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Kategorie: Zeitgeschehen
Bildschirmfoto 2023 07 12 um 00.42.27«Israels Kabinett ist eines der extremsten der letzten 50 Jahre.»

Jacques Ungar

Tel Aviv (Weltexpresso) - Die Stimmung zwischen Washington und Jerusalem sinkt immer tiefer, und man muss sich bald jeden Tag fragen, ob es noch tiefer geht. So gab US-Präsident Joe Biden in einem am Sonntag ausgestrahlten CNN-Interview den derzeitigen Ton an, den Netanyahus Regierung gegenwärtig aus dem Weißen Haus zu erwarten hat: «Die israelische Regierung ist eine der extremsten der letzten 50 Jahre», polterte Biden etwa: «Dieses Kabinett ist eines der extremsten, das ich gesehen habe, und ich gehe zurück bis Golda Meir».

Und weiter im Text: Auf die Frage eines Journalisten, ob die USA Netanyahu demnächst nach Washington einladen würden, grollte Biden schon vor dem CNN-Interview, er werde Netanyahu wegen der Debatte um die Rechtsreform in Israel nicht in die USA einladen. Dieses Mal sprach der US-Präsident auf die nächste Woche anstehende US-Reise des israelischen Staatspräsidenten Isaac Herzog an: «Bibi, ich denke, versucht, sich durch die existierenden Probleme durchzuringen, was seine Koalition angeht».

Zu diesen Problemen gehören laut Biden die «extremen Positionen» seines Kabinetts in der Palästina-Frage. Dabei sei er einer derjenigen Personen, die glauben, Israels letztliche Sicherheit beruhe auf einer Zweistaaten-Lösung. Dazu Biden präziser: «Ich glaube dass... die Palästinensische Behörde ihre Glaubwürdigkeit verloren hat, nicht unbedingt wegen dem, was Israel getan hat, sondern weil es erstens einfach seine Glaubwürdigkeit verloren hat, und zweitens weil sie ein Vakuum für Extremisten geschaffen haben.»

Nicht alles sei Israel anzulasten, aber Israel sei Teil des Problems. Das gelte vor allem für die Individuen im Kabinett, die sagen würden, sie könnten überall siedeln wo sie nur wollten, sie (die Palästinenser) hätten kein Recht, hier zu sein. Ohne Personen wie Ben-Gvir oder Smotrich beim Namen zu nennen, liessen Bidens Worte keinen Raum für den geringsten Zweifel offen. Abzuwarten bleibt, inwieweit Herzog in Washington demnächst die Wogen einigermassen wird glätten können. In seinem CNN-Gespräch versuchte Biden zum Schluss ein gewisses Mass an Optimismus anzubringen: «Hoffentlich wird Bibi fortfahren, sich in Richtung Mäßigung und Veränderung zu bewegen».

Foto:
US-Präsident Joe Biden
©tachles


Info:
Nachdruck des Artikels mit freundlicher Genehmigung aus dem Wochenmagazin TACHLES vom 10. Juli 2023