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Veröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Berlin, Teil 355

Der Paritätische

Berlin (Weltexpresso) - Mit der Online-Inforeihe "Fragen im Kontext der Lebensbeendigung - Umgang mit Todeswünschen und Suizidalität in sozialen Einrichtungen und Diensten" sollen Paritätische Mitgliedsorganisationen auf fachlicher, rechtlicher und organisationaler Ebene in ihrer Haltungsfindung gestärkt und bei der Entwicklung von Handlungskompetenz im Umgang mit Todeswünschen und Suizidgedanken unterstützt werden. Hierfür werden einschlägige Expert*innen aus Wissenschaft und Fachpraxis in die vierteilige Veranstaltungsreihe eingebunden.


Teil 1) Einführung – Phänomen Todeswunsch und Suizidalität

Dienstag, 27.06.2023, 10:00 bis 12:00 Uhr

Gastreferent: Dr. Michael Wunder, Dipl.-Psychologe und psychologischer Psychotherapeut, Arbeitsschwerpunkte Teilhabe, Psychiatrie, Biomedizin und Bioethik, u.a. Mitglied der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" in der 14. und 15. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag sowie Mitglied des Deutschen Ethikrates 2008-2016


Teil 2) Rechtliche Aspekte im Kontext der Lebensbeendigung

Mittwoch, 28.06.2023, 10:00 bis 12:00 Uhr

Gastreferentin: Prof. Dr. Susanne Beck, LL.M. (LSE), Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Strafrechtsvergleichung und Rechtsphilosophie, Leibniz Universität Hannover


Teil 3) Handlungskompetenz – Haltungsfindung und Kommunikation im Umgang mit Todeswünschen und Suizidalität

Dienstag, 04.07.2023, 10:00 bis 12:00 Uhr

Gastreferentin: Dr. rer. medic. Kerstin Kremeike, Physiotherapeutin, Sozial- und Gesundheitswissenschaftlerin, Wissenschaftliche Projektleitung, u.a. zum Thema „Umgang mit Todeswünschen“, am Zentrum für Palliativmedizin der Uniklinik Köln


Teil 4) Selbstschutz und Nachsorge für Fachkräfte und Nahestehende

Mittwoch, 05.07.2023, 10:00 bis 12:00 Uhr

Gastreferent: Dr. Michael Wunder, Dipl.-Psychologe und psychologischer Psychotherapeut, Arbeitsschwerpunkte Teilhabe, Psychiatrie, Biomedizin und Bioethik, u.a. Mitglied der Enquete-Kommission "Ethik und Recht der modernen Medizin" in der 14. und 15. Legislaturperiode im Deutschen Bundestag sowie Mitglied des Deutschen Ethikrates 2008-2016


Zum Hintergrund:

Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar 2020 das Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung (§ 217 StGB) für nichtig erklärt und aufgehoben. Begründet wurde das Urteil u.a. damit, dass das allgemeine Persönlichkeitsrecht auch das Recht auf selbstbestimmtes Sterben umfasse und dabei die Hilfe Dritter in Anspruch genommen werden dürfe. Ausgehend davon ist der Gesetzgeber nun aufgefordert, eine Neuregelung der geschäftsmäßigen Suizidassistenz vorzunehmen, um einen Orientierungsrahmen zu schaffen und Rechtssicherheit wiederherzustellen. Die Bundesregierung begrüßt in ihrem Koalitionsvertrag 2021, die Thematik durch fraktionsübergreifende Initiativen einer zeitnahen parlamentarischen Entscheidung zuzuführen. Diese wird nach aktuellem Stand noch vor der diesjährigen Sommerpause erwartet.

Seit dem Gerichtsurteil werden die zivilgesellschaftlichen und politischen Debatten u.a. im Kontext der Suizidbeihilfe mit neuer Dringlichkeit geführt. Im Kern der Debatten stehen insbesondere die Fragen, welche Anforderungen an den freien Willen, die Einsichts- und Urteilsfähigkeit, die Dauerhaftigkeit eines Selbsttötungsentschlusses oder die Information über Handlungsalternativen zu stellen wären und wie Miss- oder Fehlgebrauch suizid-assistierender Angebote verhindert und ggf. geahndet werden können.

Todeswünsche und Suizidgedanken sowie die damit in Verbindung stehenden Fragen und Unsicherheiten betreffen auch die Einrichtungen und Dienste der Freien Wohlfahrtspflege ganz unmittelbar; dies nicht ausschließlich im Bereich der Hospiz- und Palliativversorgung, sondern u.a. auch in den Bereichen der Altenhilfe und Pflege, der Eingliederungshilfe, der Sozialen Psychiatrie, der Selbst- und Suchthilfe sowie der Krankenversorgung und Rehabilitation.

Der Paritätische Gesamtverband hat im Jahr 2022 Eckpunkte zur geschäftsmäßigen Suizidassistenz veröffentlicht und darin auch die Ambivalenzen im Umgang mit Selbsttötungsentscheidungen herausgearbeitet. Im Zuge der anstehenden Neuregelung der Suizidassistenz müssen insofern zwei Prozesse parallel in den Blick genommen werden: Einerseits müssen die Angebote und Strukturen der Hospiz- und Palliativversorgung sowie der Suizidprävention flächendeckend gestärkt und ausgebaut werden, um Menschen in existenziellen Lebenslagen realistische Lebens- und gut begleitete Sterbeperspektiven aufzeigen und ermöglichen zu können. Andererseits muss es insbesondere dort, wo Palliativversorgung an Grenzen stößt, aber auch um das Recht auf selbstbestimmtes Sterben in Würde und um die Ermöglichung und Sicherstellung freiverantwortlicher Entscheidungen gehen.

Diesen und weiteren Fragen soll im Rahmen der kostenlosen Online-Inforeihe nachgegangen werden, die sich ausschließlich an Mitglieder des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes richtet.

Weitere Informationen zu Programm und Anmeldung folgen in Kürze.

Foto:
©Paritätische