich im röhrenden Sound defiliert, teils mehrfach. Dieses Röhren gibt's zu kaufen. Eine sinnige Angewohnheit, die zu Lasten von Natur, Mensch und Biosphäre geht. Motto: Lass es krachen.


Brief eines Bürgers

Beim sonntagmorgendlichen Lesen des Artikels von Klaus Phillip Mertens kam die Erinnerung an ein Schreiben, das vor zehn Jahren von mir an Matthias Wissmann abgeschickt wurde. Weil kein überzeugendes, konsequentes Umdenken in Automobilwesen festzustellen ist und sich auch nicht abzeichnet, wurde der Brief heute nochmal an Herrn Wissmann geschickt. Ohne Änderung.

Heinz Markert

Verband der Automobilindustrie 
Hd. Herrn Oberlobbyisten
Matthias Wissmann
Postfach 170563
60079 Frankfurt

Frankfurt, den 20.12.2007

Sehr geehrter Herr Wissman,

da haben Sie als Politiker der ausgemusterten Art jetzt den Gipfel Ihres Politikerlebens erreicht: Oberlobbyist der schärfsten Bullenbeißer-Branche, die unter dem bundesdeutschen Firmament ihr Unwesen treibt, der Automobilbranche, zu sein.

Ihr Wettern gegen den Malus der Dreckschleudern (Artikel der FR vom 7.12.2007), gegen das Zugrundelegen der segmentierenden Einstufung der Geländefahrzeuge, um diesen ein Privileg zu sichern, ist unangebracht. Diesen Fahrzeugen gebührt kein Privileg, sondern die Rote Karte. Leute, die diese Fahrzeuge fahren, ohne dass es einen sinnvollen Grund dafür gibt, was durchaus möglich wäre, sind meines Dafürhaltens komplett schwachsinnige, stumpfsinnige Hornochsen, dazu noch! Sozialkriminelle, die Fußgängern und Kindern mit ihren Geschossen den Krieg erklären.

Diesen Kreisen steht kein Privileg zu, sondern eine saftige Strafsteuer. Denn sie wissen ganz genau, was sie damit im eigenen Land und in der Welt anrichten, tun es aber trotzdem.

Leute, die die Umwelt mit fahrenden Waffen angreifen und schädigen, müssen zur Kasse gebeten werden, wobei aber das Problem ist, dass es für die weitflächigen Autobahn- und Schnellstraßen-Bänder, die die Landschaft großflächig zerstören, verunstalten und mit ihrem Pesthauch überziehen, eigentlich gar keine Kompensation, keine Wiedergutmachung gibt.

Die Automobilbranche soll doch bitte ein intelligentes vernetztes, integriertes Verkehrssystem entwickeln und unter die Leute bringen, unter Zurückdrängung des schädlichen, auch unwirtschaftlichen Individualverkehrs. Dann nämlich erlangte sie einen globalen Wettbewerbsvorteil und schüfe auch wieder Arbeitsplätze. Jetziges Modell ist die anstehende vollautomatisierte Produktion eines Fortbewegungsmittels der Saurierklasse, bei dem es weniger um Fortbewegung als um Besitz und Prestige, überdies teuer erkauft, geht.

Wir gediegenen Mittelstandsbürger, die in den Sechzigern eine faire und anständige Gesinnung angenommen haben, im Unterschied zu anderen Kreisen, die jetzt dem Gier-Kapitalismus dienen, brauchen keine solche dreisten, unanständigen, rücksichtslos individualistischen Fortbewegungsmittel, sondern pflegen Understatement mit Rücksicht auf die Umwelt mittels Car-Sharing und möglichst wenig Fahren (z.B. mit einem Renault-Twingo).

Mit freundlichen Grüßen Heinz Markert


Fotos: © wikipedia.org

Info:

‚Grösser, fetter, SUV‘, FR 16.09.2017