gesprachderwocheKundenservice der WELT zu Corona vom gestrigen Freitag

WELT Corona-Update

Hamburg (Weltexpresso) - Wer sollte wann eine Corona-Auffrisch-Impfung bekommen – und benötigt man sie überhaupt? Zumindest für Risiko-Patienten gibt es jetzt etwas mehr Klarheit: Denn die Ständige Impfkommission (Stiko) hat ihre Empfehlung veröffentlicht und rät Menschen mit Immundefekten oder Erkrankungen, bei denen das Immunsystem medikamentös herunterreguliert wird, zu einer Auffrischung.

Eine Einteilung nach Altersgruppen – also eine generelle Auffrisch-Empfehlung zum Beispiel für Senioren – will die Kommission derzeit noch nicht empfehlen, sagte der Stiko-Vorsitzende Thomas Mertens. Und: „Wann für Nichtrisikopatienten eine Auffrischungsimpfung nötig sein wird, ist wissenschaftlich deutlich schwerer zu beantworten." Warum Ältere aber dennoch eine dritte Impfung bekommen können, das erfahren Sie auf welt.de.

Die meisten Deutschen sind gegen ein schnelles Wegfallen aller Corona-Auflagen: Bei einer Online-Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov stimmten 61 Prozent der Befragten gegen eine sofortige Aufhebung aller Beschränkungen. 33 Prozent stimmten hingegen dafür. Alle Details finden Sie hier:
https://www.welt.de/vermischtes/live230889917/Corona-Klare-Mehrheit-gegen-Ende-aller-Corona-Auflagen.html?sc_src=email_1116456&sc_lid=105144229&sc_uid=raKDXZXdCb&sc_llid=6132&sc_cid=1116456&cid=email.crm.redaktion.newsletter.corona&sc_eh=eaa34f92ee875df71


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Im Wochenvergleich ist die bundesweite 7-Tage-Inzidenz um 15 Prozent gesunken und liegt nun bei 62,5. In zwei ostdeutschen Bundesländern gab es dagegen deutliche Steigerungen: in Sachsen-Anhalt um 31 und in Thüringen um 21 Prozent.



DAS GESPRÄCH DER WOCHE



Behandlungen von Corona-Patienten sind kostspielig: Eine Versicherung hat daher vorgeschlagen, künftig unterschiedliche Tarife für Geimpfte und Ungeimpfte zu erwägen – je nach Kostenrisiko. Lars Gatschke ist Referent für Finanz- und Versicherungspolitik bei der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) – und sieht das kritisch. Im Interview mit WELT erklärt er, warum ein solcher Vorstoß nicht umsetzbar wäre – und die Krankenkassenbeiträge unweigerlich teurer werden.

WELT: Herr Gatschke, Sie raten davon ab, verschiedene Versicherungs-Tarife für Geimpfte und Ungeimpfte einzuführen. Warum?

Gatschke: Es gibt aus meiner Sicht keine ausreichende Datenbasis, um eine Prämie zu berechnen. Voraussetzung für die Prämiendifferenzierung ist eine möglichst genaue Schätzung der Schadenerwartungswerte in Abhängigkeit von Risikomerkmalen. Vor allem in der Personenversicherung – und insbesondere in der privaten Krankenvorsorge – muss man eine hinreichende Menge an Daten haben, um zu rechtfertigen, dass es verschiedene Versicherungsprämien gibt. Weder die Quantität noch die Qualität der Daten ist vorhanden.


WELT: Ist es also nur eine Frage des Zeitpunkts? Kämen verschiedene Tarife infrage, wenn zum Beispiel in einigen Monaten mehr Daten zur Verfügung stehen?

Gatschke: Ich sehe die Validität nicht in einem Jahr, wir reden – wenn überhaupt – von Jahrzehnten. Es gibt bestimmte Krankheiten wie etwa Diabetes, die bei der Kalkulation einer Krankenversicherungsprämie als Risikofaktoren relevant sind. Man sieht Effekte, wenn Diabetiker an Chronikerprogrammen teilnehmen. Dennoch führt dies bisher noch nicht zu einer kalkulatorischen Prämienanpassung. Und hier ist die Datenlage deutlich besser als bei Corona. Unternehmensindividuelle Risikobewertungen müssen gegenüber der Aufsichtsbehörde nachvollziehbar begründet werden. Den Nachweis könnten Versicherer derzeit nicht bringen – und eigentlich wurde ja eine gesellschaftspolitische Frage aufgeworfen.


WELT: Was meinen Sie damit?

Gatschke: Man könnte sich auch fragen: Warum haben wir diese Debatte jetzt bei den Coronaimpfungen geführt und nicht schon bei der Masern-Impfpflicht? Der Gesetzgeber hat die Entscheidung zu den Maser-Impfungen getroffen und dies ist der richtige Weg. Es obliegt nicht den Versicherungen, die Sozialadäquanz festzulegen und den Menschen vorzuschreiben, wie sie sich in ihrer privaten Lebensführung zu verhalten haben. Das müsste der Gesetzgeber machen, wenn ein breiter gesellschaftlicher Konsens dafür da ist, dass Impfen das Maß der Dinge ist.


WELT: Macht es in dieser Tarif-Debatte einen Unterschied, ob jemand privat oder gesetzlich versichert ist?

Gatschke: Schlichtweg: ja. Bei der gesetzlichen Krankenkasse wird nicht nach dem Gesundheitszustand differenziert. Der Anknüpfungspunkt ist das Einkommen, je nach Einkommen variiert der Beitrag. In der privaten Krankenkasse ist das System ein anderes: Hier gilt der Grundsatz, dass ein höheres Risiko eine höhere Prämie zahlt. Grundlage sind die zu erwartenden Ausgaben, der sogenannte Kopfschaden. Dies sind die durchschnittlichen Kosten einer Kohorte. Das wiederum spricht aber auch dagegen, alles zu individualisieren. So wären Telematik-Tarife wie in der KFZ-Versicherung, wo auch auf das individuelle Verhalten abgestellt wird, in der privaten Krankenversicherung unzulässig.


WELT: Grundlage für die Diskussion sind die hohen Kosten bei den Behandlungen von Covid-Patienten, teilweise von mehreren Zehntausend Euro. Wenn die Krankenkassen-Tarife nicht nach Impfstatus aufgeteilt und berechnet werden, bedeutet das im Umkehrschluss, dass die Krankenkassen-Beiträge für alle steigen?

Gatschke: Corona wird einen Effekt haben, weil diese Krankheit zu dem Zeitpunkt, an dem die Tarife kalkuliert wurden, nicht berücksichtigt werden konnte. Aber auch hier ist es kein Sonderfall: Dies gilt für jede neue Krankheit oder neue Behandlungsmethode und dem Phänomen einer alternden Gesellschaft, dass die Gesundheitsausgaben und somit die Prämien steigen. Dies wird solidarisch im Kollektiv der privaten Krankenversicherung getragen – so wie jedwede Form von Unvernunft auch.



DER GERSEMANN DER WOCHEBildschirmfoto 2021 09 24 um 22.56.47

Das Durchschnittsalter der neuen Corona-Fälle in Deutschland ist seit Beginn der Impfkampagne über Monate gefallen – von 49 Jahre bis auf 29 Jahre in der zweiten Augusthälfte. Doch jetzt steigt das Durchschnittsalter wieder, in der zurückliegenden Woche lag es bei 31 Jahren. Auch das Durchschnittsalter der hospitalisierten Covid-19-Patienten klettert: Vorige Woche lag es bei 55 Jahren und damit so hoch wie seit Juni nicht.


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Quelle: AP Photo/Kyle Green