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Claudia Schulmerich
Frankfurt am Main (Weltexpresso) – Ohne die Filmpremiere am Vorabend des 75. Jahrestages der Befreiung von Auschwitz durch die Rote Armee – ich gewöhne mir an, dies immer in einem Zusammenhang sprachlich wiederzugeben, weil bei uns sehr gerne der russische Einsatz für unsere heutige Freiheit vergessen wird – den der Zentralrat der Juden im Deutschen Filminstitut und Filmmuseum Frankfurt ausgerichtet hat, ohne diese Filmpremiere hätte ich diesen Band mit den eindrucksvollen Porträts von Menschen, die die Nazis für den Tod vorgesehen hatten, die aber dann sogar Hitler überlebten und immer noch leben!
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Zuerst muß ein Versäumnis nachgeholt werden. Zwar sind für mich die Fotos die Wucht, die den Fotoband ausmachen, aber das Buch hat zwei Verfasser. Alexandra Föderl-Schmid ist nicht nur spiritus rector des gesamten Vorhabens, sondern ist diejenige, die die 24 Personen aus Israel, Österreich und Deutschland aufgetan hat, die im Band porträtiert sind. Daß Heribert Prantl, bis vor kurzem Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, im Gespräch mit den beiden Autoren unter dem Tenor EIN POLITISCHES TESTAMENT, EINE AUFRÜTTELNDE BOTSCHAFT AN DIE GESELLSCHAFT“ die UNFASSBAREN WUNDER einleitet, versteht man dann noch besser, wenn man weiß, daß Alexandra Föderl-Schmid Korrespondentin der SZ ist, selbst aber zuvor die Redaktion des STANDARD in Wien geleitet hatte.
Prantl geht auch gleich in die Vollen und fragt, ob der Pessimismus, der die Aussage von Charlotte Knobloch durchzieht, heute Präsidentin der Israelischen Kultusgemeinde München und Oberbayern und immer als offen und zuversichtlich bekannt gewesen, ob dieser Pessimismus auch für die übrigen Porträtierten gelte. Föderl-Schmid antwortet: „Ja, fast alle blicken pessimistisch in die Zukunft....Sie haben unterschiedliche Perspektiven, abhängig von dem Land in dem sie leben. Aber alle registrieren sehr genau, worüber berichtet wird: immer mehr antisemitische Vorfälle in Deutschland und die Regierungsbeteiligung der FPÖ in Österreich. Das löst bei den Überlebenden der Shoah vieles aus.“
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Für Konrad Rufus Müller war auf jeden Fall klar, daß er, als er ein Porträt von Alexandra Föderl-Schmid über eine Holocaust-Überlebende las, ihr den Vorschlag zu diesem gemeinsamen Fotoband machen wird. Die 25 Portraitierten, werden mit Namen, Geburtsdatum, KZ-Aufenthalt und Ort des Weiterlebens vorgestellt. Mit einem großgeschriebenem Zitat kommen die Portraitierten inhaltlich zu Wort. Föderl-Schmid faßt ihre Interviews jeweils auf mehreren Seiten zusammen. Die Schicksale sind völlig unterschiedlich und können hier nicht zusammengefaßt werden, sie eint, den SS-Schergen entkommen zu sein. UInd immer wieder: Hitler überlebt zu haben.
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Wie schade, daß einige, ganz wenige, im Halb- oder Zweidrittelprofil dargestellt sind und wir ihnen nicht in die Augen blicken können. Denn das Wunderbare an den Augen, die uns ansehen, ist, daß wir zurückblicken können mit allem Interesse an jedem einzelnen, der die KZs überlebt hat, was für nicht wenige verbunden war und ist damit, über die an ihnen verübten Grausam- und Greultaten nicht sprechen zu wollen, nicht sprechen zu können. Daß sich dies im hohen Alter ändert, haben auch wiederum nicht wenige erfahren, weshalb auch nicht nur die Fotos so wichtig sind, wie ich es unmittelbar empfand, sondern auch ihre Geschichten, die sie zum Teil erst nach 75 Jahren erzählen können.
Mit einem Wort: ein Buch fürs Leben.
Fotos:
Cover und Aufnahmen von Konrad Rufus Müller
Giselle Cycowicz,
Ivan Bergida, der seine Großeltern mitsamt Familie zeigt,
Marko Feingold, geb. 1913
Malwina Braun
Titel und letztes Foto:
© Böhlau Verlag
Info:
Alexandra Föderl-Schmid, Konrad Rufus Müller, Unfaßbare Wunder. Gespräche mit Holocaust-Überlebenden in Deutschland, Österreich und Israel, Böhlau Verlag 2019