FRANKFURTER BUCHMESSE 18. - 22. OKTOBER 2023, Teil 19
Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – „DIE UNABHÄNGIGEN“, sind die hiesigen 950 Buchhandlungen , die als inhabergeführten Buchhandlungen bisher überlebt haben, also nicht von einer Kette aufgekauft wurden oder aufgeben mußten und die sich mit der nun zum 9ten Mal durchgeführten Wahl des Lieblingsbuches auch einen eigenen Status auf der Buchmesse und darüberhinaus gegeben haben.
Alles Gründe, diesem Vorgang Aufmerksamkeit zu schenken und vor allem, darüber zu berichten, denn noch haben wir sie, diese freien, selbständigen Buchhandlungen, die sich gegenüber den großen Ketten wie Thalia/Mayersche, Weltbild und Hugendubel behaupten können, bei insgesamt rund 5 000 Buchhandlungen, wie der Börsenverein des deutschen Buchhandels die Anzahl beziffert. Wobei wir von Amazon und anderen Internetanbietern schweigen.
Im letzten Jahr war EINE FRAGE DER CHEMIE von Bonnie Garmus aus dem Piper Verlag ausgewählt worden und hatte durch Hörensagen nach und nach eine sehr große Leserzahl erreicht. Es geht also um etwas bei dieser Wahl unter die letzten Fünf, die aus 267 Titeln ausgewählt wurden, wobei seit dem 2. Oktober die Abstimmung über den Siegertitel gelaufen ist, der nun heute, am 19. Oktober auf der Frankfurter Buchmesse ab 14 Uhr bekanntgegeben wird. Doch, das ist spannend, wer zum Lieblingsbuch gekürt wird, denn – so erfahren wir Nichtbuchhändler bei der Preisverleihung – in der „Woche unabhängiger Buchhandlungen“, vom 4. bis 11. November wird das ausgewählte Lieblingsbuch eine große Rolle spielen. Aber sicher auch die der Auswahlliste und anderer Bücher, die in dieser Woche auf Lesungen unters Volk kommen.
Diese fünf Romane sind
Elena Fischer: "Paradise Garden" (Diogenes)
Milena Michiko Flašar: "Oben Erde, unten Himmel" (Wagenbach)
Rónán Hession: "Leonard und Paul" (Woywood & Meurer)
Jarka Kubsova: "Marschlande" (S. Fischer)
Caroline Wahl: "22 Bahnen" (DuMont)
und werden der Reihe nach durch ihre Verleger und die Moderatorinnen vorgestellt.
Doch zuvor wird die Rolle der unabhängigen Buchhandlungen betont, die durch Sarah Reul (Pinkfisch, Buchladen am Freiheitsplatz in Hanau) vertreten sind, die zusammen mit Wibke Ladwig die Veranstaltung moderiert und tatsächlich in totalem Pink erscheint (Foto rechts). Es fallen schöne ermutigende Worte über Buchhandlungen, wie sie sein sollen: Orte der Zuversicht, der Vielfalt und Inspiration. In Hanau sind alle Mitarbeiter am Sortiment, also an der Auswahl der in der Buchhandlung einsehbaren und käuflichen Bücher beteiligt, eine echte Mitbestimmung. Sichere Räume seien es, solche Buchhandlungen, wo man Bücher findet, von denen man nicht wußte, daß man sie suchte.
Es sei das Gespräch mit dem Kunden, der Austausch mit dem Leser und der Leserin das Ausschlaggebende. Für die Hanauer Buchhandlung gilt, daß die Anschläge, die Morde von Hanau lebendig bleiben und einfach erfordern, Haltung zu zeigen. Bücher helfen nicht gegen alles und auch nicht für alles, aber sie bieten Orientierung, das Mindeste ist: KEIN PLATZ FÜR RASSISMUS.
In der einstündige Veranstaltung wurden die einzelnen Romane ausführlich vorgestellt. Im Gegensatz zum letzten Jahr, wo man als gemeinsames Thema der Endauswahl der letzten Fünf HERKUNFT ausmachen konnte, ist diesmal die Auswahl schwieriger in einem Begriff wiederzugeben. Diesmal ging es bei den letzten Fünf darum, den eigenen Platz in der Welt zu finden und sich in Resilienz zu üben.
Beim Zuhören der literarischen Qualitäten und auch ungewöhnlichen Begleitumstände, wie einzelne Bücher entstanden, wäre die Zuhörerin auf andere Lieblingsbücher als das schließlich ausgewählte gekommen, denn seltsamerweise wurden die anderen Romane viel ausführlicher besprochen. Darum der Tipp von uns, es nicht beim Lieblingsbuch der Unabhängigen zu belassen, sondern möglichst die anderen auch zu lesen. Denn bei Auswahlen, seien es das Lieblingsbuch oder der Deutsche Buchpreis, setzt sich halt leicht das Buch durch, das am wenigsten Anstoß erregt, also auch das durchschnittlichste ist, weil weniger Ecken und Kanten zum Widerspruch reizen und man sich schneller auf eine gemeinsame Ebene einigt. So auf jeden Fall war es sicherlich beim Deutschen Buchpreis, wo im Jahr 2023 ein Internatsroman ‚Sieger‘ wurde, obwohl mit Anne Rabes DIE MÖGLICHKEIT VON GLÜCK nun endlich ein Roman vorlag, der Antworten auf das krisen- und kriegsgeschüttelte Jahr 2023 gibt.
Fotos:
Titel. rechts die Autorin und Gewinnerin Caroline Wahl, links die Moderatorin Wibke Ladwig
letztes Foto: rechts die Gewinnerin und Vertreter der jeweiligen Verlage, besonders applaudiert Susanne Schüssler, Wagenbach Verlag
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