Cover schwarzer augustZum neuen Krimi der Reihe "Lost in Fuseta": Schwarzer August

Hanswerner Kruse

Fulda (Weltexpresso) - Soeben erschien „Schwarzer August“, der vierte Band der Reihe „Lost in Fuseta“, in der Autor Gil Reibeiro von den Erlebnissen eines deutschen Kriminalisten mit Autismus in Portugal erzählt.


Nach der Liebe kuschelt sich das Paar wohlig aneinander: „Das sind die Pheromone“ erklärt der Mann, „unsere Zuneigung ist das Produkt eines chemischen Prozesses.“ Die Frau küsst ihn und flüstert leise: „Mein Romantiker.“ Dieser Beginn der Geschichte mag neuen Lesern normal vorkommen, für Kenner der Buchreihe ist sie eine Sensation. Denn drei Bücher lang waren Leander Lost, dem seltsamen Kommissar aus Hamburg, körperliche Berührungen ein Gräuel. Die Verliebtheit Soraias und seine eigenen Gefühle konnte er lange Zeit nicht erkennen - nun haben die beiden endlich zueinander gefunden.

In der Hitze der Algarve stieg der Austauschpolizist ein Jahr vorher steif in seinem schwarzen Anzug aus dem Flugzeug und verwirrte die portugiesischen Kollegen in dem kleinen Städtchen Fuseta mit seltsamen Verhaltensweisen. Er lernte zwar blitzschnell die Sprache und zog hervorragende Schlüsse in der Ermittlungsarbeit, produzierte aber zahlreiche Missverständnisse. Er kapierte keine Redensarten oder Metaphern und eckte brutal in der Polícia Judiciária an, weil er nicht lügen kann. Als er dem Kommissar Carlos bei einer Geiselnahme bewusst ins Bein schoss, fiel es seinem Team zunächst schwer, die Genialität dieser Rettungsaktion zu verstehen.

Die Bücher der Fuseta-Reihe erweitern nicht beliebig die zahlreichen Regionalkrimis von Ostfriesland bis Thailand. Vielmehr vermischt sich darin die Lebensfreude südportugiesischer Menschen mit der liebevollen Annahme eines als Asperger-Autist etikettierten Mannes. Lost hat wie andere mit diesem Syndrom „Inselbegabungen“, etwa sein fotografisches Gedächtnis oder das rasante logische Denken. Aber er hat Probleme im zwischenmenschlichen Bereich, kann Gestik und Mimik bei anderen nicht richtig interpretieren oder sich nur schwer in sie hineinversetzen. Der Autor Reibero ermöglicht liebevoll die Einfühlung in dessen Seelenleben und Handeln.
Dennoch sei hier bei aller Empathie daran erinnert: 
Ein Roman ist ein Roman ist ein Roman - und keine psychologische Literatur.

Doch zurück zum neuen Buch. Nach der Liebe am Morgen wird Lost aus dem Bett gescheucht, weil Unbekannte ein Bombenattentat verübt haben. Zunächst werden Islamisten dafür verantwortlich gemacht, dann stellt sich jedoch heraus, dass der unbekannte Bombenleger wohl ein verzweifelter jedoch kein mörderischer Attentäter ist. Seine Aktionen im heißen August an der Algarve spalten die ganze Nation, weil er berechtigte ökologische Probleme anprangert. Die reine Kriminalerzählung ist spannend und wird gut durch die Zusammenarbeit von Lost und seinen Kollegen vorangetrieben. Dazu gibt es ständig gutes Essen wie Petiscos, Almóndegas und andere portugiesische Leckereien.

Auch wenn es noch zu allerlei bizarren Missverständnissen kommt, wird Lost mit seinen Fähigkeiten und Spleens im Team angenommen. Allerdings ist nun das Staunen des Lesers über ihn vorbei, denn trotz der spannenden Wendungen ist die Geschichte nicht mehr so spektakulär wie in den ersten Büchern. Liebhabern der Reihe wird das wenig ausmachen, jedoch Lesende, deren Interesse jetzt geweckt wurde, sollten eher mit dem ersten oder zweiten Band beginnen.

Foto: 
Verlag

Info:

Gil Reibeiro: „Schwarzer August“, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Paperback 400 Seiten, 16 Euro, E-Book 8,99 Euro