Bildschirmfoto 2020 01 19 um 23.02.22Dr. Kevin Bork untersucht die rechtlichen Mechanismen von Rückversicherungsverträgen

Hubertus von Bramnitz

Frankfurt am Main (Weltexpresso) - Haftpflicht, Brandschutz, Unfall – der moderne Mensch sichert sich nach Möglichkeit gegen die Risiken des Lebens ab. Doch was, wenn das Versicherungsunternehmen nicht zahlen kann? Absicherung schafft unter anderem die Rückversicherung. Der Jurist Dr. Kevin Bork hat in seiner Dissertation untersucht, inwiefern der Versicherer auf die Leistung seines Versicherers berechtigterweise vertrauen darf.

Die moderne Zivilgesellschaft ist ohne die durch Versicherung möglich gewordene Absicherung nicht denkbar. Das System ist jedoch nur dann funktionsfähig, wenn der Versicherungsnehmer darauf vertrauen darf, dass sein Versicherer im Schadensfall finanziell in der Lage ist, die vereinbarte Leistung zu erbringen. In der Praxis wird dies durch umfangreiche Kapitalreserven der Versicherungsunternehmen gewährleistet, aber auch durch die „Versicherung der Versicherung“, die sogenannten Rückversicherer.

Dieser Rückversicherungsmarkt unterliegt zwar ebenso der staatlichen Aufsicht, der Gesetzgeber verzichtet jedoch im Gegensatz zu dem Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer auf eine gesetzliche Regelung des Rückversicherungsvertrages mit dem Argument, die Vertragsparteien bedürften aufgrund ihrer Professionalität keines besonderen Schutzes. Bislang weitgehend unbeachtet blieb dabei der Umstand, dass die Ausgestaltung des Rückversicherungsvertrages in seinen Rechten und Pflichten durchaus Auswirkungen auf das Verhalten des Versicherers gegenüber seinen Versicherungsnehmern, also den Verbrauchern, hat. Am deutlichsten tritt dieses Phänomen am Beispiel der sogenannten Folgepflicht auf, nach welcher die Entscheidungen des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer auch für den Rückversicherer bindend sind. Die Folgepflicht besagt, dass der Rückversicherer die Entscheidung des Versicherers, ob und in welcher Höhe er einen Schaden ersetzt, (in bestimmten Grenzen) gegen sich gelten lassen muss, d.h. nicht noch einmal die rechtliche Frage der Leistungspflicht des Versicherers bewerten darf. Um die Grenzen dieser Folgepflicht ranken sich die unterschiedlichsten Legenden. Die Arbeit räumt hiermit auf und ergründet einen neuen dogmatischen Ansatz für die Folgepflicht.

Die Grenzen der Folgepflicht sind bis heute nicht klar definiert oder dogmatisch ergründet – und das trotz Beitragseinnahmen der Rückversicherungsbranche in Höhe von mehr als 200 Milliarden US-Dollar allein im Jahr 2017. Der Rechtsanwender wird bislang pauschal auf die englische Rechtsprechung, vermeintlich bestehende Handelsbräuche und vielsagende allgemeine vertragsrechtliche Grundsätze verwiesen. Vor diesem Hintergrund führt die Arbeit die Folgepflicht erstmals einer umfassenden Würdigung zu und ergründet ein weiteres Verständnis der Folgepflicht auf Basis eines neuen dogmatischen Ansatzes. Mehr Rechtssicherheit würde, so der Autor, zu einem kalkulierbareren Rückversicherungsschutz führen und so letztlich nicht nur den Parteien des Rückversicherungsvertrages, sondern mittelbar auch der modernen Zivilgesellschaft und ihren Individuen dienen, da sie eine Bewertung durch die staatliche Aufsicht ermöglicht und so langfristig die Leistungsfähigkeit des Versicherers sichert.

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Info:
Publikation: Kevin Bork, Tension of Reinsurance: die Folgepflicht des Rückversicherers im Licht des Regulierungsermessens des Erstversicherers (Diss. 2019), XXIII + 406 Seiten, RuR 67 (Reihe »Rechtsvergleichung und Rechtsvereinheitlichung«, hrsg. von der Gesellschaft für Rechtsvergleichung e.V.; ISSN: 1861-5449), Mohr Siebeck, Tübingen; ISBN: 978-3-16-158934-8.