Und was darauf noch folgen könnte
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Die Gefahren lauern immer und überall – auf Deutschlands Fußgängerwegen.
In der „Frankfurter Rundschau“ beklagte ein Leser die nach seiner Meinung zu euphorische Berichterstattung über radfahrergerechte Innenstädte, der gegenüber Fußgängerinteressen keinen Raum fänden. Schiefe und unfallträchtige Bürgersteige, Radfahrer, die Passanten auf den Gehwegen attackieren, die ständige Nichtbeachtung von Verkehrsampeln sowie die Belästigung durch E-Scooter-Fahrer sei der Zeitung offensichtlich keine Recherche und keinen Artikel wert.
Meine Erfahrungen sind ähnlich. Seit 34 Jahren und 6 Monaten lebe ich in Frankfurt am Main. Während dieser Zeit geriet ich als Fußgänger zweimal in Lebensgefahr, als Autofahrer an Zebrastreifen ungebremst auf mich zurasten. Im einen Fall konnte ich mir das Kennzeichen nicht merken, im zweiten musste der Fahrer lediglich ein Bußgeld zahlen, weil man ihm keine Absicht nachweisen konnte. Damals habe ich begriffen, warum Frankfurt in Gangsterkreisen als Paradies gilt.
Rein statistisch mögen diese Gefährdungen vernachlässigbar sein. Das sieht bei den Zusammenstößen und Beinahezusammenstößen mit Radfahrern, die verbotswidrig auf Gehwegen unterwegs sind, mittlerweile völlig anders aus. Nahezu täglich werde ich mindestens einmal entweder vorsätzlich zur Seite gedrängt oder sogar angerempelt. Seit zwei Jahren erhalten die Rad-Rowdys Verstärkung von E-Scooter-Desperados. Eine jüngere Frau, mit einem solchen E-Roller bewaffnet, die es nicht geschafft hatte, mich auf einem Fußgängerüberweg anzufahren, drehte anschließend um und versuchte es erneut, doch ich konnte mich zwischen geparkte Autos flüchten. Laute Beschwerden rufen bei diesen Leuten mit ausgeprägten Killerinstinkten allenfalls das Zeigen des „Stinkefingers“ oder die Androhung von Gewalt hervor.
Vor diesem Hintergrund befürchte ich Schlimmstes, wenn das künftige städtische Machtkonsortium (Grüne, SPD, FDP und Volt) die im Wahlkampf angekündigte Verkehrswende umsetzt. Dann werde ich als Fußgänger möglicherweise vogelfrei sein.
Während des ersten Jahrzehnts meiner Zeit in Frankfurt habe ich selbst noch häufig das Fahrrad benutzt. Doch die Freude an diesem umweltverträglichen Verkehrsmittel wurde mir zunehmend verleidet. Statt für eine klare Trennung von Gehwegen, Radwegen, Autostraßen und Spuren für den ÖPNV mit durchdachten Kreuzungssystemen zu sorgen, wurde unter Federführung der Grünen ein Verteilungskampf unter den Verkehrsteilnehmern initiiert.
Ein typisches Beispiel ist die Straße, in der ich wohne. Sie ist eine Einbahnstraße, auf beiden Seiten dürfen PKWs unter Teilnutzung der Gehsteige geparkt werden (was den Stellenwert der Fußgänger verdeutlicht), Radfahren ist in jede Richtung gestattet. Ein Begegnungsverkehr ist unter Maßgabe der gesetzlichen Abstände jedoch nur selten möglich. Folglich weichen die Radfahrer auf die Gehwege aus.
Da ich nicht suizidal veranlagt bin, lasse ich das Rad längst im Keller stehen und bewege mich wie ein gejagter Hase schnellen Schrittes zu Fuß zwischen geparkten und fahrenden Autos sowie Radfahrern, von denen sich nur wenige an die Regeln halten und anderen, die ihren Hedonismus auf zwei Rädern ausleben.
Die viel proklamierte grüne Wende scheint darauf hinauszulaufen, überfällige Strukturveränderungen auf den Ruinen der alten Unordnung zu errichten, ohne die kontaminierten Trümmer zu beseitigen und zu entsorgen. Den Bürgern werden nach wie vor waffenfähige Verkehrsmittel zur Verfügung stehen.
Apropos Waffen: Es darf prognostiziert werden, dass das neue Denken alsbald auch beim Militär seine Entsprechung findet. So wird das grün-alternative Sturmgewehr „G36 öko“ künftig grundsätzlich mit Schalldämpfer geliefert (Keine Chance dem Lärm!) und es werden ausschließlich Bauteile aus nachhaltigen Rohstoffen verwendet, wobei selbstverständlich auf Kinderarbeit verzichtet und sogar in Entwicklungsländern der Mindestlohn gezahlt wird. Gleiches gilt für Munition sowie für Granaten und Minen. Das Koppelschloss der Soldaten schmückt eines nicht mehr fernen Tages die Prägung „Freiheit, Ökologie und Kapitalismus“. Lediglich der alte Tod wird bleiben, nicht zuletzt im Straßenverkehr.
Foto:
Radfahrer gefährdet Fußgänger auf Gehweg
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