herbst2Wie es in Bremen und anderswo zugeht

Kurt Nelhiebel

Bremen (Weltexpresso) - Mit einem Schlag hat es der Herbst im Oktober mitunter sehr eilig, seinen Farbkasten zu leeren. Reiß’ mir die Blätter nicht zu früh von den Bäumen, blafft er den Seewind dann an, der sich über Nacht breit gemacht hat mit seinem kalten Atem aus der Polarregion. Hastig bringt er hier einen gelben Tupfer an und dort einen rostbraunen. Die unscheinbaren Blätter der Ballonblume, die ihre beste Zeit längst hinter sich hat, läßt er leuchten wie einen Bernstein in der Sonne. Der Sternmagnolienkrone hat er mit flinkem Pinselstrich einen Hauch von der Farbe des Honigs verliehen.

Hektisch sucht das Eichhörnchen zwischen welchen Gräsern und dem violetten Laub des Blutpflaumenbaums nach einem sicheren Platz für den herbstWalnusssegen aus Nachbars Garten. Den Marder trieb es auf das Hausdach, wo der scheue Geselle die Abdeckung aus dünnem Blei unter dem Dachfenster einen Spalt breit öffnete, um auf dem Dachboden seine Abenteurerlust ausleben zu können.

Schwer vom Tau der Nacht neigt eine Rose sich morgens über den  Terrassentisch, während eine Blaumeise unter der Markise emsing nach Spinnen und  Mücken sucht. Mit der neuenglischen Aster gibt sich der Herbst nicht lange ab. Freundlich hat sie mir den Sommer über durch das Küchenfenster zugenickt, jetzt stößt der kalte Wind nur noch die vertrockneten Stengel grob von einer Seite zur anderen. Seltsam vertraut kommen sie mir vor, wie schweigsame Weggefährten vor dem nahe Ende.

Dem Apfelbaum hat der Herbst vor den eisigen Nächten ein gelb-grünes Abschiedgewand zugedacht, das den November freilich nicht überleben wird. Griesgrämig, so scheint es, sitzt da und dort eine Amsel im Gebüsch, als wüsste sie nichts anzufangen mit dem munteren Treiben ihrer kleineren Artgenossen. Die Hortensie gibt sich unbeeindruckt vom Farbenspiel um sie herum. Sie schmückt sich bis tief in den Herbst hinein immer wieder mit neuen, wenn auch bescheideneren Dolden.

Wie beim Theater hat auch im Garten der Letzte den größten Auftritt – der japanische Schlitzahorn. Er braucht viel Zeit, um den ihm eigenen kupferfarbenen Glanz zu entwickeln. Sowohl von der Farbe als auch von der Form her gleicht er dann den Kesseln einer Bierbrauerei und stellt damit alles in den Schatten, was bis dahin im Garten von sich reden gemacht hatte, abgesehen vielleicht von der letzten Rose, der winzige Eiskristalle während einer frostigen Nacht einen überirdischen Schimmer verliehen haben.     

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