Veröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 141
Der Paritätische
Berlin (Weltexpresso) - Viele Träger sozialer Einrichtungen und Dienste sorgen sich derzeit, ob sie weiterhin mit Gas und mit aus Gas erzeugter Wärme beliefert werden, wenn es zu einer weiteren Verknappung der Erdgasmengen in Deutschland kommt. Da die sozialen Dienstleister jedoch in aller Regel den sog. „geschützten Kunden“ zuzuordnen sind, dürfte diese Sorge vorerst unbegründet sein.
Aufgrund der eingeschränkten Lieferung von russischem Erdgas hat das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) am 23. Juni 2022 die Alarmstufe und damit die 2. Eskalationsstufe des Notfallplans Gas für die Bundesrepublik Deutschland ausgerufen. Sollte sich die Lage weiter zuspitzen und die dritte und höchste Eskalationsstufe, die Notfallstufe, ausgerufen werden, wird Gas von der Bundesnetzagentur rationiert werden.
Die Gasversorgungsunternehmen haben jedoch auch im Krisenfall die sog. „geschützten Kunden“ mit Erdgas weiter zu versorgen, solange die Versorgung aus wirtschaftlichen Gründen zumutbar ist, vgl. § 53a EnWG. Grund ist, dass „diese Kunden besonders vulnerabel gegenüber den Folgen einer Versorgungseinschränkung reagieren und möglicherweise Schutz vor den negativen Auswirkungen einer Störung der Gasversorgung benötigen“, vgl. Punkt 6.1 des Notfallplans Gas. (Eine Aussage, zu welchen Preisen die Versorgung von geschützten Kunden weiter zu führen ist, ist hiermit nicht verbunden.)
Zu den „geschützten Kunden“ gehören u. a. die von Gasversorgungsunternehmen direkt belieferten Letztverbraucher, zu denen auch kleine und mittlere Unternehmen zählen, deren jährlicher Energieverbrauch 10.000 kWh nicht übersteigt, vgl. Punkt 6.1 des Notfallplans Gas. Es ist davon auszugehen, dass soziale Dienstleister in aller Regel diese Kriterien erfüllen und schon deswegen dem geschützten Kundenkreis zuzuordnen sind.
Sollte die genannte jährliche Verbrauchsmenge im Ausnahmefall überschritten werden, gehören die sozialen Dienstleister gleichwohl zum geschützten Kundenkreis, wenn sie die Anforderungen für einen grundlegenden sozialen Dienst erfüllen. Diese gehören ebenfalls zu den „geschützten Kunden“. „Grundlegende soziale Diensten“ sind Einrichtungen, in denen Menschen vorübergehend oder dauerhaft stationär behandelt werden oder leben und diese nicht ohne Weiteres verlassen können sowie Einrichtungen, die hoheitliche Aufgaben zur öffentlichen Sicherheit zu erfüllen haben. Hierzu zählen u. a.
Krankenhäuser und Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen gemäß § 107 SGB V,stationäre Pflegeeinrichtungen gemäß § 71 Absatz 2 SGB XI,stationäre Hospize gemäß § 39a Absatz 1 SGB V undzur Pflege und Betreuung behinderter Menschen gemäß § 71 Absatz 4 SGB XI.
Weiterführende Links:
Notfallplan Gas für die Bundesrepublik Deutschland
https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/M-O/notfallplan-gas-bundesrepublik-deutschland.pdf?__blob=publicationFile&v=5
Zugrunde liegende Verordnung (EU) 2017/1938
https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:32017R1938&from=DE
Hintergrundinformationen BDEW Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft:
https://www.bdew.de/energie/gasversorgung-auch-im-krisenfall/
Leitfaden Energieunternehmen:
https://www.vku.de/fileadmin/user_upload/Verbandsseite/Sparten/Energiewirtschaft/Gasthemen/nach_Leitfaden_SLP.pdf
Foto:
©tilla.info