BabylonBerlin VolkerKutscheramSet CopyrightFredericBatierDer siebte Rath-Roman von Volker Kutscher, nun aus dem Piper- Verlag 

Hanswerner Kruse

Berlin (Weltexpresso) - Vor einiger Zeit startete die ARD ihre Serie „Babylon Berlin“, der die erfolgreichen historischen Kriminalromane Volker Kutschers zugrunde liegen. Soeben erschien „Marlow“, der siebte Band dieser Buchreihe, der es sofort in die Bestseller-Listen schaffte.

In seinen bisherigen Romanen erzählte der Autor die Geschichte des Berliner Kriminalkommissars Gereon Rath und seiner Geliebten bzw. späteren Ehefrau Charlotte „Charly“ Richter. In allen, in sich abgeschlossen Episoden, löst der eigensinnige Kriminalist besondere Fälle, die ihre Wurzeln in historischen Situationen haben: „Der stumme Tod“ etwa thematisiert den Übergang vom Stumm- zum Tonfilm oder „Die Akte Vaterland“ spielt teilweise im vom Deutschen Reich abgeschnittenen Ostpreußen.

a volker kutscher originalSeit einem Jahrzehnt skizziert Kutscher auf bisher 3.400 Seiten ein hervorragendes deutsches Panorama von 1929 bis 1934: Er beschreibt den „Tanz auf dem Vulkan“ in Berlin, das damals die freizügigste Stadt Europas war. Gleichzeitig macht der Autor die Zerstörung der Weimarer Republik durch kriminelle SA-Horden bis zur Errichtung des Nazistaates deutlich. Alle historischen Ereignisse sind gut recherchiert sowie authentisch, detailliert und aufregend beschrieben. Die persönlichen Geschichten sind frei erfunden, könnten jedoch allesamt genauso geschehen sein.

Im neuen Buch erfahren die Leser viel über Marlowe, genannt Dr. M., den seriös wirkenden aber brutalen Verbrecher. Er wirkte bisher im Hintergrund der Berliner Unterwelt, unterstützte Rath, wenn es ihm nützlich erschien, aber erpresst ihn auch. Im Jahr 1935 sind nun die Syndikate von den Nazis zerschlagen und Marlow wird - aufgrund seiner Beziehungen - Ehrenmitglied der SS. Seine Vorgeschichte wird in Rückblenden erzählt, dabei kommt Überraschende zutage, das hier nicht verraten werden soll.

Der aufgrund seiner Eigenwilligkeit bei der Mordkommission in Ungnade gefallene Rath erhält keine spektakulären Aufträge mehr und darf sich nur noch um tödliche Verkehrsunfälle kümmern. Bei einer Routineermittlung entdeckt er brisante, tödliche Konkurrenzkämpfe zwischen Göring und Gestapo sowie SS (die sowieso die Polizeimacht an sich gerissen haben). Das Nazifrauenbild lässt nicht (mehr) zu, dass Ehefrau „Charly“ als Anwältin oder bei der Polizei arbeiten darf, der Adoptivsohn Fritze driftet in die Hitlerjugend ab.

Diese neue, durchaus spannende Geschichte ist in sich abgeschlossen, hat aber nicht mehr die beeindruckende und epochale Parallelität vom aufkommenden Nationalsozialismus und persönlichen Beziehungen: 1935 sitzen die Nazis fest im Sattel und man wartet eigentlich nur noch darauf, dass der unbequeme Rath liquidiert wird. Ansonsten hätte dem Roman ein strenge(re)s Lektorat gut getan, das man bei Erfolgsautoren ja häufiger vermisst. Kutscher-Fans werden das neue Buch sowieso genießen, „Anfänger“ sollten eher mit dem ersten Band der Reihe, „Der kalte Fisch“, beginnen.

Fotos:
Titel:Volker Kutscher am Set © Frederic Batier
Text: Volker Kutscher

Info:
Volker Kutscher „Marlow Der siebte Rath-Roman“, Gebunden 522 Seiten, Piper-Verlag, 24 Euro

Der Hinweis, "Nun aus dem Piper-Verlag" gilt für die bisherigen Leser. Denn bisher erschienen alle Romane um Gereon Rath im Verlag Kiepenheuer & Witsch. Daß ab jetzt die Bücher bei Piper erscheinen, hat einen erklärbaren Grund, der nichts mit Abwerben oder mehr Geld für den Autor zu tun hat: sein Lektor ist zu Piper gewechselt. So erklärten uns, quasi entschuldigend und verständnisvoll, die Leute von Kiepenheuer den Wechsel auf der Buchmesse.