rtl.de heinzVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 45

Der Paritätische

Berlin (Weltexpresso) - Das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen hat einen Entwurf für einen einmaligen Heizkostenzuschuss vorgelegt. Der Paritätische Gesamtverband hat dazu eine Stellungnahme abgegeben.

Einführung und Inhalt des Gesetzesvorhabens:

Das Wohngeld soll Haushalten mit geringen Einkommen eine tragfähige Wohnkostenbelastung ermöglichen. Es ist eine vorgelagerte Sozialleistung, die verhindern soll, dass einkommensschwache Haushalte Grundsicherungsleistungen aufgrund zu hoher Wohnkosten beantragen müssen. Das Wohngeld wird Mieter*innen als Zuschuss zur Miete und Hauseigentümer*innen als Lastenzuschuss gewährt.

Im Vergleich zu Haushalten mit mittleren und hohen Einkommen ist bei Haushalten mit niedrigeren Einkommen der Anteil der Wohnkosten am verfügbaren Einkommen deutlich höher. Preissteigerungen bei den Heizkosten belasten daher diese Haushalte erheblich stärker.

Im Rahmen des Wohngeldes werden derzeit bei der zu berücksichtigenden Miete die Bruttokaltmiete einschließlich kalter Betriebskosten gemäß § 11 Absatz 1 Wohngeldgesetz und die zum 1. Januar 2021 im Kontext der CO2-Bepreisung eingeführte CO2-Komponente berücksichtigt. Bei der Wohngeldberechnung bleiben die Heizkosten, anders als im Rahmen der Grundsicherungssysteme, außer Betracht.

Ziel des Gesetzesvorhabens ist es, den starken Anstieg der Energiekosten (Heizöl, Gas und Fernwärme) und die damit verbundenen finanziellen Lasten für wohngeldberechtigte Haushalte mit einem einmaligen Heizkostenzuschuss im Wohngeld abzufedern. Im Vergleich zu den Vorgängerjahren sind die Energiekosten im Verlauf des Jahres 2021 überproportional gestiegenen. Gestaffelt nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder, ist die Leistung eines einmaligen Heizkostenzuschusses an wohngeldberechtigte Haushalte vorgesehen, die in den Monaten Oktober 2021 bis März 2022 (Heizperiode 2021/2022) Wohngeld bezogen haben.

Von dem einmaligen Heizkostenzuschuss profitieren im Jahr 2022 rund 710.000 Haushalte. Durch den einmaligen Heizkostenzuschuss kommt es zu keinen Wechsler*innen aus dem Leistungsbereich des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch in das Wohngeld. Der einmalige Heizkostenzuschuss beträgt für eine zu berücksichtigende Person 135 Euro, für zwei zu berücksichtigende Personen 175 Euro und für jede weitere zu berücksichtigende Person zusätzlich 35 Euro. Ein besonderer Antrag ist nicht erforderlich, der einmalige Heizkostenzuschuss werde von Amts wegen gewährt. Die Kosten für den Heizkostenzuschuss werden vollständig vom Bund getragen. Das Gesetz soll am 1. Juni 2022 in Kraft und mit Ablauf des 31. Dezember 2023 außer Kraft treten.


Bewertung:
Heizkostenzuschuss und Energiekostenkomponente

Die geplante Entlastung der Wohngeldbezieher*innen durch einen Heizkostenzuschuss wegen hoher Energiekosten ist zu begrüßen, ebenso wie die rasche Initiierung und geplante Umsetzung des Vorhabens aus dem Koalitionsvertrag.

Gleichwohl ist zu konstatieren, dass aus Sicht des Paritätischen Gesamtverbandes ein einmaliger Heizkostenzuschuss nicht ausreicht, um das Leistungsniveau des Wohngeldes konstant aufrecht zu erhalten und Wohngeldhaushalte nachhaltig und dauerhaft bei den Energiekosten zu entlasten.

Letztmalig wurden die warmen Nebenkosten bei der Reform des Wohngeldes mit Wirkung zum 1. Januar 2016 berücksichtigt, dies allerdings nur einmalig. Bei der darauffolgenden Reform zum 1. Januar 2020 fanden die Energiekosten keine Berücksichtigung, obwohl diese von 2015 bis 2019 für Heizöl gestiegen waren.

Im November 2021 stieg der Preis für Heizöl zum Vorjahresmonat mit 101,9 Prozent deutlich an. Auch die Preise für Erdgas erhöhen sich zum Vorjahresmonat um 9,6 Prozent.

Gerade bei einkommensärmeren Haushalten, wie Wohngeldbeziehenden, macht der Anteil der Heizkosten an den Gesamtwohnkosten einen verhältnismäßig höheren Anteil aus. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamtes zeigen, dass im Vergleich zum Haushaltseinkommen die Haushalte mit dem geringsten monatlichen Nettoeinkommen von unter 1.300 Euro mit 9,5 Prozent die höchsten Kosten für Wohnenergie (Kosten für Heizung, Strom und Warmwasser) an den Konsumausgaben haben. Hinzu kommt, dass wesentliche Einsparungen oder Umschichtungen im Verbrauchsverhalten für diese Haushalte vielerorts nur sehr begrenzt möglich sind, ein gewisser Verbrauch ist unumgänglich. Um die Wirksamkeit des Wohngeldes als vorgelagerte Sozialleistung zu stärken und die Wohngeldbeziehenden durchgehend bei ihren Energiekosten (sog. „zweite Miete“) zu entlasten, spricht sich der Paritätische Gesamtverband seit geraumer Zeit für die Integration einer dauerhaft bestehenden Energiekostenkomponente ins Wohngeld aus.
 
 
Klimakomponente

Darüber hinaus ist die Ergänzung des Wohngeldes um eine Klimakomponente erforderlich, um den Wohngeldbeziehenden zu ermöglichen, Wohnungen mit höheren Energiestandards anzumieten bzw. ihre Wohnungen nach energetischen Sanierungen zu behalten. Eine Klimakomponente ist seit Langem in der Diskussion. Auch die vorherige Bundesregierung hatte die Einführung einer solchen Komponente im Koalitionsvertrag erwähnt. Jedoch wurde dieses Vorhaben nicht umgesetzt. Dass die Einführung einer Klimakomponente auch im aktuellen Koalitionsvertrag enthalten ist, ist zu begrüßen. Die Klimakomponente ist nunmehr dringend umzusetzen und ein dafür praktikables Verfahren zu finden.
 
 
Dynamisierung des Wohngeldes

Mit der Wohngeld-Reform 2020 wurde die regelmäßige Dynamisierung des Wohngeldes alle zwei Jahre beschlossen. Die erste Dynamisierung fand zum 1. Januar 2022 statt. Ziel ist es, die Leistungsfähigkeit des Wohngeldes als sozialpolitisches Instrument der Wohnungspolitik zu erhalten und ein Herauswachsen aus dem Wohngeld bzw. den Wechsel zu den Leistungen des SGB II und XII zu begrenzen (sog. „Drehtüreffekt“). Der Paritätische Gesamtverband hatte dies begrüßt, um Menschen geringer Einkommen bei den Wohnkosten verstärkt zu unterstützen sowie dazu beizutragen, dass die Empfänger*innen nicht in die Grundsicherungsleistungen nach dem SGB XII oder II fallen.

Es ist jedoch zu konstatieren, dass sich der Paritätische Gesamtverband für eine jährliche Dynamisierung ausspricht, um einkommensschwache Haushalte durchgängig zu fördern. Jedoch darf die regelmäßige Fortschreibung des Wohngeldes nicht dazu führen darf, dass die Preisspirale der Mieten weiter nach oben getrieben wird. Zusätzlich zur Reform des Wohngeldes bedarf es daher Reformen zur wirksamen Mietpreisbegrenzung, wie u.a. der Verschärfung der Mietpreisbremse.

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