Veröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 269
Der Paritätische
Berlin (Weltexpresso) - Im Koalitionsvertrag wurde vereinbart, die inklusive Kinder- und Jugendhilfe in dieser Legislaturperiode auszugestalten. Unter dem Motto „Gemeinsam zum Ziel – Wir gestalten die inklusive Kinder- und Jugendhilfe!“ hat dieser Aushandlungsprozess jetzt begonnen.
Passend dazu sind aktuell zwei Studien aus der Perspektive von Jugendlichen mit Behinderungen und Eltern mit Kindern mit Behinderungen erschienen, die sehr pointiert aussagen, was junge Menschen mit Behinderungen und Familien mit Kindern mit Behinderungen eigentlich brauchen.
Studie „Aufwachsen von Jugendlichen mit Behinderung“
In der Studie „Aufwachsen von Jugendlichen mit Behinderung“ werden individuelle Erfahrungen und Teilhabemöglichkeiten von Jugendlichen mit Behinderung in Alltag und Freizeit untersucht. Hierzu wurden deutschlandweit rund 2.700 Jugendliche im Alter von 13 bis 18 Jahren mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen befragt. Bisher wurden die Lebensumstände von Jugendlichen mit Behinderung in den Jugendstudien wie der Shell-Studie nicht oder nur unzureichend wissenschaftlich untersucht. Das Deutsche Jugendinstitut e. V. in München wurde mit der Studie beauftragt. Sie untersucht die Lebenssituation, Freundschaften, Alltags- und Freizeiterfahrungen von Jugendlichen mit unterschiedlichen Beeinträchtigungen. Die Analysen beziehen sich auf Jugendliche mit sensorischen, motorischen, kommunikativen und kognitiven Beeinträchtigungen. Analysiert werden die Themen Freizeit, soziale Beziehungen, Autonomie, subjektive Sicht auf Behinderung und Verselbständigung. Die vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass sich die Lebenssituation von Jugendlichen mit unterschiedlichen Formen von Beeinträchtigungen deutlich unterscheidet und sehr heterogen ist. Um Barrieren zu erkennen und anschließend abzubauen, ist eine differenzierte Betrachtung der konkreten Lebenslagen erforderlich. Die Ergebnisse spiegeln die Vielfalt der Lebenswelten der Jugendlichen wider, zeigen aber auch wiederkehrende Erfahrungen von Diskriminierung und Ausgrenzung auf.
Hier geht es zur Studie.
Studie „Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen – Unterstützungsbedarfe und Hinweise auf Inklusionshürden“
Die Studie „Eltern von Kindern mit Beeinträchtigungen – Unterstützungsbedarfe und Hinweise auf Inklusionshürden“ befasst sich mit der Lebenssituation von Familien mit beeinträchtigten bzw. behinderten Kindern im Alter bis zu 25 Jahren. Auf der Basis von Elternbefragungen werden die verschiedenen Herausforderungen, Unterstützungs- und Inklusionsbedarfe von Familien entlang der verschiedenen Lebensaltersstufen aus der Angehörigenperspektive untersucht. Hierzu zählen u. a. die Bereiche inklusive Schulbildung, Betreuung und Assistenz, das Verhalten des sozialen Umfelds sowie Erfahrungen mit der Beantragung und Bewilligung von Unterstützungsleistungen. Neben den Problemlagen, Einschränkungen im Familienalltag, Diskriminierungserfahrungen werden auch Ansätze zu ihrer Lösung aus der Angehörigenperspektive beschrieben. Mehrheitlich wünschen sich Eltern neben dem Verständnis für ihre Situation konkrete Beratung in den Familien, eine bessere Unterstützung im Alltag durch Assistenzkräfte und Haushaltshilfen und den Abbau von Bürokratie. Die befragten Eltern fordern eine bessere finanzielle Unterstützung als Ausgleich für entgangene Einkommen durch die Reduzierung bzw. gänzliche Aufgabe ihrer Berufstätigkeit. Insbesondere gilt dies für Alleinerziehende und Eltern mit mehreren Kindern.
Aus Sicht der Eltern fehlen Betreuungs- und Assistenzangebote in allen Bereichen. Für die Bildungs- und Betreuungseinrichtungen sind mehr Integrationshelfer bereitzustellen, auch für Ferien- und Nachmittagsbetreuung im Freizeitbereich. Darüber hinaus wird die fehlende Barrierefreiheit von Eltern mit beeinträchtigten Kindern in verschiedener Hinsicht angemahnt.
Hier geht es zur Studie.
„Gemeinsam zum Ziel – Wir gestalten die inklusive Kinder- und Jugendhilfe!“
Die Studien zeigen aus der Perspektive der Jugendlichen mit Behinderungen und der Eltern die konkreten Bedarfe, Handlungserfordernisse und Maßnahmen und leisten somit einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe. Unter dem Motto „Gemeinsam zum Ziel – Wir gestalten die inklusive Kinder- und Jugendhilfe!“ wird im Rahmen eines breit angelegten Beteiligungsprozesses die Umsetzung der inklusiven Lösung jetzt diskutiert und ausgehandelt. Dafür wurde die Arbeitsgruppe „Inklusives SGB VIII“ unter dem Vorsitz der Parlamentarischen Staatssekretärin im Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ekin Deligöz, einberufen. In vier Sitzungen sollen 2023 die wesentlichen Grundlagen für die Umsetzung der inklusiven Kinder- und Jugendhilfe erarbeitet werden. Der Paritätische ist Mitglied in der Arbeitsgruppe. Die Ergebnisse der Sitzung werden öffentlich dokumentiert und auf der nachfolgenden Webseite zur Verfügung gestellt.
https://gemeinsam-zum-ziel.org/
Foto:
Papierblock mit Stiften, zerknülltes Papier drumherum
©Frederick Medina auf Unsplash.