Aus dem Corona-Newsletter des hr
Sven-Oliver Schibat
Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Bis vor ein paar Tagen war ich noch optimistisch, was meinen bevorstehenden Urlaub angeht. Endlich mal wieder raus, dachte ich. So langsam werde ich aber doch nervös: Die Infektionszahlen steigen nicht nur in Hessen und Deutschland weiter, sondern überall in Europa. Pünktlich zum Start in die Sommerferien.
Hessen lockert - teilweise
Trotzdem hat das Corona-Kabinett der Landesregierung heute weitere Lockerungen auf den Weg gebracht, vor allem für die Bereiche Veranstaltungen, Gastronomie und Tourismus. Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) stellte in Wiesbaden zwar klar: Die Pandemie ist noch lange nicht vorbei. Weil die Belastung der hessischen Krankenhäuser derzeit trotz der ansteckenderen Delta-Variante und einer steigenden Inzidenz in den vergangenen Wochen niedrig geblieben ist, sei nun aber die Zeit, die Grundrechtseinschränkungen teilweise zu lockern.
Diese Regeln gelten ab Donnerstag, 22. Juli:
Als neue Warnstufe wird eine Inzidenz von 35 eingeführt. In diesem Bereich greifen die Lockerungen. Wird diese Zahl in einem Kreis überschritten, gelten die bisherigen Regelungen. Überschreitet ein Kreis die Zahl von 50 Infektionen pro 100.000 Einwohnerinnen und Einwohner innerhalb von 7 Tagen, können weitere Einschränkungen beschlossen werden, zum Beispiel im Bereich der Kontakte.
Veranstaltungen: Zusammenkünfte bis 25 Personen gelten nicht als Veranstaltung, es gibt keine Testpflicht. Ab 100 Personen gilt eine Testpflicht für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer, auch für Geimpfte und Genesene. Veranstaltungen mit mehr als 750 Teilnehmenden im Innenbereich und 1.5000 Personen im Außenbereich benötigen eine Genehmigung des zuständigen Gesundheitsamts und ein Hygienekonzept. Für Großveranstaltungen ab einer Zahl von 5.000 Personen, etwa Fußballspiele, ist eine Auslastung von 50 Prozent erlaubt. Die Grenze liegt aber - bundesweit - bei maximal 25.000 Menschen.
Volksfeste: Eine Kontaktdatenerfassung gilt nur für gastronomische Angebote, nicht aber die Veranstaltung an sich. Da, wo die Abstandsregeln nicht eingehalten werden können, gilt die Maskenpflicht.
Gastronomie: Die Testpflicht im Innenbereich entfällt. Es gilt weiterhin eine Maskenpflicht bis zum Sitzplatz.
Touristische Übernachtungen: Ein negativer Corona-Test oder ein Impf-/Genesenennachweis muss vorgelegt werden. Im Vergleich zur bisherigen Verordnung allerdings nicht mehr wöchentlich, sondern nur noch einmalig.
Tanzveranstaltungen in Clubs und Diskotheken: Tanzveranstaltung sind weiterhin nur im Freien erlaubt. Statt wie bisher 10 Quadratmeter pro Person reichen ab Donnerstag aber 5 Quadratmeter aus. Im Innenbereich dürfen Clubs und Diskotheken weiterhin nur als gastronomisches Angebot mit Sitzplatz öffnen. Der Blick auf Länder wie Griechenland, die Niederlande und Spanien zeige, dass in diesem Bereich noch keine Lockerungen möglich seien, so Bouffier.
Mehr dazu finden Sie auch in unserem Coronavirus-Ticker und heute Abend in der hessenschau im hr-fernsehen:
Liste der Risikogebiete wächst
Tatsächlich zeigen unsere europäischen Nachbarn, dass wir noch lange nicht über den Berg sind. Mein Kollege Sven-Oliver Schibat hat in der Newsletter-Ausgabe vom Freitag bereits darüber berichtet, wie sich die Lage in beliebten Urlaubsregionen wie beispielsweise auf den Balearen entwickelt. Seit dem vergangenen Wochenende gelten nun auch die Niederlande, https://www.tagesschau.de/newsticker/liveblog-coronavirus-samstag-263.html#Niederlande-und-Griechenland-jetzt-Corona-Risikogebiete Griechenland und Teile Dänemarks – etwa die Region um die Hauptstadt Kopenhagen - als Corona-Risikogebiete. Das Auswärtige Amt rät von touristischen Reisen in diese Länder und Regionen ab. Wer aus einem solchen Risikogebiet auf dem Landweg nach Deutschland einreist und nicht geimpft oder genesen ist, muss einen negativen Corona-Test vorweisen - wer fliegt sowieso.
Forscher erwarten vierte Welle im Oktober
Kommt sie nun oder kommt sie nicht? Während Ministerpräsident Volker Bouffier sie in der heutigen Pressekonfernez als "rein spekulativ" bezeichnete, ist sich eine Wissenschaftlergruppe der Technischen Universität Berlin sicher: Die vierte Welle kommt. https://www.tagesschau.de/inland/rki-zahlen-691.html
Und zwar im Herbst. In dem Bericht von Mobilitätsforscher Kai Nagel und seinem Team heißt es, die Simulationen zeigten einen exponentiellen Anstieg der Krankenhauszahlen ab Oktober – oder sogar noch früher, falls die aktuelle Entwicklung anhalte. Nur wenn die Impfstoffe gegen die Delta-Variante deutlich besser wirkten als derzeit bekannt oder eine Impfquote von 95 Prozent erreicht werde, bleibe eine vierte Welle aus, so die Forscher. Aktuell liegt die Quote der vollständig Geimpften in Hessen bei 45,7 Prozent, in Deutschland bei 46,4 Prozent der Gesamtbevölkerung.
Vor-Ort-Impfaktionen in mehreren Städten
Damit die Impfquote weiter nach oben geht, gibt es immer mehr Ideen, das Prozedere zu vereinfachen: zum Beispiel mit Vor-Ort-Impfungen ohne Terminvereinbarung. Am heutigen Montag und am Dienstag können sich Impfwillige beispielsweise im Darmstädter Impfzentrum bei einer sogenannten "Happy Hour" immunisieren lassen – von 18 bis 22 Uhr und ohne Termin. Einzige Voraussetzung: Sie müssen volljährig sein. Und bitte Personalausweis, Impfausweis und Krankenkassenkarte mitbringen!
Die Clubs bleiben zu - gefeiert wird trotzdem
Apropos Happy Hour: Jetzt, wo die Ferien beginnen und auch das Wetter endlich besser ist, stellt sich für viele wieder die Frage: Wohin zum Feiern? Weil die neue Corona-Verordnung Tanzen im Club weiterhin nicht erlaubt, entstehen viele privat organisierte Partys und Techno Raves – in Parks, im Wald oder unter Brücken. Für die Clubs in den hessischen Städten sind die aber eher Konkurrenz als Unterstützung der Szene. Einige Club-Inhaber fordern im Gespräch mit hessenschau.de deswegen mehr Freiflächen, die von den Städten für Open-Airs zur Verfügung gestellt werden.https://www.hessenschau.de/kultur/illegale-raves-und-techno-clubs-starten-wieder-durch,illegale-raves-100.html
Wer es nicht so mit dem Feiern hat, aber trotzdem nach draußen will, findet hier
https://www.hessenschau.de/freizeit/5-ungewoehnliche-ausflugstipps-fuer-die-sommerferien,ferientipps-sommer-100.html
fünf ungewöhnliche Ausflugstipps für die Sommerferien – und hier
https://www.hessenschau.de/freizeit/warum-skateboardfahren-seit-corona-einen-kick-erlebt,corona-skateboarden-100.html
vielleicht Inspiration für eine neue Sportart, die man gut auf Abstand ausführen kann.
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Zum Schluss möchte ich noch einmal das Thema wechseln, denn in den letzten Tagen dominierte etwas Anderes die Nachrichtenlage: die Hochwasser in Teilen Deutschlands. Nach Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen hat es nun auch den Süden und den Osten Deutschlands getroffen. Immer wieder ist bei der Berichterstattung vom veränderten Jetstream die Rede. Hier wird erklärt, was es damit auf sich hat. Wie Sie Betroffenen auch von Hessen aus helfen können, lesen Sie hier.
Foto:
Miriam Kassis in der Bowl im Hafenpark Frankfurt
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