Veröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 327
Der Paritätische
Berlin (Weltexpresso) - Anlässlich des Internationalen Frauentags am 8. März 2023 zeigte sich das FORUM MENSCHENRECHTE (FMR) als Netzwerk von über 50 Nichtregierungsorganisationen kritisch angesichts der mangelnden Umsetzung gleichstellungspolitischer Vorhaben im Bund.
Der Paritätische Gesamtverband ist Mitglied im Forum Menschenrechte. Das Forum Menschenrechte ist ein Netzwerk von über 50 deutschen Nichtregierungsorganisationen, die sich für einen verbesserten, umfassenden Menschenrechtsschutz einsetzen – weltweit, in einzelnen Weltregionen, Ländern und in der Bundesrepublik Deutschland. Der Paritätische Gesamtverband engagiert sich innerhalb des Forums Menschenrechte u.a. im Rahmen der AG Rechte von Frauen und LSBTI*.
„Während die Bundesregierung mit den Prinzipien feministischer Außen - und Entwicklungspolitik eine neue Ära in der internationalen Zusammenarbeit einläutet, zeigt sie sich eher zurückhaltend, was die Umsetzung ihrer frauenpolitischen und sonstigen gleichstellungspolitischen Ziele mit Blick auf Deutschland selbst betrifft. Die meisten dieser Vorhaben existieren derzeit nur auf dem Papier. Ihr im Koalitionsvertrag angekündigtes Ziel, die Gleichstellung der Geschlechter in Deutschland noch in diesem Jahrzehnt zu erreichen, scheint mit Blick auf enge finanzielle Ressourcen und der politischen Krisen unserer Zeit noch in weiter Ferne“, so Katrin Frank, Mitglied des Koordinationskreises des FMR.
Denn natürlich bedürfen Gleichstellung und Gewaltschutz einer strategischen Umsetzung und sind mit dafür ausgewiesenen Kosten verbunden. Ein Beispiel dafür, wie es ins Leere läuft, ist die Umsetzung der Istanbul-Konvention. Zwar wurden die deutschen Vorbehalte gegenüber der Konvention nicht verlängert, eine Monitoringstelle im Bund eingerichtet und für 2023 der Aufbau einer Koordinierungsstelle angekündigt, dennoch fehlt es nach den Vorgaben der Konvention aktuell noch immer an 14.000 Frauenhausplätzen und die Wartelisten vieler Frauenberatungsstellen werden länger.
Die Finanzierung von Frauenhäusern und Frauenberatungsstellen basiert in der Regel auf freiwilligen Leistungen von Ländern und Kommunen. Es gibt noch immer kein Bundesgesetz, das sicherstellt, dass Gewaltschutz für Frauen, aber auch queere und nicht-binäre Personen, überall in Deutschland ausreichend finanziert wird. Die Finanzierung ist von Bundesland zu Bundesland, teilweise sogar von Stadt zu Stadt unterschiedlich geregelt. Der im Koalitionsvertrag angekündigte Rechtsrahmen zum Ausbau und zur verlässlichen bundeseinheitlichen Finanzierung des Frauenunterstützungssystems fehlt, und nennenswerte Schritte, bspw. die Vorlage eines entsprechenden Gesetzentwurfs, stehen noch aus. Gewaltschutz gleicht in einem der reichsten Länder der Welt einer Postleitzahlenlotterie.
Im Bereich der reproduktiven Rechte warten noch weitere Vorhaben der Bundesregierung auf ihre Umsetzung. Dies sind insbesondere ein sicherer und diskreter Zugang zur gesetzlich vorgeschriebenen Schwangerschaftskonfliktberatung, sowie der Zugang zu wirksamen, erschwinglichen und akzeptablen Methoden der Familienplanung für alle Menschen. Durch die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg sowie die Energiekrise sind gleichstellungspolitische Ziele allgemein unter besonderen Druck geraten: So sind keine nennenswerten Fortschritte bei den Verdienstunterschieden zwischen den Geschlechtern oder der professionellen oder privaten Care-Arbeit zu verzeichnen. Fürsorge bleibt weiterhin weiblich und es waren und sind überwiegend die Frauen, die in Krisenzeiten beruflich kürzertreten und Kinder- und Pflegeaufgaben übernehmen.