FESTER GLAUBE von Denise Mina neu auf Platz 9

Serie: DIE KRIMIBESTENLISTE im August 2023, Teil 7

Claudia Schulmerich

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Kriminalromane von Ariadne, angesiedelt im Argument Verlag sind immer etwas Besonderes und bringen vor allem faszinierende Frauengestalten als Ermittlerinnen. Aber eine solche wie Anna McDonald gab’s noch nie. Die ist – vergleiche Nena in ECHO DER GEWALT – das Gegenteil einer ihre eigene Geschichte aufarbeitenden explosiven Frau. Die ist eine, die immer vor sich selber davonrennt, aber in die richtige Richtung, nämlich in die zur Aufklärung von Verbrechen und sonstigen Übel.
Na, hoffentlich holt sie auch für sich selber irgendwann etwas heraus, aber so lange Anna gesellschaftlich das Übel erkennt, benennt und was dagegen tut, sind wir mit dieser heillos herumtigernden Aufklärerin sehr einverstanden, die wieder eine der von der Schottin Denise Mina völlig eigenständigen Figuren ist. So eine gab’s bisher wirklich nicht. Nun ist sie da und wird nicht aufgeben.
Schon der Anfang ist berückend, wie aus dem Leben eben. Anna verordnet sich und ihrer Familie kurzfristig einen kurzzeitigen Ferienaufenthalt. Ihrer Familie? Na ja, sie ist großherzig, es geht um ihre Patchworkfamilie, ihre zehn – und zwölfjährigen Töchter Jess und Lizzie, deren Vater Hamish sowie Anna journalistischer Partner Fin mit seiner Neuen, der attraktiven Sofia, die durch ihre ständiges Geplapper und dirigistisches Verhalten allen auf die Nerven geht, während Fins Ex, Estelle, die auch dabei ist, sich eher ums Kochen kümmert.

Da kommt die Nachricht gerade recht, daß LISA LEE verschwunden ist. Lisa Lee war in den letzten Wochen durch einen aufsehenerregenden Internetauftritt noch bekannter geworden. Sie war zusammen mit zwei Jünglingen auf ein verlassenen Anwesen in Frankreich gestoßen, wo in den Gemäuern die tollsten Kunstgegenstände herumstanden, aber die Bewohner, eine adlige Familie, verschwunden sind. Die meisten Kunstobjekte hat sie groß ins Bild gebracht, so daß der Film auch ein Dokument ist. Und dann wird eines der Objekte, eine römische Schatulle, in Paris versteigert.
Ach, es lohnt nicht, die Geschichte inhaltlich wiederzugeben, denn Anna McDonald , bzw. Denise Mina entfesselt einen solchen Mummenschanz von Kunstgegenständen, gierigen Kunstsammlern, weisen Kunstliebhabern, gesellschaftlichen Spielregeln und Internetspielverderbern, daß man einerseits mit Lachen gar nicht mehr aufhören möchte, andererseits voll Grauen der Autorin und Anna bestätigt, daß unsere Zeiten verrückt, übertrieben, krankhaft und eben nicht gesund sind.

Aber wie gut, daß es solche Durchhaltefrauen wie Anna gibt, die auch in der größten persönlichen Anspannung die Suche nach Wahrheit und Unversehrtheit von Personen hochhält und den Übeltätern das Handwerk legt. Sehr sehr unterhaltsam!