Claudia Schubert & Hartwig Handball
Sevilla/Frankfurt am Main (Weltexpresso) - „Heute sind wir alle ein wenig Frankfurt“,kommentierte generös ein TV-Sprecher noch nach Mitternacht das Europa-Cup-Spiel von Sevilla, das, egal, wo man es sah, direkt im ausverkauften andalusischen Stadion von Sevilla, auf Riesenleinwänden im ausverkauften Waldstadion in Frankfurt, in den überfüllten Kneipen oder auf dem eigenen Kanapee, einen 130 Minuten mitriß. Mehr Spannung geht nicht, wenn dann tatsächlich nach einem Spiel mit zwei Verlängerungen im Elfmeterschießen der allerletzte Schuß den Sieg, den Gewinn des Pokals bringt – und viel Geld für die Eintracht auch.
Im Nachhinein ist vielleicht spielentscheidend, daß Eintracht Frankfurt dieses Tor wegsteckte wie nur was und einfach weiterhin angriff, so als ob nichts gewesen wäre. Die Vorteile gingen hin und her und eigentlich war schon während des Spiels die ausgezeichnete Zusammenarbeit der Abwehr mit dem Fels in der Brandung, der den Namen Kevin Trapp trägt, spürbar. Auch wenn der Eintrachtsturm selbstbewußt weiter auf’s Tor der Schotten zurannten, war es doch eine regelrechte Erlösung, als Rafael Borré zwölf Minuten später, in der 69. Minute den Ausgleich zum 1:1 erzielte. Der Ausgangspunkt war wiederhergestellt und obwohl auch die Rangers zwischendurch die Spielzüge bestimmten, blieb immer noch ein leichtes Übergewicht auf Frankfurter Seite, soll heißen, sie waren einem Siegestor näher – das aber nicht fiel.
Was war an diesem Abend los, daß aus den vielen Torchancen kein Tor resultierte. Im Nachhinein kann man nur an einen Fußballgott, einen süffisanten Dirigenten glauben, der aus dem Endspiel der Europa League 2022 einen Fußballkrimi machte, der deshalb nicht zu toppen ist, weil der letzte reguläre Schuß erst das Ergebnis, den Sieg der Eintracht brachte. Die Nerven lagen schon in der Verlängerung blank und hätte man schon zuvor Torwart Kevin Trapp für seine meisterlichen Paraden einen Pokal überreichen wollen, so war die Sekunde in der Nachspielzeit, wo man einen Abstauber eines Glasgowers schon im Eintrachttor sah, Trapp den Ball jedoch mit der aufgestellten Fuß, also der Fußsohle im Grätschen abwehrte, eine phantastische Leistung.
Den Jubel, die weißen Fanblöcke auf den Rängen, die übermütigen Spieler, die alle von der Mannschaftsleistung sprachen, vorneweg Kevin Trapp: „Wir sind alle die Helden, schau Dir das an. Es gibt nicht einen Helden, wir alle sind es.“, es war ein derartiger Jubel im Stadion zu Sevilla und im Frankfurter Waldstadion auch, wo man einfach den Eindruck hatte, man sei direkt in Sevilla dabei gewesen. Aber, so wurde mir berichtet, das Gefühl hatten die in den Kneipen und auf den Kanapees auch.
Dieses Spiel wird am 10. August in Helsinki ausgetragen und Eintracht Frankfurt wird auf jeden Fall durch den Cup auch in der nächsten Saison erstmals in der Champions League mitspielen. Das spült viel Geld in die Eintrachtkasse. Der Sieg von Sevilla ist 8, 5 Millionen wert, so daß insgesamt die Euopatour rund 25 Millionen einbrachte, Helsinki wird noch 4, 5 im Super-Cup hinzusteuern. Aber nicht Geld macht glücklich, sondern die Leidenschaft, mit der die Frankfurter und ihre Fans das eigentlich Unmögliche möglich gemacht haben. Hut ab. Und weiter.
Fotos:
1-3 aus Sevilla
4 Waldstadion
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