Hanswerner Kruse
Fulda (Weltexpresso) - Vor zwanzig Jahren wurde in Frankfurt der dreizehnjähriger Tristan Brübach ermordet, der Täter konnte nie ermittelt werden. In seinem sechsten Krimi schreibt sich Jan Seghers in diesen authentischen aber ungelösten Kriminalfall hinein.
Wie so oft streitet der Frankfurter Kommissar Marthaler mit Tereza, die sich eigentlich von ihm getrennt hat, als ein Anruf die Auseinandersetzung unterbricht. Ferres, ein heruntergekommener, mittlerweile aus dem Polizeidienst entlassener Kollege, ruft ihn aus der Provence an. Wenige Stunden später ist Marthaler auf dem Weg zu ihm: „Er genoss alles, was anders war als zu Hause.“
Während der Autofahrt erinnert sich der Kommissar an die unaufgeklärte Ermordung eines Jungen vor vielen Jahren. Der brutale Tod beschäftigte Ermittlungsleiter Ferres bis zur Besessenheit, an der auch seine Ehe zerbrach. Nun hat er in Südfrankreich offenbar neue Spuren gefunden.
Alle Aspekte des Falles werden durch Marthalers Erinnerungen während der Reise, später durch seine Gespräche mit Ferres und die Lektüre der Akten deutlich. Die Berichte gehen direkt in spannende Erzählungen aus verschiedenen Perspektiven über - auch die des ermordeten Jungen. Gleichzeitig entführt der Roman die Leser in den Zauber der Provence. Doch die Idylle endet jäh, als Marthaler einen Mordanschlag abwehren muss und nach Frankfurt zurückkehrt.
Bis dahin hält sich Seghers inhaltlich an die wirklich ermittelten Ereignisse, mit Ausnahme des Polizeikommissars Ferres; den gab es nicht, wie er in einem Interview sagte. Im zweiten Teil des Buches, als Marthaler den Fall übernimmt, lässt der Autor dann seine Fantasie spielen. Spannend und eindringlich fabuliert er, wie es denn gewesen sein könnte, denn der ermordete Junge war kein Engel, sondern möglicherweise ein rotzfrecher Straßenjunge. Im dritten Teil entwickelt sich eine Parallelhandlung mit weiteren Verbrechen, bei denen eine ziemlich flippige LKA-Beamtin die Ermittlungen übernimmt und Marthaler begegnet. Kizzy Winterstein sieht genauso schräg aus wie sie heißt und verwirrt den Kommissar mächtig...
Trotz der komplexen Geschichte und der Verknüpfung diverser Handlungsstränge bleibt die Erzählung überschaubar. Wie in allen Krimis Seghers ist der Fall völlig in sich abgeschlossen, lediglich Marthalers Beziehung zu Tereza wurde von Roman zu Roman übler. Doch es besteht Hoffnung hinsichtlich seines Liebeslebens, denn er und Kitty Winterstein arbeiten gut zusammen. Aber mehr wird hier nicht verraten!
Foto: Cover
Info:
Jan Seghers „Menschenfischer“, Rowohlt-Verlag, gebunden 429 Seiten, 19,95 Euro
Der 1958 in Fulda geborene Matthias Altenburg wuchs in Baunatal auf und studierte Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte. Er arbeitet als Autor und Journalist in Frankfurt und schreibt unter dem Pseudonym Jan Seghers Kriminalromane, die alle in seiner Stadt beginnen.
Foto: Cover
Info:
Jan Seghers „Menschenfischer“, Rowohlt-Verlag, gebunden 429 Seiten, 19,95 Euro
Der 1958 in Fulda geborene Matthias Altenburg wuchs in Baunatal auf und studierte Literaturwissenschaft und Kunstgeschichte. Er arbeitet als Autor und Journalist in Frankfurt und schreibt unter dem Pseudonym Jan Seghers Kriminalromane, die alle in seiner Stadt beginnen.