Der Coronavirus-Impfstoff von Novavax darf auf eine baldige EU-Zulassung hoffen. Auf diesen vermeintlichen "Totimpfstoff" setzen viele Impfskeptiker. Doch ist Novavax wirklich ein Hoffnungsträger?
Angela Göpfert
tagesschau.de (Weltexpresso) - In vielen Medien heißt es immer wieder, Novavax habe das Zeug dazu, auch eingeschworene Impfskeptiker zu überzeugen. Schließlich sei Novavax ein "Totimpfstoff". Doch stimmt das überhaupt? Hier sind Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Novavax-Vakzin Nuvaxovid (NVX-CoV2373).
Wann kommt die Zulassung?
Bislang ist das Präparat von Novavax nur in Indonesien und den Philippinen zugelassen. Doch in den vergangenen Wochen stellte das US-Unternehmen in einer Reihe weiterer Länder Anträge auf Zulassung, darunter in Großbritannien, Kanada, Australien - und in der EU. Hier könnte es schon in Kürze Neuigkeiten geben.
"Der Impfstoff von Novavax könnte in naher Zukunft zugelassen werden", sagte Emer Cooke, Leiterin der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA, während einer öffentlichen Sitzung in Brüssel vor den EU-Gesundheitsministern. Zuvor hatte es aus der EMA geheißen, mit einer Zulassung könne Ende dieses Jahres oder Anfang 2022 gerechnet werden.
TotimpfstoffNovavax beantragt EU-Zulassung
Die EU-Arzneimittelbehörde will in einigen Wochen eine Entscheidung bekannt geben.
Wie wirksam ist das Novavax-Vakzin?
Einer bereits im Sommer veröffentlichten Studie mit 30.000 Teilnehmern zufolge ist der Corona-Impfstoff aus dem Hause Novavax mit einer Wirksamkeit von 90 Prozent hoch effektiv. Er wirkt demnach ähnlich stark wie die bereits zugelassenen mRNA-Impfstoffe von BioNTech und Moderna. Für den vollständigen Impfschutz sind zwei Impfungen im Abstand von drei Wochen nötig.
Studie zu Corona-ImpfstoffNovavax zu 90 Prozent wirksam
Der Corona-Impfstoff von Novavax ist laut vorläufiger Studiendaten sicher und hochwirksam - auch bei Virusvarianten.
Wie sinnvoll ist eine Novavax-Kreuzimpfung?
In Deutschland haben bereits Millionen Menschen Corona-Schutzimpfungen mit anderen Vakzinen erhalten, weltweit sind es mehrere Milliarden Menschen. Umso interessanter ist das Ergebnis einer jüngst im Fachjournal "The Lancet" veröffentlichten britischen Studie.
Danach konnten bei Menschen, die zwei Dosen BioNTech als Grundimmunisierung erhalten hatten, die Antikörper durch einen Novavax-Booster um das Fünffache gesteigert werden. Das war in etwa vergleichbar mit der Wirkung eines Janssen- oder AstraZeneca-Boosters. Noch besser fiel die Immunantwort allerdings bei einem mRNA-Booster aus: Hier schnellten die Antikörper um den Faktor 8,1 (BioNTech) respektive 11,5 (Moderna) in die Höhe.
Moderna und BioNTech: Darum ist die Booster-Impfung so wichtig
Ob Moderna oder BioNTech - der Effekt der Booster-Impfung für den Schutz vor Corona überzeugt die Wissenschaft.
Was ist mit Omikron?
Das Unternehmen Novavax führt aktuell Studien durch, um zu bewerten, wie wirksam sein aktueller Corona-Impfstoff gegen die Omikron-Variante ist. Zudem hat es bereits mit der Entwicklung eines Omikron-spezifischen Impfstoffkonstrukts begonnen.
Labortests zu ImpfstoffenBooster wichtig für Schutz gegen Omikron
Laut Virologin Ciesek sagen die Daten nichts darüber aus, ob Geimpfte vor einem schweren Verlauf geschützt sind.
Ist Novavax ein Totimpfstoff?
Nein, das stellte jüngst sogar der neue Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach auf Twitter klar. Ein Totimpfstoff enthält abgetötete Viren beziehungsweise Bestandteile davon. Die meisten Grippeimpfstoffe, viele Impfstoffe gegen Kinderkrankheiten aber auch gegen Tollwut sind Totimpfstoffe. Totimpfstoffe gegen Corona gibt es von Sinovac aus China und von Valneva aus Frankreich. Diese enthalten das ganze, aber inaktivierte Virus.
Novavax hingegen ist ein sogenannter rekombinanter Proteinimpfstoff. Er enthält winzige Partikel, die aus einer im Labor hergestellten, also künstlichen Version des Spike-Proteins von Sars-CoV-2 bestehen und so die Produktion von Antikörpern ankurbeln sollen.
Laut dem RKI können allerdings die mRNA- und Vektorimpfstoffe mit Totimpfstoffen "gleichgesetzt werden", da sie "keine vermehrungsfähigen Viren" enthalten. Das dürfte denn auch für den Impfstoff von Novavax zutreffen.
Könnte Novavax Impfskeptiker überzeugen?
Die proteinbasierte Technologie ist - anders als mRNA - schon seit geraumer Zeit bekannt. In den USA ist sie bereits seit 1986 im Einsatz. Novavax könnte daher das Interesse von Menschen wecken, die Vorbehalte gegen eine Immunisierung mit mRNA-Vakzinen oder Vektorimpfstoffen haben - wenn auch zu den mRNA-Corona-Impfstoffen mittlerweile weit mehr Studien existieren und diese weitaus besser erprobt sind als Novavax.
Vakzin von ValnevaEMA prüft neuen Corona-Impfstoff
Das Vakzin unterscheidet sich von den bislang zugelassenen Präparaten: Es ist ein Totimpfstoff.
Wie schnell kann Novavax überhaupt liefern?
Bereits im August sicherte sich die EU-Kommission 200 Millionen Dosen des Novavax-Impfstoffes für den Fall, dass dieser die EMA-Zulassung erhält. Das Unternehmen selbst sieht sich in der Lage, 2022 mehr als zwei Milliarden Impfdosen herzustellen. Doch wie störungsfrei und schnell Novavax seinen Impfstoff tatsächlich produzieren und ausliefern kann, ist ungewiss - und wohl mit ein Grund dafür, dass sich etwa die US-Behörde FDA mit einer Zulassung bislang zurückhält. In den USA hängt nämlich die Freigabe erheblich damit zusammen, ob Firmen ihre Produkte ohne Einschränkungen liefern können.
Im Gegensatz zu BioNTech hat Novavax mit seinen gerade einmal 800 Mitarbeitern keinen Pharmariesen wie Pfizer im Rücken. Dafür ging Novavax jüngst eine Zusammenarbeit mit dem Serum Institute of India ein, dem weltgrößten Hersteller von Impfstoffen.
Vakzin-Hersteller NovavaxCorona-Impfstoff, dritte Variante
Novavax will bald die Zulassung seines Corona-Impfstoffs in Europa beantragen.
Ist Novavax ein Hoffnungsträger für ärmere Länder?
Der Impfstoff aus dem Hause Novavax hat im Vergleich zu den mRNA-Impfstoffen einen großen Vorteil: Er lässt sich wesentlich leichter lagern und transportieren. Nuvaxovid muss bei zwei bis acht Grad Celsius gekühlt werden, ein normaler Kühlschrank reicht somit völlig aus. Das macht das Vakzin zum Hoffnungsträger für ärmere Länder.
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