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Kategorie: Zeitgeschehen
1751448060465patrice lumumba symbol afrikanischer unabhaengigkeit und gerechtigkeit 102 v 16x92dL 6c42aff4e68b43c7868c3240d3ebfa29867457daFIR erinnert mit diesem Text an eine große Persönlichkeit der antikolonialen Bewegung auf dem afrikanischen Kontinent

FIR

Berlin (Weltexpresso) - Er übte zwar nur sehr kurz Regierungsverantwortung aus, genießt aber für ihre panafrikanischen und antikolonialen Visionen bis heute international ein hohes Ansehen, Patrice Émery Lumumba. Er wurde 1960 der erste frei gewählte Präsident der vormaligen belgischen Kolonie Demokratischen Republik Kongo (DRC).

Geboren am 2. Juli 1925 versuchten seine Eltern ihn an einer Missionsschule ausbilden zu lassen. Sie hofften sogar, dass er in den kirchlichen Dienst wechseln könnte. Wegen seiner Renitenz musste er jedoch die Schule verlassen und wurde zum Postbeamten ausgebildet. Er wurde Mitglied einer Gewerkschaft, die sich für die Rechte kongolesischer Beschäftigter einsetzte. Als er gegen ungerechte Entlohnung agierte, wurde er zum ersten Mal verhaftet und wegen „Unterschlagung“ verurteilt.

Schon ab 1952 schrieb er für einige liberale Zeitungen auch in Belgien, so dass sein Name bereits bekannt war. Nach seiner Haftentlassung entschied Lumumba, sich gegen koloniale Unterdrückung einzusetzen. 1957 war er eines der Gründungsmitglieder des „Mouvement National Congolais“ (MNC), der Partei der Kongolesischen Nationalbewegung. Aufgrund seiner rhetorischen Begabung wurde Lumumba schnell zu einer zentralen Figur der Bewegung.

Mit stolz erinnern wir daran, dass unser ehemaliger FIR-Präsident Michel Vanderborght, ein belgischer Partisan, in diesen Jahren als Verbindungsmann der belgischen kommunistischen Partei Kontakt zur antikolonialen Bewegung in den belgischen Kolonien und damit auch zu Patrice Lumumba hielt. Diese Kontakte dienten der politischen Unterstützung der Unabhängigkeitsbewegung in Kongo selber und gleichermaßen der Bewegung in Belgien zur Entlassung aller Kolonien in die Unabhängigkeit.

Anfang 1959 kam es in Kinshasa, dem ehemaligen Léopoldville, im Zuge von Kämpfen um die Unabhängigkeit in vielen afrikanischen Regionen, zu starken Protesten. In Folge dessen wurde Patrice Lumumba im Oktober 1959 erneut von der belgischen Kolonialmacht verhaftet, gefoltert, jedoch nach vier Monaten wieder freigelassen. Es war in dieser Phase erkennbar, dass das Kolonialregime nur mit einem sehr großen Militäreinsatz hätte aufrecht erhalten werden können – und dafür gab es in Belgien selber keine Unterstützung mehr. Daraufhin entschied die belgische Regierung, den Weg für die Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonie zu ebenen.

Am 25. Mai 1960 fanden die ersten demokratischen Wahlen in Kongo statt, die Patrice Lumumba mit seiner Partei MNC deutlich gewann, so dass er der erste Präsident werden sollte. Am 30. Juni 1960 wurde die ehemalige belgische Kolonie in die Unabhängigkeit entlassen. Zu dieser Zeremonie war auch der damalige belgische König Baudouin I. angereist, der glaubte, in seiner Rede die „zivilisatorischen Leistungen“ der belgischen Kolonialbesatzung im Land betonen zu müssen. In einer scharfen Replik stellte Lumumba die afrikanische Sicht auf die Kolonialzeit dem entgegen. Da nach dieser Rede deutlich war, dass Lumumba kein „handzahmer“ Politiker sein würde, unterstützte die belgische Regierung separatistische Kräfte in der Provinz Katanga politisch, finanziell und sicherte sich mit 10.000 Soldaten die Kontrolle über den dortigen Bergbau. Als sich die UNO und die USA weigerten, der rechtmäßige kongolesischen Regierung zu helfen, wandte sich Lumumba an die UdSSR, die daraufhin Lebensmittel, Waffen und Fahrzeuge an die DRC lieferte.

Damit hatte er – aus der Sicht der USA – eine „rote Linie“ überschritten. Gemeinsam mit der belgischen Kolonialmacht und afrikanischen Oppositionellen organisierte der CIA bereits Ende 1960 einen Putsch gegen die demokratisch gewählte Regierung. Patrice Lumumba wurde als Kommunist dämonisiert, abgesetzt und unter Hausarrest gestellt. Veranlasst  durch die belgische Regierung und die US-Regierung wurde er nach tagelanger Folter am 17. Januar 1961 ermordet. Seine Leichnam wurde zerstückelt und in Säure aufgelöst. Nur ein Zahn, der ihm herausgebrochen worden war, blieb im Besitz eines der belgischen Mörder.

Der französische Philosoph Jean-Paul Sartre schrieb zur Ermordung von Lumumba: „Tot hört Lumumba auf, Person zu sein, und wird das ganze Afrika, mit seinem Einigungswillen, der Vielfalt seiner sozialen und politischen Systeme, seinen Spaltungen, seinen Zwistigkeiten, seiner Kraft und seiner Machtlosigkeit.“
Patrice Lumumba wurde mit seinem Tode im gesamten Afrika südlich der Sahara zu einem politischen Mythos. Auch in den ehemals sozialistischen Staaten wurde er mit Denkmälern und Namensgebungen geehrt. Der belgische Staat brauchte mehr als 60 Jahre, bevor er das letzte Stück der sterblichen Überreste, den Zahn, an die Demokratische Republik Kongo übergab. Eine öffentliche Entschuldigung blieb jedoch aus.

Foto:
©swr.de

Info:
Quelle: FIR Newsletter 2025-27 dt.
FIR: Fédération Internationale des Résistants, internationale Dachorganisation von Verbänden antifaschistischer Widerstandskämpfer