Veröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 305
Der Paritätische
Berlin (Weltexpresso) - Neuer Umsatzsteuer-Anwendungserlass zu § 4 Nr. 18 UStG. Das Bundesministerium der Finanzen hat den Umsatzsteuer-Anwendungserlass für die Umsatzsteuerbefreiung für eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen neu gefasst.
Die Änderungen betreffen die Regelungen des § 4 Nr. 18 UStG, welche durch das Gesetz zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer Vorschriften zum 1.1.2020, mithin bereits vor drei Jahren geändert worden sind.
Nun hat das BMF mit Schreiben vom 14. Februar 2023 (Geschäftszeichen III C3 – S 7175/21/10003:003) neue Anwendungsregeln herausgegeben.
Dazu nimmt der UStAE Bezug zu Urteilen des Bundesfinanzhofs zu Fragen eines Menüservices, Leistungen im Rahmen des Jugendfreiwilligendienstes sowie des Betriebs von Flüchtlingsunterkünften. Klargestellt wird auch, dass die Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG dann keine Anwendung findet, wenn für eine Leistung eine andere Steuerbefreiung als lex specialis vorgeht. Über die Urteile hatten wir bereits informiert.
Im Einzelnen:
Der UStAE beschreibt den Umfang der Steuerbefreiung. Eine Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 18 UStG ist dann möglich, wenn die Leistung eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbunden im Sinne des Artikels 132 Abs. 1 Buchstabe g MwStSystRL genannt ist, soweit sie nicht bereits in anderen Nummern des § 4 UStG genannt sind. Des Weiteren sind Leistungen der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit steuerfrei, die unmittelbar an die hilfsbedürftigen Personen erbracht werden.
In Abschnitt 4.18.2 wird ausgeführt, welche Leistungen an wirtschaftlich hilfsbedürftige Personen zur Überwindung dieser Bedürftigkeit steuerfrei sind. Beispielhaft werden aufgezählt u.a. Leistungen der Schuldnerberatung im außergerichtlichen Insolvenzverfahren, die „Tafeln“, Frauenhäuser nach § 36a SGB II, Beratung und Hilfe von Obdachlosen, Beratungsleistungen für Angehörige von suchterkrankten Menschen, Mutter/- Vater- Kind-Kuren, Beratungsleistungen für Ehe- und Lebensfragen, und Hilfe für Haftentlassene. Ebenso gilt dies für Leistungen im Zusammenhang mit der Migration von Menschen.
Der UStAE führt ferner zu der Frage der Steuerbefreiung für Leistungen im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstgesetzes aus. Danach sind die Leistungen aufgrund von Verträgen zur Übertragung von Aufgaben im Rahmen des BFDG steuerfrei, sofern durch die Freiwilligen Aufgaben im Bereich der Sozialfürsorge oder der sozialen Sicherheit erfüllt werden. Nicht befreit sind hingegen der Einsatz in anderen Bereichen wie der Umwelt- und Naturschutz, Landschaftspflege, Kultur und Denkmalpflege, Sport sowie Zivil- und Katastrophenschutz. Umfasst sind Leistungen im Rahmen des Jugendfreiwilligendienstes, die einem Träger des Jugendfreiwilligendienstes von der Einsatzstelle durch eine Pauschale vergütet werden.
Umzugsleistungen, Rechtsberatungsleistungen oder allgemeine Geschäftsführungs- und Verwaltungsleistungen sind nach Abschnitt 4.18.6 nicht steuerbefreit, weil sie in der Regel keine eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen darstellen. Ebenso ist ein sog. Menüservice unter § 4 Nr. 18 UStG nicht steuerbefreit. Die Leistungen eines solchen Menüservices oder Mahlzeitendienstes (z.B. „Essen auf Rädern“) unterliegen aber unter den Voraussetzungen des § 12 Abs. 2 Nr. 1 oder 8 UStG dem ermäßigten Steuersatz.
Eng mit der Sozialfürsorge und der sozialen Sicherheit verbundenen Leistungen sind steuerfrei, wenn sie von Einrichtungen erbracht werden, die keine systematische Gewinnerzielung anstreben. Dabei kann eine Einrichtung ohne systematische Gewinnerzielungsabsicht zwar systematisch danach streben, Überschüsse zu erwirtschaften, diese dürfen jedoch nicht als Gewinn an ihre Mitglieder ausgeschüttet werden, sondern müssen für die Durchführung ihrer Leistungen verwendet werden.
In Abschnitt 12.9 Abs. 6 Satz 6 wird klargestellt, dass Verpflegungsleistungen gegenüber Studierenden und Schülern unter den Voraussetzungen des § 4 Nr. 23 Satz 1 c) UStG steuerfrei sind.
Die Grundsätze des Schreibens sind auf Umsätze anwendbar, die nach dem 31.12.2019 erbracht wurden bzw. erbracht werden.
Für Leistungen der Träger des Jugendfreiwilligendienstes gelten die Grundsätze in allen offenen Fällen. Für Umsätze, die vor dem 1. April 2023 erbracht werden, wird es nicht beanstandet, wenn der Unternehmer seine Leistungen abweichend von den Ausführungen als umsatzsteuerpflichtig behandelt.
Einzelheiten können dem beigefügten BMF-Schreiben entnommen werden.