Logo III 72 dpi 1Das kritische Tagebuch

Geführt von Klaus Philipp Mertens

Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Corona im Licht der Transzendenz. – Frankfurts Verkehrsdebakel.


Corona im Licht der Transzendenz

Der katholische Theologe Knut Wenzel, Ordinarius für Systematische Theologie und Fundamentaltheologie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt, stellte unlängst in der säkularen „Frankfurter Rundschau“ die Frage nach Gott.
Anlass dazu bot ihm die Corona-Pandemie. Und so nutzte er die allgemeine Verunsicherung, um Mutmaßungen über einen geglaubten Gott anzustellen, der zwar allmächtig sei, das Leiden in der Welt aber dennoch nicht verhindere. Diese Theorie ist unter dem Begriff Theodizee bekannt. Bereits Gottfried Wilhelm Leibniz (1646 – 1716) setzte sich mit ihr ausführlich auseinander.

Theologen beziehen sich bei der Beschäftigung mit diesem Problem vielfach auf das Buch Hiob im Alten Testament. Dieser leidenden Gottesknecht, dessen Glaube an den vom ihm so erhofften Gott keine Erwiderung fand, ist eine Kunstfigur. Quasi eine literarische Gestalt, die den Menschen symbolisiert, der sich in der Welt allein gestellt sieht und lediglich auf die Solidarität der anderen Sterblichen hoffen darf.

Angesichts der Corona-Pandemie stellt sich ohnehin nicht die Frage nach einem Gott, sei dieser als gerechtes oder ungerechtes übernatürliches Wesen gedacht. Eine solche Abkehr von der realen Welt wäre nichts anderes als Verschwörungstheologie, die allerdings gut zu den diversen Verschwörungsideologien passte, die derzeit in Umlauf sind. Vielmehr ist die Fähigkeit des Menschen zum rationalen und allgemeinverträglichen Handeln zu hinterfragen.

Denn das Virus fordert uns heraus. Die forschende Wissenschaft enträtselt es stückweise nahezu im Wochenrhythmus. Und gleichzeitig muss sie es immer neu problematisieren hinsichtlich Infektionswegen, betroffenen Organen, tatsächlicher oder vermeintlicher Immunität sowie ungeklärter Langzeitfolgen. Es gibt keinen Anlass, ihm mit transzendenter Schwülstigkeit zu begegnen. Gefordert sind verbindliche weltliche Vorschriften, die sich aus der Rechtsordnung der Bundesrepublik ergeben: Wer nicht achtsam und rücksichtsvoll ist, verletzt elementare Artikel des Grundgesetzes wie die Menschenwürde und das Recht auf Gesundheit und Leben.

Professor Knut Wenzel bedient sich bei seiner Rechtfertigung des nicht Glaubhaften mehrfach des berüchtigten Circulus vitiosus. Er setzt das zu Beweisende bereits voraus. Unter anderem dadurch, dass er biblische Schriften wie Hiob oder den ersten Petrusbrief als Axiome missversteht, anstatt sie als persönliche Glaubenszeugnisse zu bewerten, deren Aussagen nicht verifizierbar sind.

Der überwiegende Teil der Gesellschaft bewegt sich längst im Zeitalter des Nichtglaubens, in dem der Theologie allenfalls noch als philosophischer Kategorie jenseits von Dogmatik und Scholastik eine Bedeutung zukommt. Der Mensch muss lernen, so zu leben, als ob es Gott nicht gibt.


Frankfurts-Verkehrsdebakel

Sowohl Frankfurts Verkehrsdezernent Klaus Oesterling als auch Demonstranten von „Fridays for Future“ scheinen den Main für die durchgängige südliche Grenze der Stadt zu halten. Folglich orientieren sie ihr Konzept von einer autofreien Innenstadt u.a. an der Sperrung des Nordufers, des Mainkais, für PKWs und LKWs. Und akzeptieren, dass diese Art von Verkehrsberuhigung und verbesserter Lebensqualität zu Lasten des Stadtteils Sachsenhausen und dessen Einwohnern geht.
Denn während der einjährigen und nunmehr beendeten Probephase machten die Pendler einen Umweg über Sachsenhausen. Die Anwohner von Sachenhäuser Ufer, Schaumainkai, Schweizer Straße, Walter-Kolb-Straße und Gartenstraße ächzten unter dem morgendlichen und spätnachmittäglichen Fahrzeugansturm. In den Seitenstraßen blockierten Parkplatzsucher viele Geh- und Radwege sowie Kreuzungsbereiche. Diese Zustände entlarvten die rot-grünen Verkehrsträume als Kirchturmpolitik. Wie es dem Nachbarn, für den man sich nicht interessiert, dabei geht, lässt Eindimensionale und Selbstgerechte bekanntlich gleichgültig.

Dabei ist es unbestritten: Frankfurt erstickt am Straßenverkehr. Und das betrifft sowohl die Innenstadt als auch die größeren Stadtteile. Deswegen muss der Pendlerverkehr nicht umgeleitet, sondern ausgesperrt werden. Park & Ride-Plätze an sämtlichen Einfallstraßen mit Umsteigemöglichkeiten zum ÖPNV sind die einzige Alternative. Begleitende Maßnahmen müssten klar von den Straßen abgegrenzte Radwege sein. Abgegrenzt nicht von roter Farbe, sondern von Leitplanken. Wünschenswert wären auch ein Fahrradführerschein und ein amtliches Radkennzeichen.
Ein Verbot von E-Rollern versteht sich in diesem Zusammenhang von selbst. Schließlich werden sie nicht genutzt für den letzten und kleinsten Teil der Entfernung zum Arbeitsplatz, sondern so gut wie ausschließlich als Vehikel für egoistischen Freizeitspaß. Zum Leidwesen und zur Gefahr für alle anderen im Verkehr. Ohnehin scheinen allzu viele Radler ihre mobilen Sozialisationsphasen in Großlimousinen, SUVs und Rennwagen durchlaufen zu haben. Ein Rowdy (männlich oder weiblich) auf zwei Rädern passt so wenig in die Zeit wie einer auf vier.

Politik, welche bestehende Unzulänglichkeiten und Ungerechtigkeiten ändern will, muss Haltung zeigen, muss mutig sein. Bei der konsequenten Regulierung des innerstädtischen Straßenverkehrs sind diese Tugenden besonders erforderlich. Man kämpft gegen jahrzehntelang vermittelte Dummheit, Fahrlässigkeit und Rücksichtslosigkeit. Verkehrsdezernent Klaus Oesterling fiel lediglich rote Farbe für den Radweg und ein gesperrtes Main-Nordufer ein. Das war nicht nur zu wenig, das war auch falsch. Den Protestierern von „Fridays for Future“ sollte das eine Warnung sein. Andernfalls enden sie als Funktionäre in irgendeiner Partei. Und schauen dabei - wie ihre Vorgänger - den anderen beim Sterben zu.