Stadtblog flensburgVeröffentlichungen des Paritätischen Gesamtverbandes, Teil 907

Redaktion

Berlin (Weltexpresso)  - Gemeinsamer Aufruf aus Sicht von Wohlfahrtspflege, Gewerkschaft sowie Umwelt- und Sozialverbänden.


Mit der bevorstehenden ersten Lesung des Entwurfs zum Bundeshaushalt 2025 beginnt der Bundestag die parlamentarischen Beratungen über die politischen Schwerpunkte der kommenden Jahre. Die dabei getroffenen Entscheidungen werden die Beschäftigungs-, Sozial- und Umweltpolitik langfristig prägen und haben unmittelbare Auswirkungen auf die Lebens- und Arbeitsbedingungen der Menschen in unserem Land. Diese Beratungen finden in einer Zeit statt, in der massive Investitionen in die öffentliche und soziale Infrastruktur sowie den Klima- und Naturschutz dringend erforderlich sind. Der soziale Zusammenhalt ist gefährdet, und die Demokratie sieht sich zunehmenden Anfechtungen ausgesetzt.

Bundestag und Bundesrat tragen die gemeinsame Verantwortung, sozial-ökologische Versäumnisse der Vergangenheit zu korrigieren und deutlich zu machen: Äußere, innere, soziale und wirtschaftliche Sicherheit dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Unsere Erwartung an die demokratischen Parteien ist klar: Sie müssen in Regierung wie Opposition, auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene Verantwortung für die positive Weiterentwicklung unseres Landes übernehmen. Der Bundeshaushalt und die Ausgestaltung der geplanten Sondervermögen müssen die erforderlichen Mittel bereitstellen: zur Stärkung der öffentlichen und gemeinnützigen sozialen Infrastruktur, für gesellschaftlichen Zusammenhalt und für Klimagerechtigkeit.

Soziale Sicherheit garantieren – Sozialversicherungen stärken
Das Sicherungsversprechen des Sozialstaats ist essenziell für unsere Demokratie. Die Sozialversicherungen bilden das Fundament unseres Sozialstaats. Ihre Leistungen erreichen über 90 Prozent der Bevölkerung und sichern soziale Teilhabe in allen Lebenslagen. Sie übernehmen zudem eine Vielzahl gesamtgesellschaftlicher Aufgaben, die sachgerecht durch Steuermittel refinanziert werden müssen. Viele Menschen fürchten sich vor steigenden Beiträgen und einem gleichzeitig sinkenden Leistungsniveau.

In einem ersten Schritt müssen die Leistungen für Bürgergeldbeziehende in der Gesetzlichen Krankenversicherung über den Bundeshaushalt gedeckt und die Unterfinanzierung der Pflegeversicherung muss durch Zuschüsse und nicht durch Darlehen ausgeglichen werden. Zudem sind die Titel für Eingliederung in Arbeit auskömmlich auszugestalten, um nachhaltige Beschäftigungspolitik zu befördern. Mittel- und langfristig müssen die Sozialversicherungen solidarisch und nachhaltig erneuert werden.

Um Armut zu bekämpfen, ist zudem eine bedarfsgerechte Ausgestaltung der Sozialtransferleistungen dringend notwendig. Leistungskürzungen im Sozialen bergen die Gefahr, dass das Vertrauen in Sozialstaat und Demokratie beschädigt wird.

Wir appellieren an Bundesrat und Bundestag: Setzen Sie jetzt das politische Signal, dass der Staat seiner sozialen Verantwortung gerecht wird!

Freie Wohlfahrtspflege stärken – Gemeinwohl fördern
Ein großer Teil der sozialen Infrastruktur wird in Deutschland nicht staatlich, sondern durch gemeinnützige Organisationen der Freien Wohlfahrtspflege getragen. Sie organisieren freiwilliges demokratisches Engagement, leisten soziale Daseinsvorsorge und bilden einen unverzichtbaren Beitrag zum Sozialstaat. Sie fühlen sich verpflichtet, flächendeckende Angebote zu gewährleisten, auch schwer erreichbare Gruppen gut einzubinden, in Krisen Halt zu geben und Menschen aufzufangen.

Als gemeinnützige Organisationen verzichten sie bewusst auf Profite. Insofern sind sie auf öffentliche Förderung angewiesen – nicht zuletzt, um ihre Einrichtungen und Dienste klimafreundlich und digital aufzustellen. Sie müssen daher, insbesondere im Bereich der energetischen Gebäudesanierung, konsequent in Förderprogramme aus den Sondervermögen einbezogen werden.

Sozial und ökologisch – jetzt gemeinsam handeln
Soziale Gerechtigkeit und ökologische Nachhaltigkeit sind keine Gegensätze, sie bedingen und ergänzen einander. Die Klimaziele abzuschwächen würde bedeuten, Abstriche bei einer sicheren Zukunft für alle vorzunehmen. Wir fordern eine entschlossene sozial-ökologische Investitionsoffensive. Investitionen in Infrastrukturmaßnahmen müssen dabei klimagerecht erfolgen. Die nach dem Klimaschutzgesetz erforderlichen Maßnahmen – insbesondere in den Sektoren Gebäude, Industrie und Verkehr – müssen verlässlich finanziert sein.

Der notwendige Ausstieg aus fossilen Energien erfordert vielfach Elektrifizierung. Die Energiewende ist deshalb voranzutreiben und gerecht zu gestalten. Durch gezielte Förderprogramme muss die gemeinnützige, öffentliche und soziale Infrastruktur gestärkt und ausgebaut werden. Die Bewältigung der wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Krisen unserer Zeit sowie die digitale Teilhabe bislang benachteiligter Bevölkerungsgruppen sind gemeinsame Zukunftsaufgaben.

Wir wollen diesen Weg aktiv mitgestalten.

Demokratie stärken – Zivilgesellschaft einbinden
Demokratie lebt von Beteiligung. Sie braucht eine lebendige Zivilgesellschaft, deren Anliegen und Impulse in Politik und Verwaltung Gehör finden. Die geplanten Kommissionen – zum Beispiel zur Sozialstaatsreform und zur Zukunft der Pflege – müssen deshalb eine angemessene Beteiligung der Stimmen der Praxis sicherstellen.

Wir verwahren uns zudem gegen Angriffe auf die Mitwirkung und Arbeit zivilgesellschaftlicher Organisationen.

Unsere Verantwortung – Ihre Verantwortung
Die Organisationen, die diesen Aufruf tragen, vertreten gemeinsam mehrere Millionen Mitglieder, mehr als zwei Millionen hauptamtlich Beschäftigte und über drei Millionen freiwillig Engagierte. Diese stehen tagtäglich im Austausch mit anderen Menschen und tragen dazu bei, die sozialen und ökologischen Herausforderungen unserer Zeit zu bewältigen und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Klar ist: Wir übernehmen Verantwortung – für eine offene, vielfältige, nachhaltige und solidarische Gesellschaft.

Unsere Erwartung an Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat lautet: Übernehmen bitte auch Sie in Ihren Wirkungskreisen Verantwortung. Stellen Sie jetzt im Bundeshaushalt 2025, im Entwurf für den Bundeshaushalt 2026 und in den geplanten Sondervermögen die notwendigen Weichen, um sozialen Zusammenhalt und Klimagerechtigkeit zu stärken! Dies duldet keinen weiteren Aufschub.


Unterzeichnende:
AWO Bundesverband
BUND – Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland
Der Paritätische Gesamtverband
Deutscher Caritasverband
DRK – Deutsches Rotes Kreuz
Diakonie Deutschland
Sozialverband Deutschland SoVD
Sozialverband VdK Deutschland
Ver.di – Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft
Volkssolidarität
ZWST – Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland

Dokumente zum Download

Aufruf: Jetzt in soziale Sicherheit, ökologischen Fortschritt und gesellschaftlichen Zusammenhalt investieren! (223 KB)

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