Unmut über die Postbank-Schließung am Frankfurter Diesterwegplatz
Klaus Philipp Mertens
Frankfurt am Main - Im Frankfurter Stadtteil Sachsenhausen wird die stark frequentierte Filiale der Deutschen Post geschlossen, die dort Mieterin in den Räumen der Postbank ist bzw. es war.
Denn am 27. Juni wird Schluss sein. Obwohl der Platz gegenüber dem Südbahnhof so etwas wie der südliche Zugang zum Stadtteil ist. Die klassische Postkundschaft wird auf einen Kiosk (!) in der Gartenstraße verwiesen (ca. einen km entfernt), während die Bankkunden eine Filiale in der Innenstadt aufsuchen sollen. Wozu es einst gut ausgebildeter Postbeamter und seriöser Bankkaufleute bedurfte, wird hinweggefegt durch eine Kultur der Wertlosigkeit. Doch während sich die mehr oder weniger ersatzlose Streichung von Infrastruktur negativ auf das Leben in einem Stadtteil auswirken dürfte, wäre die Streichung von Vorstands- und Geschäftsführerposten bei Deutscher Post und Postbank eher ein Befreiungsakt. Es ist höchste Zeit, neue Prioritäten zu setzen.
Die Unverfrorenheit der Deutschen Bank bzw. deren Tochtergesellschaft Postbank trifft auf die Dummheit, Naivität und Hilflosigkeit Frankfurter Kommunalpolitiker. Letztere lassen sich jeden Piratenakt der legalisierten Finanzmafia klaglos bieten. Und gefährden dadurch die gewachsenen Strukturen eines Stadtteils. Denn das verkehrsgünstig gelegene Gebäude am Diesterwegplatz in Sachsenhausen gegenüber dem Südbahnhof ist ein traditioneller Standort der Deutschen Bundespost bzw. der Deutschen Post AG und deren outgesourctem Finanzdienstleister Postbank (ehemals Postgiroamt).
Post und Postbank zählen zu den Opfern des Privatisierungswahns der 1990er Jahre. Privatisiert wurden die ertragreichen Teile eines Staatsunternehmens zugunsten von Aktionären und Spekulanten, während die zuschussbedüftigen Bereiche der Gemeinschaft überantwortet wurden.
All das ist nicht neu. Man wundert sich eher darüber, wie lange die Bevölkerung, die auf eine funktionierende und kundenorientierte Post angewiesen ist, die seit längerem greifenden Service-Reduzierungen mehr oder wenig klaglos hingenommen hat. Und ich frage mich, warum die großen Fraktionen in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, Grüne, CDU und SPD, zugesehen haben. Allem Anschein nach sind sie seit drei Jahren nur noch damit beschäftigt, Oberbürgermeister Peter Feldmann aus dem Amt zu jagen (der vielen als Anwalt der „kleinen Leute“ gilt). Da bleibt für Politik, die ihrem Namen gerecht wird, anscheinend keine Zeit.
„Die Erde ist unbewohnbar wie der Mond“ überschrieb im Jahr 1973 der Schriftsteller Gerhard Zwerenz seinen Roman und meinte damit Frankfurt am Main (was die Mehrzahl der herrschenden Analphabeten mutmaßlich vergessen haben dürfte). Rainer Werner Fassbinder verfasste auf der Grundlage des Romans das Bühnenstück „Der Müll, die Stadt und der Tod“, das die Immobilienspekulationen thematisierte. Die Aufführung im Frankfurter Schauspiel am 31. Oktober 1985 wurde verhindert. Man unterstellte dem Dramatiker Antisemitismus, was sich aus dem Text jedoch nicht herleiten lässt. Der damals neue Intendant Günther Rühle, ein renommierter Theaterkritiker, gelang es auch bei genauester Analyse nicht, Diskriminierendes herauszulesen. Aber wenn es um das große Geld geht, müssen auch Totschlagsargumente herhalten.
Foto:
Portal von Postamt und Postbank am Diesterwegplatz in Frankfurt-Sachsenhausen.
Der dort widerrechtliche geparkte PKW blockierte nahezu eine halbe Stunde Gehweg und Fußgängerüberweg. Es regte sich keine Amtsgewalt. Möglicherweise wird großzügig Bakschisch verteilt, um das Gewaltmonopol des Staats zu unterlaufen.
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