Ute Blessing und Katja Lüke
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Deutschland hat sich durch die Unterzeichnung der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) bereits im Jahr 2009 dazu verpflichtet, Menschen mit Behinderungen einen gleichberechtigten Zugang zu allen öffentlichen Einrichtungen, Dienstleistungen und Produkten zu ermöglichen. Wie sieht es mit der Umsetzung aus, zum Beispiel oder gerade auch im Sport?
Am 20. Mai 2021 hat die große Koalition der Bundesregierung das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) verabschiedet, das 2025 in Kraft treten soll. Das BFSG ist eine Folge des European Accessibility Acts (EAA), das als Europäische Richtlinie verpflichtend in das deutsche Recht umgesetzt werden muss. Darin wird die Barrierefreiheit von Produkten und Dienstleistungen (unter anderem Computer, Smartphones, der Online-Handel oder digitale Angebote im Fernverkehr) geregelt, allerdings erst mit einer Umsetzungsdauer bis 2030 bzw. für Banken- und Ticketautomaten sogar bis 2040. Die bauliche Barrierefreiheit ist nur für Gebäude des Bundes vorgeschrieben.
Nun findet das Leben aber weniger in Behörden statt als vielmehr in Schulen und am Arbeitsplatz, Geschäften und Fußgängerzonen, Veranstaltungsräumen, Sportstätten und Kirchen. All diese und private Anbieter (und somit z.B. auch Arztpraxen) sind weiterhin nicht zur Barrierefreiheit verpflichtet. Gesetze zur Barrierefreiheit sind wichtig, denn es reicht nicht, wenn ausschließlich oder zuerst an den Barrieren im Kopf gearbeitet wird.
Solche Gesetze wie das BFSG, die nun Barrierefreiheit stärken sollen, reichen allerdings der Mehrheit der Menschen mit Behinderungen und ihrer Verbände bei weitem nicht aus. Die Halbherzigkeit, dass ein Automat barrierefrei bedienbar (in einigen Jahren), aber dazu noch lange nicht barrierefrei erreichbar sein muss (z.B. ohne Stufen und mit Blindenleitsystem), lässt Menschen mit Behinderungen wieder einmal teilweise wütend, teilweise verzweifelt, teilweise (erst einmal) entmutigt zurück. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und vor allem die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe setzt aber Barrierefreiheit voraus. Menschen mit Behinderungen sind auch ohne Lockdown noch von so vielen Ereignissen, Anbietern und Orten durch Barrieren ausgeschlossen.
Wie denkt man Barrierefreiheit mit? Ist sie über Gesetze zu erreichen? Ist Teilhabe für Menschen mit Behinderungen durch den Abbau der Barrieren in den Köpfen möglich? Sicherlich nicht. Dafür war jahrzehntelang Zeit. Deshalb fordern viele Menschen mit Behinderungen, dass auch private Anbieter zur Barrierefreiheit verpflichtet werden müssen. Auch der Sport ist aktuell noch nicht gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet. Es ist die Umsetzung von Respekt, Fair Play und dem Wunsch, niemanden auszuschließen, der im Sport Barrieren abbaut oder auch gar nicht erst entstehen lässt.
Das wurde auch im DOSB-Positionspapier „Inklusion leben“, das 2013 von allen Mitgliedsorganisationen einstimmig beschlossen wurde, so dargelegt. 3 • Nr. 19 • 15. Juni 2021 Zum Inhaltsverzeichnis Der DOSB hat ein großes Interesse, Barrierefreiheit umzusetzen: Der Neubau des „Haus des Sports“ wurde von Anfang an barrierefrei und nachhaltig geplant. Dennoch haben wir im DOSB Verbesserungsbedarf erkannt, so dass wir mittlerweile einen Tastplan für sehbehinderte Menschen, eine bessere Beschilderung sowie die Anschaffung von Escape-Stühlen für den Notfall umgesetzt haben. Dies wollen wir kontinuierlich fortführen. Genauso wird Barrierefreiheit erfreulicherweise auch immer mehr in vielen Mitgliedsorganisationen umgesetzt: Leichte Sprache bei vielen Informationen, barrierefreie Homepages, Veranstaltungen, die von Gebärdensprachdolmetscher*innen begleitet werden, inklusive Mannschaften, aber auch Volunteers, Audiodeskription bei großen Live-Veranstaltungen und immer wieder der Wunsch, niemanden auszuschließen.
Der DOSB fühlt sich der Umsetzung der UN-BRK verpflichtet. Sport ist (noch) nicht flächendeckend inklusiv und barrierefrei, dem BFSG sind wir aber mindestens in der Haltung einen großen Schritt voraus. Wir wollen Barrierefreiheit, wann immer es möglich ist und so schnell wie möglich. Denn das ist Fair Play: Handeln für Barriereabbau!
Foto:
©
Info:
Ute Blessing ist DOSB-Resssortleiterin Inklusion
Katja Lüke DOSB-Referentin Inklusion
Nun findet das Leben aber weniger in Behörden statt als vielmehr in Schulen und am Arbeitsplatz, Geschäften und Fußgängerzonen, Veranstaltungsräumen, Sportstätten und Kirchen. All diese und private Anbieter (und somit z.B. auch Arztpraxen) sind weiterhin nicht zur Barrierefreiheit verpflichtet. Gesetze zur Barrierefreiheit sind wichtig, denn es reicht nicht, wenn ausschließlich oder zuerst an den Barrieren im Kopf gearbeitet wird.
Solche Gesetze wie das BFSG, die nun Barrierefreiheit stärken sollen, reichen allerdings der Mehrheit der Menschen mit Behinderungen und ihrer Verbände bei weitem nicht aus. Die Halbherzigkeit, dass ein Automat barrierefrei bedienbar (in einigen Jahren), aber dazu noch lange nicht barrierefrei erreichbar sein muss (z.B. ohne Stufen und mit Blindenleitsystem), lässt Menschen mit Behinderungen wieder einmal teilweise wütend, teilweise verzweifelt, teilweise (erst einmal) entmutigt zurück. Die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und vor allem die gleichberechtigte und selbstbestimmte Teilhabe setzt aber Barrierefreiheit voraus. Menschen mit Behinderungen sind auch ohne Lockdown noch von so vielen Ereignissen, Anbietern und Orten durch Barrieren ausgeschlossen.
Wie denkt man Barrierefreiheit mit? Ist sie über Gesetze zu erreichen? Ist Teilhabe für Menschen mit Behinderungen durch den Abbau der Barrieren in den Köpfen möglich? Sicherlich nicht. Dafür war jahrzehntelang Zeit. Deshalb fordern viele Menschen mit Behinderungen, dass auch private Anbieter zur Barrierefreiheit verpflichtet werden müssen. Auch der Sport ist aktuell noch nicht gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet. Es ist die Umsetzung von Respekt, Fair Play und dem Wunsch, niemanden auszuschließen, der im Sport Barrieren abbaut oder auch gar nicht erst entstehen lässt.
Das wurde auch im DOSB-Positionspapier „Inklusion leben“, das 2013 von allen Mitgliedsorganisationen einstimmig beschlossen wurde, so dargelegt. 3 • Nr. 19 • 15. Juni 2021 Zum Inhaltsverzeichnis Der DOSB hat ein großes Interesse, Barrierefreiheit umzusetzen: Der Neubau des „Haus des Sports“ wurde von Anfang an barrierefrei und nachhaltig geplant. Dennoch haben wir im DOSB Verbesserungsbedarf erkannt, so dass wir mittlerweile einen Tastplan für sehbehinderte Menschen, eine bessere Beschilderung sowie die Anschaffung von Escape-Stühlen für den Notfall umgesetzt haben. Dies wollen wir kontinuierlich fortführen. Genauso wird Barrierefreiheit erfreulicherweise auch immer mehr in vielen Mitgliedsorganisationen umgesetzt: Leichte Sprache bei vielen Informationen, barrierefreie Homepages, Veranstaltungen, die von Gebärdensprachdolmetscher*innen begleitet werden, inklusive Mannschaften, aber auch Volunteers, Audiodeskription bei großen Live-Veranstaltungen und immer wieder der Wunsch, niemanden auszuschließen.
Der DOSB fühlt sich der Umsetzung der UN-BRK verpflichtet. Sport ist (noch) nicht flächendeckend inklusiv und barrierefrei, dem BFSG sind wir aber mindestens in der Haltung einen großen Schritt voraus. Wir wollen Barrierefreiheit, wann immer es möglich ist und so schnell wie möglich. Denn das ist Fair Play: Handeln für Barriereabbau!
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Ute Blessing ist DOSB-Resssortleiterin Inklusion
Katja Lüke DOSB-Referentin Inklusion